Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
sie und vor allem Gawyn. Bis zu Gawyns Geburt hatte Galad damit rechnen dürfen, eines Tages der Erste Prinz des Schwertes zu werden. Ihre frühesten Erinnerungen an ihn waren die an einen Jungen, der sich bereits mehr wie ein Vater oder Onkel benahm als wie ein Bruder und der Gawyn den ersten Fechtunterricht erteilte. Sie erinnerte sich, dass sie Angst gehabt hatte, er würde Gawyn mit dem Übungsschwert den Kopf einschlagen. Aber er hatte nie mehr als die üblichen blauen Flecke ausgeteilt, mit denen jeder Junge rechnen musste, der den Schwertkampf erlernte. Galad wusste, was richtig war, und er war auch dazu bereit, das Richtige zu tun, was es auch kostete, und er nahm sich selbst davon nicht aus. Beim Licht, er hatte einen Krieg angefangen, um ihr und Nynaeve bei der Flucht aus Samara zu helfen, und vermutlich war er sich von Anfang an über die Gefahr im Klaren gewesen! Galad hatte sich in Nynaeve verliebt oder war es zumindest eine Zeit lang gewesen – es war schwer vorstellbar, dass er noch immer so empfand; da er ein Weißmantel war, wusste allein das Licht, wo er war und was er tat –, aber es war die Wahrheit, er hatte einen Krieg angezettelt, um seine Schwester zu retten. Sie konnte ihn nicht verurteilen, weil er zu den Kindern des Lichts gehörte, sie konnte ihn nicht mögen, und doch hoffte sie, dass er in Sicherheit war und es ihm gut ging. Und sie hoffte, dass auch er den Weg nach Hause fand. Neuigkeiten über ihn wären beinahe so willkommen gewesen wie Neuigkeiten über Gawyn. Das überraschte sie, aber es stimmte.
»Während deiner Abwesenheit sind zwei weitere Schwestern eingetroffen. Sie wohnen im Silbernen Schwan .« Birgitte ließ es klingen, als würden sie lediglich im Gasthaus wohnen, weil im Palast jedes Bett belegt war. »Eine Grüne mit zwei Behütern und eine Graue mit einem. Sie kamen getrennt voneinander. Am gleichen Tag sind eine Gelbe und eine Braune aufgebrochen, also sind es noch immer zehn. Die Gelbe ist nach Süden gereist, in Richtung Far Madding. Die Braune ging nach Osten.«
Sephanie, die geduldig neben Aviendhas Wanne stand und nichts zu tun hatte, wechselte über Elaynes Kopf hinweg einen Blick mit ihrer Schwester und grinste. Wie so viele in der Stadt wusste sie, dass die Anwesenheit von Aes Sedai im Silbernen Schwan die Unterstützung der Weißen Burg für Elayne und das Haus Trakand bedeutete. Essande, die die beiden Mädchen wie ein Raubvogel beobachtete, nickte ebenfalls; auch sie wusste das. Jeder Straßenfeger und Müllsammler wusste, dass die Burg gespalten war, aber der Name hatte noch immer Gewicht und vermittelte das Bild einer Stärke, die nie versagte. Jeder wusste, dass die Weiße Burg jede rechtmäßige Königin von Andor unterstützt hatte. Tatsächlich warteten die meisten Schwestern auf eine Monarchin, die gleichzeitig eine Aes Sedai war; es wäre die erste seit tausend Jahren und die erste seit der Zerstörung der Welt gewesen, von der öffentlich bekannt war, dass sie eine Aes Sedai war, aber es hätte Elayne nicht überrascht, wenn es in Arymillas Lager eine Schwester gegeben hätte, die sich diskret zurückhielt. Die Weiße Burg setzte niemals alle Münzen auf ein Pferd, es sei denn, der Ausgang des Rennens stand bereits fest.
»Das genügt«, sagte sie und wich gereizt den Borsten aus. Das gut ausgebildete Mädchen legte die Bürste auf einen Stuhl und reichte ihr einen großen illianischen Schwamm, mit dem sie sich die Seife abspülte. Sie wünschte, sie hätte gewusst, was die Schwestern hier wollten. Sie waren wie ein Sandkorn in ihrem Pantoffel, ein so winziges Ding, dass man sich schwer vorstellen konnte, dass es einen störte, aber je länger es da war, desto größer erschien es. Die Schwestern im Silbernen Schwan wurden allein dadurch zu einem Stein von beträchtlicher Größe, weil sie da waren.
Schon vor ihrem Eintreffen in Caemlyn hatte sich die Anzahl im Gasthof häufig geändert, jede Woche reisten ein paar Schwestern ab, während andere eintrafen, um sie zu ersetzen. Die Belagerung hatte nichts daran geändert; die Soldaten um Caemlyn würden genauso wenig versuchen, eine Aes Sedai aufzuhalten, wie die aufrührerischen Adligen in Tear. Eine Zeit lang hatte es in der Stadt auch Rote gegeben, die sich nach Männern auf dem Weg zur Schwarzen Burg erkundigten, aber je mehr sie erfuhren, desto offener hatten sie Verärgerung gezeigt, und das letzte Paar war einen Tag nach Arymillas Aufmarsch vor den Mauern aus der Stadt geritten. Jede
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