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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Seite, der anscheinend seine ganze Kraft zurückgewonnen hatte. Er packte
Rand beim Kragen und zog ihn so nahe zu sich heran, dass dieser die Hitze des
Fiebers auf seiner Wange spürte. »Sie haben sie als Wilde bezeichnet«, sagte
Tam eindringlich. »Die Narren sagten, man könne sie wie Unrat aus dem Weg
räumen. Wie viele Schlachten mussten verloren gehen, wie viele Städte brennen,
bis sie endlich der Wahrheit ins Auge sahen? Bis die Nationen endlich gemeinsam
gegen sie kämpften?« Er lockerte den Griff an Rands Kragen, und Trauer klang in
seiner Stimme. »Das Feld von Marath war mit einem Teppich von Leichen bedeckt,
und kein Laut außer dem Krächzen der Raben und dem Summen der Fliegen war zu
hören. Die abgedeckten Türme von Cairhien brannten wie Fackeln in der Nacht.
Den ganzen Weg bis zu den Leuchtenden Wällen brannten und mordeten sie, bevor
sie zurückgeschlagen wurden. Den ganzen Weg nach …«
    Rand legte die Hand auf den Mund seines
Vaters. Ein Laut wiederholte sich, ein rhythmisches Trampeln, dessen Richtung
er zwischen den Bäumen nicht bestimmen konnte, erst leiser und dann, als der
Wind sich drehte, wieder lauter. Er runzelte die Stirn und drehte den Kopf
langsam hin und her, um festzustellen, woher der Laut kam. Aus dem Augenwinkel
nahm er eine leichte Bewegung wahr, und einen Moment später beugte er sich tief
über Tam. Er war überrascht, den Griff des Schwertes fest in seiner Hand zu
fühlen, aber der größere Teil seines Verstands konzentrierte sich auf die
Haldenstraße, als sei die Straße der einzig wirkliche Teil in dieser Welt.
    Schwankende Schatten im Osten formten
sich langsam zur Gestalt eines Reiters, gefolgt von großen massigen Figuren,
die rennen mussten, um mit dem Pferd mitzuhalten. Das blasse Mondlicht spiegelte
sich in Speerspitzen und Axtschneiden. Rand glaubte keine Sekunde daran, es
könnten Dorfbewohner sein, die ihnen zu Hilfe kamen. Er wusste, wer sie waren.
Dann enthüllte ihm das Mondlicht den Kapuzenmantel des Reiters, einen Mantel,
der vom Wind unberührt herunterhing. Alle Gestalten erschienen in dieser Nacht
schwarz, und die Hufe des Pferdes verursachten die gleichen Geräusche wie die
jedes anderen Pferdes, doch Rand erkannte dieses Pferd ganz eindeutig.
    Hinter dem dunklen Reiter kamen Albtraumgestalten
mit Hörnern und Schnauzen und Schnäbeln, eine Doppelreihe von Trollocs, alle im
Gleichschritt. Die Stiefel und Hufe schlugen im gleichen Moment auf dem Boden
auf, als würden sie von einem einzigen Verstand gesteuert. Rand zählte zwanzig,
die an ihnen vorbeieilten. Er fragte sich, welcher Mensch es wagte, so vielen
Trollocs den Rücken zuzuwenden. Oder überhaupt einem Trolloc.
    Die rennende Truppe verschwand in
westlicher Richtung. Das Stampfen der Füße und Hufe verklang in der Dunkelheit,
aber Rand blieb, wo er war, und bewegte keinen Muskel. Etwas in ihm sagte ihm,
er müsse erst absolut sicher sein, dass sie fort waren, bevor er sich wieder in
Bewegung setzen durfte. Nach einer ganzen Weile atmete er tief ein und wollte
sich gerade aufrichten.
    Diesmal gab das Pferd überhaupt keinen
Laut von sich. In unheimlicher Stille kehrte der Reiter zurück. Sein
schattenhaftes Reittier blieb alle paar Schritte in seinem langsamen Schreiten
die Straße hinunter stehen. Windböen erhoben sich und heulten durch den Wald.
Der Mantel des Reiters hing unbewegt wie der Tod herunter. Wo immer das Pferd
stehen blieb, bewegte sich der kapuzenbedeckte Kopf hin und her, als der Reiter
den Wald absuchte. Genau gegenüber von Rand blieb das Pferd abermals stehen.
Die düstere Öffnung der Kapuze zeigte in die Richtung, wo Rand über seinem
Vater kauerte.
    Rands Hand verkrampfte sich um den
Schwertgriff. Er fühlte den Blick genau wie am Morgen und erzitterte wieder vor
dem Hass, obwohl er ihn nicht sehen konnte. Dieser verhüllte Mann hasste jeden
und alles, was lebte. Trotz des kalten Windes rann Schweiß über Rands Gesicht.
Dann bewegte sich das Pferd weiter, ein paar lautlose Schritte, und blieb
erneut stehen. Schließlich konnte Rand nur noch einen kaum wahrnehmbaren
Schatten in der Nacht erkennen, weit entfernt die Straße hinunter. Er hatte ihn
keinen Augenblick aus den Augen verloren. Wenn er ihn aus dem Blickfeld verlor,
würde er ihn das nächste Mal vielleicht erst sehen, wenn dieses lautlose Pferd
ihn schon erreicht hatte.
    Mit einem Mal huschte

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