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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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nächsten Hügelkamm verschwunden war, und später sogar dann
schon, wenn noch die letzten Nachzügler über dem Hügel flatterten. Wenn ein Vogel zurückschaut! Die
Raben suchten im Osten und Westen, während sie über die deckungslosen
Landstriche dazwischen hasteten. Es ist nur ein
einziger Vogel nötig.
    Die Raben hinter ihnen holten schnell
auf. Scheckie und die anderen Wölfe umgingen sie und rannten weiter, ohne
anzuhalten und ihre Wunden zu lecken, aber sie hatten ihre Lektion gelernt. Wie nah? Wie lange noch? Die
Wölfe verstanden Zeit nicht so wie die Menschen. Sie hatten keinen Grund, den
Tag in Stunden zu unterteilen. Ihnen genügten die Jahreszeiten und Helligkeit
und Dunkelheit. Mehr brauchten sie nicht. Schließlich formte Perrin ein Bild in
seinem Geist, wo die Sonne am Himmel stehen würde, wenn die Raben sie von
hinten erreichten. Er blickte zurück zur sinkenden Sonne und leckte sich mit
trockener Zunge über die Lippen. In einer Stunde, vielleicht sogar weniger,
würden die Raben sie finden. Eine Stunde, und bis zum Sonnenuntergang waren es
noch gut zwei Stunden; mindestens zwei bis zur völligen Dunkelheit.
    Wir werden mit dem Sonnenuntergang sterben, dachte er. Er rannte taumelnd voran. Wie der Fuchs gemetzelt.
Er fühlte nach seiner Axt und dann nach der Schleuder. Die würde nützlicher
sein. Aber es reicht trotzdem nicht. Nicht gegen hundert Raben, hundert pfeilschnelle
Ziele, hundert hackende Schnäbel.
    Â»Du bist mit Reiten dran«, sagte Egwene
müde.
    Â»Warte noch ein bisschen«, schnaufte er.
»Ich kann noch ein paar Meilen rennen.« Sie nickte und blieb im Sattel. Sie ist müde. Soll ich es ihr sagen? Oder lasse ich sie im
Glauben, wir hätten noch eine Chance zu entkommen? Eine Stunde Hoffnung, wenn
auch verzweifelt, oder eine Stunde nur noch voller Verzweiflung?
    Elyas fixierte ihn, sagte aber nichts. Er
musste es wissen, doch er sprach nicht darüber. Perrin sah Egwene an und
blinzelte heiße Tränen aus den Augen. Er berührte seine Axt und fragte sich, ob
er den Mut aufbringen könne. Während der letzten Minuten, wenn die Raben sich
auf sie herabsenkten, wenn alle Hoffnung dahin war, würde er den Mut
aufbringen, ihr das gleiche Ende zu ersparen, wie es der Fuchs erlebt hatte? Licht, gib mir Kraft!
    Die Raben vor ihnen schienen plötzlich zu
verschwinden. Perrin konnte aber immer noch die dunklen Schleierwolken weit im
Osten und im Westen ausmachen, doch vor ihnen … nichts. Wo sind sie hin? Licht, wenn wir sie überholt haben …
    Plötzlich überlief ihn ein Schauder, ein
kaltes, sauberes Prickeln, als sei er mitten im Winter in den Weinquellenbach
gesprungen. Es durchfuhr ihn und schien ihm etwas von der Erschöpfung zu nehmen,
ein wenig von den Schmerzen in seinen Beinen und dem Brennen seiner Lunge. Es
hinterließ … irgendetwas. Er konnte nicht sagen, was, er fühlte sich einfach
nur anders. Er blieb taumelnd stehen und blickte sich angsterfüllt um.
    Elyas beobachtete sie beide mit einem
gewissen Glitzern in den Augen. Er wusste, was es bedeutete, da war Perrin
sicher, aber er beobachtete sie nur.
    Egwene brachte Bela zum Stehen und sah
sich unsicher um, halb staunend und halb ängstlich. »Es ist … eigenartig«,
flüsterte sie. »Ich fühle mich, als hätte ich etwas verloren.« Sogar die Stute
hielt den Kopf erwartungsvoll erhoben. Ihre Nüstern blähten sich, als wittere
sie den schwachen Geruch frisch gemähten Heus.
    Â»Was … was war das?«, fragte Perrin.
    Elyas lachte plötzlich meckernd los. Er
beugte sich mit zitternden Schultern vor und stützte die Hände auf die Knie.
»Sicherheit – das war es. Wir haben es geschafft, ihr blutigen Anfänger. Kein
Rabe wird diese Linie überqueren … keiner, der die Augen des Dunklen Königs
trägt! Einen Trolloc müsste man herübertreiben, und es wäre schon etwas
Gewaltiges nötig, um einen Myrddraal dazu zu bringen, ihn herüberzutreiben.
Auch keine Aes Sedai. Die Eine Macht wirkt hier nicht – sie können die Wahre
Quelle nicht erreichen. Sie können sie nicht mal fühlen, so, als sei sie
verschwunden. Das muss sie innerlich ganz schön jucken, sage ich euch, lässt
sie zittern wie einen, der sieben Tage lang besoffen war. Wir sind in
Sicherheit.«
    Zuerst erschien Perrin das Land
unverändert – die gleichen welligen Hügel

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