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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Er klang, als rechne er damit, dass sie das zum
ersten Mal tun könne.
    Tallanvor griff nach Rands Schwert, aber
Elayne trat dazwischen. »Er ist mein Gast, und Sitte und Gesetz erlauben es,
dass Gäste der königlichen Familie sogar in Mutters Gegenwart bewaffnet sein
dürfen. Oder willst du meinem Wort widersprechen, dass er mein Gast ist?«
    Tallanvor zögerte, sah ihr in die Augen
und nickte dann. »Sehr wohl, Lady Elayne.« Sie lächelte Rand an, als Tallanvor
zurücktrat, aber das dauerte nur einen Moment. »Der erste Zug wird mich
begleiten«, befahl Tallanvor. »Meldet Ihrer Majestät Lady Elayne und Lord
Gawyn«, sagte er zu den Türstehern. »Dazu Gardeleutnant Tallanvor, unter Befehl
Ihrer Majestät, mit dem Eindringling, der unter Bewachung steht.«
    Elayne funkelte Tallanvor an, doch die
Torflügel schwangen bereits auf. Eine volltönende Stimme erklang und meldete,
wer angekommen war. Elayne schritt würdevoll hindurch und verdarb ihr
königliches Auftreten nur ein wenig, als sie Rand bedeutete, nah hinter ihr zu
bleiben. Gawyn straffte die Schultern und schritt an ihrer Seite hinein, genau
um einen Schritt hinter ihr versetzt. Rand folgte auf ihrer anderen Seite und
glich seinen Schritt etwas unsicher dem Gawyns an. Tallanvor blieb in Rands
Nähe, und zehn Soldaten betraten mit ihm den Saal. Die Torflügel schlossen sich
lautlos hinter ihnen.
    Plötzlich beugte Elayne die Knie zu einem
tiefen Knicks, wobei sie auch den Oberkörper vorbeugte und ihren Rock mit den
Händen ausbreitete. So verharrte sie. Rand erschrak und folgte dann schnell dem
Beispiel Gawyns und der anderen Männer. Er stellte sich ungeschickt an, brachte
es aber dann doch einigermaßen richtig hin. Runter auf das rechte Knie, den
Kopf neigen, vorbeugen und die Knöchel der rechten Hand auf die Marmorplatten
des Bodens pressen, die linke Hand am Griff des Schwerts. Gawyn, der kein
Schwert trug, legte stattdessen die Hand genauso auf den Griff seines Dolches.
    Rand gratulierte sich schon selbst, dass
ihm alles so gut gelang, da bemerkte er, dass Tallanvor – immer noch mit
gesenktem Kopf – ihn unter seinem Visier hindurch von der Seite her wütend
anblitzte. Hätte ich etwas anders machen sollen? Er ärgerte sich, dass Tallanvor von ihm erwartete, er wisse,
wie er sich verhalten solle, obwohl niemand es ihm gesagt hatte. Und er ärgerte
sich, dass er Angst vor den Gardesoldaten hatte. Er hatte nichts getan, vor
dessen Folgen er sich fürchten musste. Er wusste, dass Tallanvor nicht an
seiner Angst schuld war, aber trotzdem war er wütend auf ihn.
    Alle blieben wie zu Eisklötzen erstarrt
in Position, als warteten sie auf das Tauwetter. Er wusste nicht, worauf sie
warteten, aber er benützte die Gelegenheit, den Saal zu betrachten, in den man
ihn gebracht hatte. Er behielt den Kopf unten und drehte sich nur genug, um
alles sehen zu können. Tallanvors Gesicht wurde noch wütender, doch das
ignorierte er.
    Der quadratische Raum war etwa so groß
wie der Schankraum in Der Königin Segen . Die Wände waren mit Reliefs aus reinstem Marmor geschmückt,
die Jagdszenen darstellten. Die Wandbehänge dazwischen wirkten mit ihren Bildern
leuchtender Blumen und Kolibris mit glänzenden Federn sehr sanft, mit zwei
Ausnahmen am hinteren Ende des Raums, auf denen der Weiße Löwe von Andor einen
Mann auf scharlachrotem Feld überragte. Diese beiden rahmten ein Podest ein,
und auf diesem Podest stand ein geschnitzter und vergoldeter Thron. Darauf saß
die Königin. Ein derber, stämmiger Mann ohne Kopfbedeckung stand zur rechten
Seite der Königin. Er trug das Rot der königlichen Garde und vier goldene
Knoten auf der Schulter seines Umhangs. Das Weiß seiner Manschetten wurde von
breiten Goldstreifen unterbrochen. Seine Schläfen zeigten viel Grau, doch er
wirkte so stark und standhaft wie ein Fels. Das musste Generalhauptmann Gareth
Bryne sein. Auf der anderen Seite saß hinter dem Thron auf einem niedrigen
Hocker eine Frau in tiefgrüner Seide und strickte etwas aus dunkler, fast
schwarzer Wolle. Wegen der Handarbeit dachte Rand zuerst, sie sei alt, aber auf
den zweiten Blick hin konnte er sie überhaupt keiner Altersstufe mehr zuordnen.
Jung, alt, er wusste es nicht. Ihre Aufmerksamkeit schien ausschließlich ihren
Stricknadeln und dem Garn zu gelten, gerade so, als ob sich in Armlänge vor ihr
gar keine Königin

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