Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
der Schatten zurück
und flog in unhörbarem Galopp vorbei. Der Reiter blickte vorwärts, als er in
westlicher Richtung durch die Nacht raste, in Richtung Verschleierte Berge, auf
den Bauernhof zu.
    Rand sackte in sich zusammen, rang nach
Luft und wischte sich den kalten Schweiß mit einem Ärmel von der Stirn. Es
kümmerte ihn nicht mehr, warum die Trollocs gekommen waren. Falls er das
niemals herausfand, war es auch recht, wenn es nur zu Ende war.
    Mit einem kurzen Schütteln riss er sich wieder
zusammen und sah erst einmal nach seinem Vater. Tam murmelte immer noch vor
sich hin, aber so leise, dass Rand die Worte nicht verstand. Er versuchte, ihm
etwas Wasser einzuflößen, aber es floss über das Kinn des Vaters. Tam hustete
und erstickte fast an dem Rinnsal, das tatsächlich den Weg in seine Kehle fand,
und dann schwatzte er leise weiter, als hätte es gar keine Unterbrechung
gegeben.
    Rand befeuchtete das Tuch auf Tams Stirn,
legte den Wassersack zurück auf die Bahre und begab sich wieder zwischen die
beiden Stangen.
    Er ging los, als habe er die ganze Nacht
geschlafen, aber die neue Kraft hielt nicht lange vor. Die Angst vertrieb
zunächst die Erschöpfung, doch obwohl die Angst blieb, kehrte die Erschöpfung
schnell zurück. Bald stolperte er mühsam vorwärts und versuchte, Hunger und
schmerzende Muskeln zu vergessen. Er konzentrierte sich darauf, einen Fuß vor
den anderen zu setzen, ohne zu Fall zu kommen. Dabei stellte er sich
Emondsfelde vor, die Fensterläden geöffnet und die Häuser hell zur Winternacht
beleuchtet, Menschen, die sich lautstark begrüßten, wenn sie einander
besuchten, Fiedeln, die die Straßen mit Melodien wie Jaems
Torheit und Der
Reiherflug erfüllten. Haral Luhhan würde
einen Schnaps zu viel trinken und mit der Stimme eines Ochsenfroschs das Lied Der Wind in der Gerste singen – das tat er immer –, bis seine Frau es fertig brachte, ihn zum
Schweigen zu bringen, und Cenn Buie würde sich entschließen, den anderen zu
beweisen, dass er immer noch ebenso gut tanzen konnte wie früher, und Mat würde
einen Streich spielen, der ein wenig danebenging, und jeder würde wissen, dass
er dafür verantwortlich war, auch wenn es keiner beweisen konnte. Er konnte
beinahe schon wieder lächeln, als er daran dachte, wie es wohl sein würde.
    Nach einer Weile sprach Tam wieder.
    Â» Avendesora. Man sagt, er erzeuge keinen Samen, aber sie brachten einen
jungen Zweig nach Cairhien, einen Schössling. Ein königliches Geschenk, um den
König zu erstaunen.« Obgleich er sich zornig anhörte, sprach er sehr leise. Rand
hatte Mühe, ihn zu verstehen. Jeder, der ihn hören könnte, würde auch das
Schleifen der Bahre über den Boden wahrnehmen. Rand schlurfte weiter und hörte
nur halb hin. »Sie schließen niemals Frieden. Niemals. Aber sie brachten einen
Schössling als Zeichen des Friedens. Hundert Jahre lang wuchs er. Hundert Jahre
Friede mit denjenigen, die nie mit Fremden Frieden schließen. Warum hat er ihn
gefällt? Warum? Blut war der Preis für Avendoraldera . Blut der Preis für Lamans Stolz.« Er verfiel wieder in
leises Murmeln.
    Müde fragte sich Rand, welchen
Fiebertraum Tam wohl jetzt träumte. Avendesora . Der Baum des Lebens sollte alle möglichen wundersamen
Eigenschaften besitzen, aber keine der Geschichten erwähnte irgendeinen
Schössling oder irgendwelche Leute. Es gab nur einen Baum, und der gehörte dem
Grünen Mann.
    Heute Morgen noch wäre er sich lächerlich
vorgekommen, wenn er ernsthaft über den Grünen Mann und den Baum des Lebens
nachgedacht hätte. Das waren nur Geschichten. Wirklich?
Heute Morgen waren auch Trollocs nur eine Geschichte. Vielleicht waren alle Geschichten genauso wirklich wie die
Nachrichten, die Händler und Kaufleute brachten – alle Erzählungen der
fahrenden Sänger und alle Sagen, abends am Kamin erzählt. Vielleicht traf er
demnächst tatsächlich den Grünen Mann oder einen Ogier-Riesen oder einen wilden
Aielmann mit schwarzem Schleier.
    Er merkte, dass Tam jetzt deutlicher
sprach, jedenfalls immer wieder einmal. Von Zeit zu Zeit hielt er inne, um Luft
zu holen, und dann fuhr er fort, als glaubte er, die ganze Zeit gesprochen zu
haben. »… Schlachten sind immer heiß, sogar im Schnee. Schweißhitze. Bluthitze.
Nur der Tod ist kühl. Bergabhang … einzige Ort, der

Weitere Kostenlose Bücher