Das Rad der Zeit 1. Das Original
lockte Rands Seele. Ein heller Fingerstrang trieb von
ihr weg durch die Luft, berührte ihn, und er keuchte auf. Licht erfüllte ihn,
und Hitze, die eigentlich hätte brennen sollen, wärmte ihn lediglich, als wolle
sie die Grabeskühle aus seinen Knochen vertreiben. Der Strang verdickte sich. Ich muss entkommen!
»Nein!«, schrie Aginor. »Ihr sollt das
nicht haben! Es gehört mir!«
Rand bewegte sich nicht, genau wie der
Verlorene, aber sie kämpften miteinander, als hätten sie sich im Staub gewälzt.
SchweiÃtropfen rannen von Aginors Stirn, die nicht mehr verschrumpelt wirkte,
sondern die eines starken Mannes in seinen besten Jahren war. Rand war vom
Pulsschlag der Schnur erfüllt, als sei das der Herzschlag der Welt. Er erfüllte
sein ganzes Wesen. Licht durchflutete seinen Geist, bis nur noch eine Ecke für
seine wahre Persönlichkeit übrig blieb. Er wickelte das Nichts um diesen
Haltepunkt, barg ihn in der Leere. Nur weg!
»Meins!«, schrie Aginor. »Es gehört mir!«
Wärme stieg in Rand auf, die Wärme der
Sonne, das Strahlen der Sonne, brach auf in einer wahnsinnigen Lichtexplosion:
das Licht. Weg!
»Meins!« Flammen schossen aus Aginors
Mund, brachen wie Feuerspeere aus seinen Augen, und er schrie.
Weg!
Und Rand befand sich nicht mehr auf der
Spitze des Hügels. Er bebte mit dem Licht, das ihn durchdrang. Sein Verstand arbeitete
nicht richtig; Licht und Hitze blendeten ihn. Das Licht. Mitten im Nichts
blendete das Licht seinen Verstand, betäubte ihn mit Ehrfurcht. Er stand auf
einem breiten Bergpass, der von zerrissenen schwarzen Gipfeln, die wie die
Zähne des Dunklen Königs waren, umgeben war. Es war echt; er befand sich
wirklich dort. Er fühlte die Felsen unter seinen Stiefeln und den eisigen Wind
in seinem Gesicht.
Eine Schlacht umtobte ihn, oder zumindest
die Nachhut einer Schlacht. Gerüstete Männer auf gepanzerten Pferden â
glänzender Stahl, mittlerweile von Staub verkrustet â schlugen und stachen auf
fauchende Trollocs ein, die Dornenäxte und sichelgleiche Schwerter schwangen.
Einige Männer kämpften zu FuÃ, da ihre Pferde umgekommen waren, aber es rannten
auch reiterlose, gepanzerte Pferde zwischen den Kämpfenden hindurch. Inmitten
der Schlacht ritten Blasse umher. Ihre nachtschwarzen Umhänge hingen
unbeweglich herunter, so schnell auch ihre Reittiere galoppierten, und wo immer
auch ihre Licht fressenden Schwerter auftrafen, da starben Männer. Lärm drang
auf Rand ein, schlug auf ihn ein und prallte zurück von der Fremdartigkeit, die
ihn gepackt hatte. Das Aufklingen von Stahl auf Stahl, das schwere Atmen und
Grunzen von kämpfenden Männern und Trollocs, die Schreie der sterbenden
Menschen und Trollocs. Ãber dem Lärm flatterten Banner in der stauberfüllten
Luft. Der Schwarze Falke von Fal Dara, der WeiÃe Hirsch von Shienar, andere.
Und Trolloc-Flaggen. Im engsten Umkreis konnte er den gehörnten Schädel der
Dhaâvol erkennen, den blutroten Dreizack der Koâbal, die eiserne Faust der
Dhaiâmon.
Und doch war es die Nachhut der Schlacht,
ein Atemholen, als sich Menschen und Trollocs zurückzogen, um sich neu zu
formieren. Keiner schien Rand zu bemerken. Sie wechselten ein paar letzte
Schläge und lösten sich vom Gegner, galoppierten oder rannten oder taumelten
fort zu den Enden des Passes.
Rand blickte direkt auf die Seite des
Passes, wo sich die Menschen sammelten. Wimpel flatterten unter glitzernden
Lanzenspitzen. Verwundete wankten in ihren Sätteln. Reiterlose Pferde bäumten
sich auf und galoppierten umher. Offensichtlich waren sie einem erneuten
Zusammentreffen nicht gewachsen, und genauso klar war es, dass sie sich auf
einen letzten Angriff vorbereiteten. Einige von ihnen sahen ihn nun. Männer
standen in den Steigbügeln und deuteten auf ihn. Ihre Rufe drangen wie leises
Piepsen zu ihm herauf.
Leicht taumelnd drehte er sich um. Die
Truppen des Dunklen Königs füllten das andere Ende des Passes. Wie Igel
bedeckten schwarze Piken und Speerspitzen die Berghänge, die durch die groÃe
Anzahl von Trollocs schwarz überzogen schienen. Ihre Armee übertraf die
Streitkräfte von Shienar bei weitem. Hunderte von Blassen ritten vor der Horde
einher. Die wilden Schnauzengesichter der Trollocs wandten sich furchtsam ab,
während sie vorbeiritten. Riesige Körper schoben sich nach hinten und machten
ihnen Platz.
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