Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
zwölf oder dreizehn damit an, die Macht zu lenken, wenn sie mit dem Funken geboren worden waren, aber Jungen fingen nie vor dem achtzehnten oder neunzehnten Geburtstag an, es sei denn, sie versuchten es bewusst, und in einigen Männern trat der Funke nicht vor dem dreißigsten Lebensjahr in Erscheinung. Wieder Luft, dann Geist und Wasser, alle präzise an Ort und Stelle. »Außerdem wird er der Wiedergeborene Drache sein. Selbst die Roten werden einsehen müssen, dass er nicht gedämpft werden kann, bevor er die Letzte Schlacht geschlagen hat.« Ein übles Schicksal, die Welt zu retten, falls er konnte, nur um zur Belohnung von diesem Wunder abgeschnitten zu werden. Prophezeiungen waren genauso wenig für Gnade bekannt wie dafür, sich von Gebeten abwenden zu lassen. Wieder Erde, dann Feuer, dann noch mehr Luft. Das Gebilde fing an, wie der sinnloseste Knoten auf der Welt auszusehen.
»Wird das ausreichen? Ich habe gehört, dass einige der Roten sich nicht sonderlich bemühen, diese armen Männer lebendig zu fangen.«
Sie hatte das auch gehört, aber das war lediglich ein Gerücht. Und eine Verletzung der Burggesetze. Eine Schwester konnte dafür die Prügelstrafe erhalten und vermutlich auf einen abgelegenen Bauernhof verbannt werden, um eine Zeit lang über ihr Verbrechen nachzudenken. Es hätte als Mord betrachtet werden sollen, aber wenn man bedachte, was diese Männer anrichten konnten, verstand sie beinahe, warum das nicht geschah. Mehr Geist kam dazu, dadurch fädelte sie Erde. Unsichtbare Finger schienen ihre Seiten bis zu den Achselhöhlen hinaufzukriechen. Sie war kitzlig, wie Siuan nur zu gut wusste, aber da würde sie sich mehr anstrengen müssen. Sie zuckte nur kaum merklich zusammen. »Wie jemand mir vor Kurzem gesagt hat, lerne, mit dem zu leben, was du nicht ändern kannst«, sagte sie trocken. »Das Rad der Zeit webt, wie das Rad es will, und Ajahs tun, was sie tun müssen.« Mehr Luft und mehr Feuer, gefolgt von Wasser, Erde und Geist. Dann alle fünf zusammen. Beim Licht, was für ein schreckliches Durcheinander! Und noch immer nicht fertig.
»Ich glaube …«, begann Siuan, doch dann knallte die Tür auf und ließ einen Schwall kalter Luft herein, der die Wärme des Feuers mit sich riss. Mit Saidar erfüllt und mit erweiterten Sinnen fühlte sich Moiraine plötzlich, als würde sie von Kopf bis Fuß mit einer Eisschicht bedeckt.
Die Tür ließ auch Myrelle Berengari herein, eine Aufgenommene aus Altara, die den Ring im selben Jahr wie sie errungen hatte. Mit olivenfarbener Haut, wunderschön und fast so groß wie Siuan, war Myrelle gesellig und aufbrausend, verfügte über einen unbändigen Sinn für Humor und ein Temperament, das noch schlimmer als Moiraines war, wenn sie sich gehen ließ. Sie beide hatten als Novizinnen mit hitzigen Streitgesprächen angefangen, die ihnen beiden Prügel eingebracht hatten, und irgendwie waren sie zu Freundinnen geworden. Oh, sie standen sich nicht so nahe, wie Siuan und sie, aber sie waren befreundet, der einzige Grund, warum sie die Aufgenommene nicht anschrie, als sie, ohne anzuklopfen, hereinkam. Nicht, dass sie das Klopfen gehört hätten, war doch das Schutzgewebe in Kraft. Nicht, dass das eine Rolle spielte. Hier ging es ums Prinzip!
»Wie lange noch bis zur Letzten Schlacht, was glaubt ihr?«, fragte Myrelle und schloss die Tür. Sie bemerkte das zur Hälfte vollendete Gewebe vor Moiraine und das Schutzgewebe um das Zimmer, und ein Grinsen erschien auf ihren Lippen. »Wie ich sehe, übt ihr für die Prüfung. Habt Ihr sie quieken lassen, Siuan? Wenn Ihr wollt, kann ich helfen. Ich kenne eine sichere Möglichkeit, sie quieken zu lassen wie ein Schweinchen im Netz.«
Moiraine ließ das Gewebe sich schnell auflösen, bevor es zusammenbrechen konnte, und wechselte einen verwirrten Blick mit Siuan. Woher konnte Myrelle das wissen?
»Ich habe nicht gequiekt … nicht so, wie Ihr es sagt«, erwiderte sie steif und spielte auf Zeit. Die meisten Streiche der Aufgenommenen waren auf andere Aufgenommene gemünzt, und Myrelle hatte fast so viele ausgeheckt wie sie und Siuan. Bei dem, den sie da ansprach, hatte Eis in der Hitze des Sommers eine Rolle gespielt, als selbst der Schatten wie ein Ofen gewesen war. Aber sie hatte nicht wie ein Schweinchen geklungen!
»Was meint Ihr, Myrelle?«, fragte Siuan vorsichtig.
»Die Aiel natürlich. Was sollte ich denn sonst meinen?«
Moiraine wechselte noch einen Blick mit Siuan, diesmal aber einen zerknirschten.
Weitere Kostenlose Bücher