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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Rücken schnitt.
    Zuerst war die Stille erholsam, nach
alledem, was geschehen war. Es schien, als hätte sie seit der Zeit vor der
Winternacht keinen Augenblick Ruhe mehr gehabt. Am Ende ihres ersten Tages
allein mit der Aes Sedai und dem Behüter blickte sie jedoch ständig über die
Schulter und rutschte im Sattel umher, als fühle sie ein Jucken am Rücken und
könne den Fleck nicht erreichen. Die Stille erschien ihr wie ein Kristall, der
zum Zerspringen verdammt war, und auf den ersten Riss zu warten machte sie rasend.
    Auch Moiraine und Lan litten darunter,
selbst wenn sie sich nach außen hin so unerschütterlich gaben. Sie erkannte
bald, dass die beiden sich unter der ruhigen Oberfläche von Stunde zu Stunde
mehr spannten, wie die Feder einer Uhr, die bis zum Zerbrechen aufgezogen wird.
    Moiraine schien nach Geräuschen zu
lauschen, die gar nicht vorhanden waren, und was sie hörte, ließ Runzeln auf
ihrer Stirn erscheinen. Lan beobachtete den Wald und den Fluss, als ob er aus
den kahlen Bäumen und dem breiten, langsam fließenden Wasser Anzeichen für
Fallen und Hinterhalte vor ihnen herauslesen könne.
    Etwas in ihr war froh, dass sie nicht die
Einzige war, die dieses Gefühl hatte, am Rand der Welt angekommen zu sein; wenn
es auch die anderen beeinflusste, dann war es wohl Wirklichkeit, obwohl ein
Teil ihres Bewusstseins nichts sehnlicher wünschte, als dass all dies ihrer
Einbildung entsprungen sei. Etwas davon kitzelte sie am äußersten Rand ihres
Bewusstseins, genauso, wie sie es fühlte, wenn sie dem Wind lauschte, aber
mittlerweile wusste sie: Das hatte mit der Einen Macht zu tun. So brachte sie
es nicht fertig, diese Wellen an der Grenze des Bewussten freudig zu begrüßen.
    Â»Es ist nichts«, sagte Lan ruhig, als sie
ihn danach fragte. Er sah sie nicht an, während er mit ihr sprach; seine Augen
hörten nie auf, die Umgebung abzusuchen. Dann fügte er im Widerspruch zu dem
vorher Gesagten hinzu: »Ihr solltet zu Euren Zwei Flüssen zurückkehren, wenn
wir Weißbrücke und die Straße nach Caemlyn erreichen. Es ist hier zu gefährlich.
Aber nichts wird Euch daran hindern, zurückzukehren.« Das war die längste Rede,
die er an diesem Tag gehalten hatte.
    Â»Sie ist ein Teil des Musters, Lan«,
schalt Moiraine. Auch ihr Blick ruhte irgendwo anders. »Es ist der Dunkle
König, Nynaeve. Der Sturm ist vorüber – jedenfalls für eine Weile.« Sie erhob
eine Hand, als wolle sie die Luft prüfen, und dann wischte sie sie an ihrem
Kleid ab, als habe sie Schmutz berührt. »Er beobachtet alles immer noch« – sie
seufzte – »und sein Blick ist stärker geworden. Er ruht nicht nur auf uns,
sondern auf der ganzen Welt. Wie lange wird es noch dauern, bis er stark genug
ist, um …«
    Nynaeve zog die Schultern ein; plötzlich
konnte sie beinahe fühlen, wie sie jemand von hinten anstarrte. Sie hätte diese
Erklärung lieber nicht von der Aes Sedai gehört.
    Lan erkundete ihren Weg den Fluss
hinunter, doch während er zuvor bestimmt hatte, welchen Weg sie wählten, war es
nun Moiraine, die sie so sicher anführte, als folge sie unsichtbaren Spuren,
Fußspuren in der Luft, dem Duft der Erinnerung. Lan überprüfte lediglich den
von ihr erwählten Weg, um zu sehen, ob er sicher genug sei. Nynaeve hatte das
Gefühl, dass Moiraine auch dann darauf bestanden hätte, wenn er gesagt hätte,
der Weg sei nicht sicher. Und er würde ihr trotz allem folgen. Geradewegs den
Fluss hinunter nach …
    Nynaeve schrak auf und riss sich von
ihren Gedanken los. Sie befanden sich am Fuß der Weißen Brücke. Der blasse
Bogen leuchtete im Sonnenschein, ein milchiges Gespinst von Spinnweben, das
sich über den Arinelle spannte, scheinbar zu zerbrechlich, um überhaupt stehen
bleiben zu können. Das Gewicht eines Mannes würde sie schon einstürzen lassen,
geschweige denn das eines Pferdes. Sicher musste sie jede Minute unter ihrem
eigenen Gewicht zusammenbrechen.
    Lan und Moiraine ritten unbeeindruckt
voran, die weiß schimmernde Rampe hinauf und auf die Brücke. Die Hufschläge
erklangen nicht wie Stahl auf Glas, sondern wie Stahl auf Stahl. Die Oberfläche
der Brücke sah sicherlich genauso glatt aus wie Glas, bot aber den Hufen der
Pferde einen festen und sicheren Halt. Nynaeve zwang sich dazu, ihnen zu
folgen, aber vom ersten Schritt an wartete

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