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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Wärme
verbreitete, und mit eisigen Fingern durch ihre tropfnasse Kleidung griff. Sie
hatten nicht mehr geschlafen, und nun hängten sie sich erschöpft die Umhänge um
und brachen Richtung Osten auf. Rand führte Mat an der Hand. Nach einer Weile
fühlte sich Mat sogar wieder gut genug, um sich darüber zu beklagen, was der
Regen seiner Bogensehne angetan habe. Rand ließ ihn allerdings nicht anhalten
und sie gegen eine trockene Sehne aus seiner Tasche austauschen – noch nicht.
    Kurz nach Mittag erreichten sie ein Dorf.
Rand zitterte noch stärker beim Anblick der gemütlichen Backsteinhäuser und des
Rauchs, der aus den Schornsteinen quoll, aber er machte einen Bogen darum und
führte Mat durch Wälder und über Felder nach Süden. Ein einsamer Bauer, der in
einem matschigen Feld mit einer Gabelhacke arbeitete, war der einzige Mensch,
den er sah, und er bemühte sich, nicht von dem Mann gesehen zu werden. Geduckt
schlichen sie zwischen den Bäumen hindurch. Der Bauer war in seine Arbeit
vertieft, aber Rand behielt ihn im Auge, bis er außer Sicht war. Falls noch
welche von Godes Männern am Leben waren, würden sie vielleicht glauben, Rand
und Mat hätten die Straße nach Süden von Vier Könige aus gewählt, jedenfalls
wenn niemand sie in diesem Dorf gesehen hatte. Sie kehrten außer Sichtweite vom
Dorf auf die Straße zurück und wanderten weiter, bis ihre Kleidung nur noch
etwas feucht war.
    Eine Stunde vor Anbruch der
Abenddämmerung ließ ein Bauer sie auf seinem Heuwagen mitfahren. Rand war von
dem Gefährt überrascht worden. Er war ganz in seine Sorgen um Mat versunken
gewesen. Mat schützte sich mit der Hand vor der Sonne, so schwach sie diesen
Nachmittag auch war, und blinzelte mit zusammengekniffenen Augen. Ständig
beklagte er sich, wie hell die Sonne schiene. Als Rand das Poltern des
Heuwagens hörte, war es zum Verstecken bereits zu spät. Die aufgeweichte Straße
dämpfte alle Geräusche, und der Wagen mit seinem Zweiergespann befand sich nur
noch etwa fünfzig Schritte hinter ihnen. Der Fahrer blickte sie bereits
neugierig an.
    Zu Rands Überraschung hielt er neben
ihnen und bot ihnen an, sie mitzunehmen. Rand zögerte, aber es war schon zu
spät, um noch zu vermeiden, dass man sie sah, und falls sie nicht mitfuhren,
würde das dem Mann umso mehr auffallen. Er half Mat auf den Sitz neben dem
Bauern und kletterte hinten hinauf.
    Alpert Mull war ein stämmiger Mann mit
einem breiten Gesicht und schwieligen Händen, beides gealtert und von harter
Arbeit zerfurcht. Er brauchte jemanden, mit dem er sich unterhalten konnte.
Seine Kühe gaben keine Milch mehr, seine Hühner hatten das Eierlegen
eingestellt, und es gab keine Weide mehr, die diesen Namen verdient hätte. Zum
ersten Mal seit Menschengedenken hatte er Heu kaufen müssen, und die halbe
Wagenladung war alles, was ihm der ›alte Bain‹ zugestanden hatte. Er fragte
sich, ob er wohl dieses Jahr überhaupt noch auf seinem eigenen Land Heu oder
irgendwelche Feldfrüchte ernten könne.
    Â»Die Königin sollte etwas dagegen tun,
das Licht erleuchte sie«, sagte er, wobei er respektvoll, aber abwesend die
Stirn mit dem Handgelenk berührte.
    Er sah Rand und Mat kaum an, aber als er
sie an dem tief durchfurchten Feldweg absetzte, der zu seinem Hof führte,
zögerte er und sagte dann beinahe so, als führe er ein Selbstgespräch: »Ich
weiß nicht, wovor ihr davonrennt, und ich will es auch nicht wissen. Ich habe
Frau und Kinder. Versteht ihr? Meine Familie. Es ist eine schlechte Zeit,
Fremden zu helfen.«
    Mat versuchte schon wieder, die Hand
unter seinen Mantel zu stecken, aber Rand hielt sein Handgelenk fest. Er stand
auf der Straße und blickte den Mann schweigend an.
    Â»Wenn ich ein guter Mensch wäre«, sagte
Mull, »würde ich zwei Burschen, die bis auf die Haut durchnässt sind, einen
Platz zum Aufwärmen vor meinem Kamin anbieten. Aber die Zeiten sind schwer, und
Fremde … Versteht ihr?«
    Â»Ihr seid ein guter Mensch. Der Beste,
den wir in den letzten Tagen getroffen haben.«
    Der Bauer blickte überrascht und dann
dankbar drein. Er nahm seine Zügel auf und lenkte sein Gespann auf den engen
Feldweg. Bevor er noch die Kurve genommen hatte, führte Rand Mat bereits wieder
die Straße nach Caemlyn hinunter. Der Wind wurde schärfer, als die Dämmerung
niedersank. Mat begann

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