Das Rad der Zeit 1. Das Original
wie weit du gehen kannst.
Na ja, ich habe das Gleiche bei meiner Mutter gemacht. Dieser Ehrgeiz wird dir
helfen, wenn du den Thron besteigst, aber noch bist du nicht Königin, Kind. Du
hast mir nicht gehorcht und stattdessen deinen Blick auf Logain geworfen. Gib
dich zufrieden damit. Auf der Reise nach Norden wird man dich nicht einmal auf
hundert Schritt Entfernung an ihn heranlassen, weder dich noch Gawyn. Wenn ich
nicht wüsste, wie schwer das ist, was an Unterricht in Tar Valon auf dich
wartet, dann würde ich Lini mitschicken, damit sie aufpasst, dass du gehorchst.
Zumindest sie scheint in der Lage, dich dazu zu bringen, das zu tun, was du tun
sollst.«
Elayne neigte schmollend den Kopf. Die
Frau hinter dem Thron schien damit beschäftigt, ihre Maschen zu zählen. »Nach
einer Woche«, sagte sie plötzlich, »wirst du wieder nach Hause zu deiner Mutter
wollen. Nach einem Monat willst du dann mit dem Fahrenden Volk weglaufen. Aber
meine Schwestern werden dich von dem Ungläubigen fern halten. So etwas ist
nichts für dich, noch nicht.« Plötzlich drehte sie sich auf ihrem Hocker um und
sah Elayne eindringlich an. All ihre Gelassenheit war gewichen, als habe es sie
nie gegeben. »Du hast die Fähigkeit, die gröÃte Königin zu werden, die Andor je
gesehen hat, die es in den letzten mehr als tausend Jahren in irgendeinem Land
gegeben hat. Darauf bereiten wir dich vor, falls du stark genug dafür bist.«
Rand starrte sie an. Das musste Elaida
sein, die Aes Sedai. Plötzlich war er froh, dass er sich nicht um Hilfe an sie
gewandt hatte, ganz gleich, welcher Ajah sie angehörte. Sie strahlte eine
Strenge weit jenseits der Morgases aus. Er hatte sich manchmal Moiraine als
Stahl vorgestellt, der mit Samt überzogen war; bei Elaida war der Samt nur eine
Illusion.
»Genug, Elaida«, sagte Morgase und
runzelte zweifelnd die Stirn. »Das hat sie mehr als einmal zu hören bekommen.
Das Rad webt, wie das Rad will.« Einen Augenblick lang schwieg sie und sah ihre
Tochter an. »Befassen wir uns nun mit diesem jungen Mann« âsie deutete auf
Rand, ohne ihren Blick von Elaynes Gesicht zu wenden â »wie und warum er
hierher kam und warum du ihm deinem Bruder gegenüber Gastrecht gewährt hast.«
»Darf ich sprechen, Mutter?« Als Morgase
zustimmend nickte, erzählte Elayne in einfachen Worten, was vorgefallen war,
und zwar von dem Moment an, als sie Rand zuerst dabei beobachtete, wie er den
Abhang zur Mauer hinaufgeklettert war. Er erwartete, dass sie damit enden
würde, die Unschuld seiner Handlungen zu beteuern, doch stattdessen sagte sie:
»Mutter, du sagst mir oft, dass ich unser Volk kennen lernen muss, die
einfachen Menschen wie die hochgestellten, aber wann immer ich welche von ihnen
treffe, stehen ein Dutzend Bedienstete daneben. Wie kann ich unter solchen
Umständen erfahren, was wahr und wirklich ist? Im Gespräch mit diesem jungen
Mann habe ich bereits mehr über die Menschen der Zwei Flüsse erfahren, welcher
Menschenschlag sie sind, als ich jemals aus Büchern lernen könnte. Es sagt doch
einiges aus, dass er von so weit herkommt und Rot trägt, wo doch so viele
andere Neuankömmlinge aus Angst Weià tragen. Mutter, ich bitte dich, einen
treuen Untertanen nicht zu bestrafen, der mich viel über die Menschen gelehrt
hat, die du regierst.«
»Ein treuer Untertan von den Zwei Flüssen«,
seufzte Morgase. »Mein Kind, du solltest mehr auf diese Bücher geben. In den
Zwei Flüssen war seit sechs Generationen kein Steuereintreiber mehr, und die
königliche Garde hat die Gegend seit sieben Generationen nicht mehr besucht.
Ich wage zu behaupten, dass sie sich nicht einmal mehr daran erinnern, ein Teil
des Reiches zu sein.« Rand zuckte unangenehm berührt die Achseln, als er sich
an seine Ãberraschung erinnerte, nachdem man ihm erzählt hatte, die Zwei Flüsse
seien ein Teil des Reiches von Andor. Die Königin bemerkte seine Geste und
lächelte ihre Tochter bedauernd an: »Siehst du, Kind?«
Elaida hatte ihr Strickzeug weggelegt und
musterte ihn, wie Rand jetzt bemerkte. Sie erhob sich von ihrem Hocker und trat
langsam vom Podest herunter auf ihn zu. »Von den Zwei Flüssen?«, fragte sie.
Sie streckte eine Hand nach seinem Kopf aus. Er zuckte vor ihrer Berührung
zurück, und sie lieà die Hand fallen. »Bei dem Rot seiner Haare und den grauen
Augen? Die
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