Das Rad der Zeit 1. Das Original
du das Haus durch die Gasse. Zwei von diesen verfluchten
Verrätern sitzen auf der anderen StraÃenseite und beobachten den Vordereingang.
Sie wissen genau, wo ich stehe, beim Licht!«
Rand steckte den Kopf hinaus und sah sich
nach beiden Seiten um, bevor er in die Gasse hinausschlüpfte. Ein grobschlächtiger
Mann, den Meister Gill dafür bezahlte, stand am Ende der Gasse, stützte sich
auf einen Speer und musterte gelangweilt die vorbeihastenden Leute. Das war
aber nur der Schein, wie Rand wusste. Der Bursche â er hieà Lambgwin â sah
alles mit diesen von schweren Lidern halb bedeckten Augen, und trotz seiner
unförmigen Gestalt bewegte er sich wie eine Katze. Er glaubte ebenfalls,
Königin Morgase sei das Fleisch gewordene Licht, oder jedenfalls so ähnlich. Es
gab etwa ein Dutzend solcher Männer, die sich um Der
Königin Segen herum verteilten.
Lambgwins Ohr zuckte, als Rand den
Ausgang der Gasse erreichte, aber er wandte seine Aufmerksamkeit nicht von der
StraÃe ab. Rand wusste, dass ihn der Mann hatte kommen hören.
»Haltet Euch heute den Rücken frei,
Mann.« Lambgwins Stimme klang wie Kieselsteine in einer Pfanne. »Wenn die
Ausschreitungen beginnen, seid Ihr der richtige Mann, um hier zu helfen, aber
nicht, wenn Ihr irgendwo ein Messer in den Rücken bekommt.«
Rand sah den bulligen Mann an, doch seine
Ãberraschung war gedämpft. Er bemühte sich immer, das Schwert nicht sichtbar zu
tragen, aber dies war nicht das erste Mal, dass einer von Meister Gills Männern
angenommen hatte, er könne damit umgehen. Lambgwin sah ihn nicht mehr an. Der
Mann sollte die Schenke bewachen, und das tat er auch.
Rand schob sein Schwert noch etwas weiter
unter seinen Umhang und schloss sich der strömenden Menge an. Er sah die beiden
Männer, die der Wirt erwähnt hatte. Sie standen auf umgedrehten Fässern auf der
StraÃenseite gegenüber der Schenke, sodass sie über die Köpfe der Menge
hinwegsehen konnten. Er glaubte nicht, dass sie ihn bemerkten, als er aus der
Gasse heraustrat. Sie machten kein Hehl aus ihrer Gesinnung. Nicht nur, dass
ihre Schwerter in Weià gehüllt und mit roter Kordel gebunden waren, sie trugen
auch weiÃe Armbinden und weiÃe Abzeichen an den Hüten.
Er hatte sich noch nicht lange in Caemlyn
aufgehalten, da wurde ihm klar, dass ein rot umhülltes Schwert, eine rote
Armbinde oder ein rotes Abzeichen bedeutete, dass man Königin Morgase
unterstützte. Weià zeigte, dass die Königin und ihre Verbindung mit Tar Valon
schuld an allem waren, was unglücklich verlaufen war: am Wetter, an der
Missernte ⦠vielleicht sogar an dem falschen Drachen.
Er wollte sich nicht in die politischen
Ränke Caemlyns verwickeln lassen. Aber nun war es zu spät. Nicht nur, dass er
bereits die Seite gewählt hatte â wohl mehr durch Zufall, aber immerhin. Die
Lage in der Stadt lieà es kaum noch zu, dass man neutral blieb. Selbst
Ausländer trugen Abzeichen und Armbinden oder verhüllten ihre Schwerter, und
die Mehrheit von ihnen trug WeiÃ, nicht Rot. Vielleicht glaubten einige davon
überhaupt nicht daran, aber sie waren weit von zu Hause entfernt, und so hatte
sich eben die politische Stimmung in Caemlyn entwickelt. Männer, die die
Königin unterstützten, liefen zum eigenen Schutz in Gruppen umher, wenn sie
überhaupt ausgingen.
Heute war es allerdings anders. Zumindest
an der Oberfläche. Heute feierte Caemlyn den Sieg des Lichts über den Schatten.
Heute brachte man den falschen Drachen in die Stadt, um ihn der Königin
vorzuführen, bevor man ihn nach Tar Valon im Norden brachte.
Ãber diesen Teil der Ereignisse sprach
niemand. Natürlich konnten nur die Aes Sedai einen Mann beherrschen, der
tatsächlich die Eine Macht anwenden konnte, doch darüber wollte niemand
sprechen. Das Licht hatte den Schatten besiegt, und Soldaten aus Andor waren in
der vordersten Kampflinie dieser Schlacht dabeigewesen. Heute zählte nur das.
Heute vergaà man alles andere.
Oder vielleicht doch nicht?, fragte sich
Rand. Die Menge rannte singend und lachend und mit geschwenkten Fahnen durch
die StraÃen, aber Männer, die sich in Rot zeigten, hielten sich in Gruppen von
zehn oder zwanzig zusammen, und sie hatten keine Frauen und Kinder dabei.
Seiner Schätzung nach kamen auf jeden Anhänger der Königin mindestens zehn
Männer, die Weià trugen. Nicht zum ersten
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