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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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übers Gesicht. Er sah zu den Wachen
hinüber. Sie waren nur blassgraue Schatten, aber es schien ihm, als warteten
sie gespannt. Wenn Egwene und er bei einem Fluchtversuch getötet würden,
nachdem sie ihre Fesseln an einem Stein aufgeschnitten hätten, der zufällig
dort lag … Das Problem des Lordhauptmanns wäre dann allerdings gelöst. Und Byar
hätte sie getötet, was er ja sowieso wollte.
    Der hagere Mann hob seinen Helm vom Boden
neben der Laterne auf und war im Begriff, sich zu erheben.
    Â»Wartet«, sagte Perrin heiser. Seine
Gedanken überstürzten sich, als er vergeblich nach einem Ausweg suchte.
»Wartet, ich will mit Euch sprechen …«
    Es kommt Hilfe!
    Der Gedanke blühte in seinem Verstand
auf, ein Lichtausbruch mitten im Chaos, so überraschend, dass er einen
Augenblick lang alles vergaß, sogar wo er sich befand. Scheckie lebte! Elyas, sprach er den Wolf in seinen Gedanken an, und ohne Worte wollte er wissen, ob
der Mann ebenfalls noch lebte. Ein Bild formte sich als Antwort. Elyas, der
neben einem kleinen Feuer auf einem Bett aus Tannenzweigen lag – in einer Höhle – und eine Wunde an seiner Seite verband. Es dauerte nur einen Augenblick lang.
Er starrte Byar an, und sein Gesicht verzog sich zu einem närrischen Grinsen.
Elyas lebte. Scheckie lebte. Hilfe nahte.
    Byar unterbrach seine Bewegung halb
aufgerichtet und sah ihn an. »Dir ist ein Gedanke gekommen, Perrin von den Zwei
Flüssen, und ich möchte wissen, was er bedeutet.«
    Einen Moment lang glaubte Perrin, er
meine den Gedanken, den ihm Scheckie gesandt hatte. Panik überzog sein Gesicht,
von Erleichterung gefolgt. Byar konnte das auf keinen Fall wissen.
    Byar beobachtete die Veränderungen seines
Gesichtsausdrucks, und zum ersten Mal wanderte der Blick des Weißmantels zu dem
Stein hin, den er auf den Boden geworfen hatte.
    Er überlegte es sich doch noch einmal,
erkannte Perrin. Wenn er seine Meinung änderte, würde er dann riskieren, sie am
Leben zu lassen, da sie ihn ja verraten konnten? Fesseln konnte man auch
durchwetzen, wenn die Menschen, die sie trugen, tot waren, selbst wenn man
damit die Entdeckung riskierte. Er blickte Byar in die Augen – durch die dunklen
Ringe und die tief eingefallenen Augenhöhlen des Mannes wirkte es, als starre
er ihn aus tiefen Höhlen heraus an –, und er sah, dass sein Tod beschlossen
war.
    Byar öffnete den Mund, während Perrin
darauf wartete, dass er sein Todesurteil aussprach.
    Plötzlich verschwand eine der Wachen. Im
ersten Moment gab es noch zwei undeutliche Gestalten, im nächsten verschluckte
die Nacht eine davon. Der zweite Wachsoldat drehte sich um, seine Lippen
formten einen Schrei, doch bevor noch die erste Silbe seiner Kehle entwich,
fiel er wie ein gefällter Baum. Byar fuhr schnell wie eine Viper herum. Die Axt
wirbelte so schnell in seinen Händen, dass sie summte. Perrin machte große
Augen, als die Nacht in den Laternenschein hineinzufließen schien. Sein Mund
öffnete sich zu einem Schrei, aber seine Kehle war vor Angst zugeschnürt. Einen
Moment lang vergaß er sogar, dass Byar sie töten wollte. Der Weißmantel war ein
menschliches Geschöpf, und die Nacht war zum Leben erwacht, um sie alle zu
verschlingen.
    Dann entstand aus der Dunkelheit, die in
das Licht eindrang, Lan, dessen Umhang bei seiner Bewegung verschiedene
Grauschattierungen annahm. Die Axt in Byars Hand fuhr wie ein Blitz auf ihn zu,
doch Lan beugte sich nur ganz locker zur Seite. Die Schneide zischte so knapp an
ihm vorbei, dass er den Luftzug gespürt haben musste. Byars Augen weiteten
sich, als ihn die Wucht des Schlags aus dem Gleichgewicht brachte. Der Behüter
schlug in schneller Folge mit Händen und Füßen zu, so schnell, dass Perrin
nicht sicher war, was er eigentlich gerade gesehen hatte. Er war sich
allerdings sicher, dass Byar wie ein Mehlsack zusammenbrach. Bevor noch der
stürzende Weißmantel am Boden lag, befand sich der Behüter bereits auf den
Knien und löschte die Laterne. In der plötzlichen Dunkelheit konnte Perrin
nichts erkennen. Lan war wieder unsichtbar.
    Â»Seid Ihr wirklich …?« Egwene schluchzte
unterdrückt. »Wir dachten, Ihr seid tot. Wir glaubten, Ihr seid alle tot.«
    Â»Noch nicht.« Das tiefe Flüstern des
Behüters klang amüsiert.
    Hände berührten Perrin, fanden seine
Fesseln. Ein Messer zerschnitt die

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