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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Unbemerkt!
Ha!
    Als er so die Soldaten beobachtete, wie
sie seinerseits ihn beobachteten, wurde ihm plötzlich der Garten bewusst. Er
hatte seit dem Sturz sein Gleichgewichtsgefühl wiedererlangt. Eins nach dem
anderen war geschehen, jeder neue Schreck war gekommen, bevor der letzte noch
vergangen war, und seine Umgebung hatte er nur verschwommen wahrgenommen –
außer natürlich der Mauer und seinem inbrünstigen Wunsch, sich wieder auf deren
anderer Seite zu befinden. Jetzt sah er das grüne Gras, das ihm vorher nur ganz
vage bewusst geworden war. Grün! Hundert verschiedene Grüntöne. Bäume und Büsche waren grün
und üppig, trugen Blätter und Früchte. Saftige Ranken deckten die Laubengänge
über dem Weg. Überall Blumen. So viele Blumen – der Garten war von Farbtupfern
übersät. Einige der Blumen kannte er: hellgoldene Rosettenblüten und winzige
rosa Kerzenspitzen, blutrote Sternenscheinchen und purpurne Emondspracht, dazu
Rosen in allen Farben, vom reinsten Weiß bis zu dunkelstem Rot – aber andere
waren ihm neu, so zauberhaft in Form und Farbe, dass er sich fragte, ob sie
wohl echt seien.
    Â»Es ist grün«, flüsterte er. »Grün.« Die
Soldaten murmelten leise, bis Tallanvor sie scharf über die Schulter anblickte
und sie wieder schwiegen.
    Â»Elaidas Verdienst«, sagte Gawyn
abwesend.
    Â»Es ist nicht richtig«, sagte Elayne.
»Sie fragte mich, ob ich irgendeinen Bauernhof aussuchen wolle, für den sie das
Gleiche tun könne, während außen herum die Saat immer noch nicht aufgeht, aber
es ist trotzdem immer noch nicht richtig, dass wir Blumen haben, und andere
Menschen haben nicht einmal genug zu essen.« Sie holte tief Luft und fand ihre
Selbstbeherrschung wieder. »Halte dich aufrecht«, raunte sie Rand zu. »Sprich
klar, wenn du angeredet wirst, und ansonsten halte den Mund. Und folge mir.
Alles wird gut.«
    Rand wünschte, er könne ihre Zuversicht
teilen. Es hätte geholfen, wenn Gawyn ebenso zuversichtlich gewirkt hätte.
    Als Tallanvor sie in den Palast führte,
blickte er zum Garten zurück, zu all den blütenübersäten Beeten, die von der
Hand einer Aes Sedai der Königin beschert wurden. Er schwamm in tiefem Wasser,
und es war kein Ufer in Sicht.
    Palastdiener hasteten in roten Livreen
mit weißen Krägen und Manschetten, den Weißen Löwen auf der linken Brust des
Wamses, geschäftig durch die Säle und gingen ihren Aufgaben nach. Als die
Soldaten mit Elayne, Gawyn und Rand in der Mitte vorbeimarschierten, blieben
sie unvermittelt stehen und starrten sie mit offenem Mund an.
    Mitten durch all die Verwirrung tapste
ein grau gestreifter Kater unbeeindruckt den Flur hinunter und wand sich
zwischen den neugierigen Dienern hindurch. Plötzlich kam der Kater Rand komisch
vor. Er war lange genug in Baerlon gewesen, um zu wissen, dass selbst im
miesesten Laden in jeder Ecke Katzen gewesen waren. Seit sie den Palast
betreten hatten, war dieser Kater die einzige Katze, die er erspäht hatte.
    Â»Habt Ihr keine Ratten?«, fragte er
ungläubig. An jedem Ort gab es Ratten. »Elaida mag keine Ratten«, murmelte Gawyn vor sich hin. Er
blickte besorgt den Flur hinunter. Offensichtlich hatte er das bevorstehende
Zusammentreffen mit der Königin vor Augen. »Wir haben niemals Ratten.«
    Â»Seid beide ruhig.« Elaynes Stimme klang
scharf, aber genauso abwesend wie die ihres Bruders. »Ich versuche
nachzudenken.«
    Rand beobachtete den Kater noch über
seine Schulter hinweg, bis die Soldaten ihn um eine Ecke herumführten, sodass
er ihn nicht mehr sehen konnte. Eine Menge Katzen, und er hätte sich besser
gefühlt – es wäre nett, wenn an dem Palast irgendetwas normal gewesen wäre. Da
hätte er selbst Ratten in Kauf genommen.
    Der Weg, den Tallanvor gewählt hatte,
machte so viele Kurven, dass Rand jegliche Orientierung verlor. Endlich blieb
der junge Offizier vor einer großen Doppeltür aus dunklem, sanft schimmerndem
Holz stehen. Sie war nicht so prächtig wie ein paar andere, an denen sie
vorbeigekommen waren, aber immer noch auf der ganzen Fläche mit Reihen von
detailliert geschnitzten Löwen geschmückt. An jeder Seite stand ein Diener in
Livree.
    Â»Wenigstens nicht im großen Saal.« Gawyn
lachte unsicher. »Ich habe noch nie gehört, dass Mutter von hier aus befahl,
jemandem den Kopf abzuschlagen.«

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