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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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befände. Sie war eine gut aussehende Frau, nach außen ruhig,
doch in ihrer Konzentration lag etwas Unheimliches. Man hörte keinen Laut im
Raum außer dem Klicken ihrer Nadeln.
    Er bemühte sich, alles zu sehen, aber
sein Blick kehrte immer wieder zu der Frau zurück, die einen schimmernden Kranz
fein gewirkter Rosen auf der Stirn trug – die Rosenkrone von Andor. Eine lange
rote Schärpe, über deren ganze Länge der Löwe von Andor marschierte, war um ihr
Seidenkleid mit den roten und weißen Falten geschlungen, und als sie mit der
linken Hand den Arm des Generalhauptmanns berührte, glitzerte daran ein Ring in
Form der Großen Schlange, die ihren eigenen Schwanz verschlang. Aber es war
nicht die Pracht ihrer Kleidung, die Rands Blicke wieder und wieder anzog: es
war die Frau, die sie trug.
    In Morgase zeigte sich die Schönheit
ihrer Tochter, nur gereift und erwachsen. Ihr Gesicht, ihre Figur, ihre
Gegenwart beherrschten den Raum wie ein Licht, das die anderen neben ihr
überstrahlte. Wäre sie eine Witwe in Emondsfelde gewesen, hätten die Freier bei
ihr Schlange gestanden, selbst wenn sie die schlechteste Köchin und die
schlampigste Hausfrau der ganzen Zwei Flüsse gewesen wäre. Er sah, dass sie ihn
betrachtete, und duckte sich. Er fürchtete, sie könne seine Gedanken von seinem
Gesicht ablesen. Licht, ich denke an die Königin, als
sei sie eine Frau aus dem Dorf! Narr!
    Â»Ihr mögt Euch erheben«, sagte Morgase
mit voller, warmer Stimme, in der die Sicherheit des Gehorsams noch hundertmal
stärker als bei Elayne mitschwang. Rand stand mit den anderen auf.
    Â»Mutter …«, begann Elayne, doch Morgase
unterbrach sie.
    Â»Es scheint, du bist auf Bäume
geklettert, Tochter.« Elayne strich ein einzelnes Rindenstückchen von ihrem
Kleid, und da sie keinen Platz fand, wo sie es hinstecken konnte, hielt sie es
in der geschlossenen Faust. »Es scheint tatsächlich«, fuhr Morgase ruhig fort,
»als hättest du es im Widerspruch zu meinem Befehl fertig gebracht, doch einen
Blick auf diesen Logain zu werfen. Gawyn, von dir hätte ich Besseres erwartet.
Du musst nicht nur lernen, deiner Schwester zu gehorchen, sondern sie auch vor
sich selbst zu beschützen.« Der Blick der Königin wanderte kurz zu dem
stämmigen Mann neben ihr, aber sie schaute schnell wieder weg. Bryne blieb
unberührt, als habe er es nicht bemerkt, doch Rand glaubte, diesen Augen
entgehe nichts. »Auch das, Gawyn, ist die Aufgabe des Ersten Prinzen, und nicht
nur die Führung des Heers von Andor. Wenn deine Ausbildung vielleicht etwas
eifriger betrieben würde, fändest du weniger Zeit dafür, dich von deiner
Schwester in Schwierigkeiten bringen zu lassen. Ich werde den Generalhauptmann
darum bitten, dass es dir nicht an Dingen ermangele, die du zu tun hast, wenn
ihr nach Norden reist.«
    Gawyn trat von einem Fuß auf den anderen,
als wolle er protestieren, neigte dann aber doch lieber den Kopf. »Wie Ihr
befehlt, Mutter.«
    Elayne verzog das Gesicht: »Mutter, Gawyn
kann mich nicht vor Schwierigkeiten bewahren, wenn er nicht bei mir ist. Nur
deshalb hat er seine Gemächer verlassen. Mutter, es kann doch sicher nicht
schaden, einen Blick auf Logain zu werfen. Beinahe jeder in der Stadt war ihm
näher als wir.«
    Â»Jeder in der Stadt ist nicht dasselbe
wie die Tochter-Erbin.« Die Stimme der Königin klang scharf. »Ich habe diesen
Burschen aus der Nähe gesehen, und er ist gefährlich, Kind. Im Käfig
eingesperrt und jede Minute von Aes Sedai bewacht, ist er immer noch so
gefährlich wie ein Wolf. Ich wünschte, er wäre niemals auch nur in die Nähe von
Caemlyn gebracht worden.«
    Â»Man wird sich in Tar Valon um ihn
kümmern.« Die Frau auf dem Hocker blickte beim Sprechen nicht von ihrem
Strickzeug auf. »Wichtig ist nur, dass die Leute sehen: Das Licht hat wieder
einmal die Dunkelheit besiegt. Und sie sehen, dass Ihr ein Teil dieses Sieges
seid, Morgase.«
    Morgase winkte ab. »Trotzdem wäre es mir
lieber, er wäre nie in die Nähe Caemlyns gekommen. Elayne, ich weiß, was du im
Schilde führst.«
    Â»Mutter«, protestierte Elayne, »ich will
dir wirklich gehorchen. Ganz bestimmt!«
    Â»Tatsächlich?«, fragte Morgase in
gespielter Überraschung, und dann lachte sie leise. »Ja, du bemühst dich, eine
folgsame Tochter zu sein. Aber du probierst ständig,

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