Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
Ihr das nicht tun könnt«, sagte Aram verzweifelt, »dann tretet beiseite. Ich mache es.«
Was getan werden musste. Perrin betrachtete die Gesichter um sich herum. Arganda mit seiner hasserfüllten Miene, die ihm jetzt genauso galt wie den Shaido. Masema, der nach Wahnsinn stank und mit verächtlichem Hass erfüllt war. Man muss bereit und fähig sein, einen Stein zu verletzen. Edarra, deren Gesicht so unleserlich wie das einer Aes Sedai war und die die Arme seelenruhig unter der Brust verschränkt hatte. Selbst Shaido wissen, wie man den Schmerz zu umarmen hat. Es wird Tage brauchen. Sulin, deren Narbe auf der Wange sich noch immer blass von ihrer ledergegerbten Haut abzeichnete; ihr Blick war ruhig und ihr Duft unversöhnlich. Sie werden nur langsam nachgeben und so wenig wie möglich preisgeben. Berelain, die wie eine Herrscherin roch, die Männer zum Tode verurteilt und deswegen keine Nacht Schlaf verloren hatte. Was getan werden musste. Bereit und fähig sein, einen Stein zu verletzen. Den Schmerz zu umarmen. Oh, beim Licht, Faile.
Die Axt war so leicht wie eine Feder, als sie sich in seiner Hand hob, und sie sauste nach unten wie ein Hammer auf einen Amboss, und die schwere Klinge durchschnitt das linke Handgelenk des Shaido.
Der Mann keuchte vor Schmerz, dann bäumte er sich mit einem Knurren auf und spritzte das Blut, das aus dem Stumpf schoss, mit voller Absicht in Perrins Gesicht.
»Heilt ihn«, sagte Perrin zu den Aes Sedai und trat zurück. Er versuchte nicht, sich das Gesicht abzuwischen. Das Blut rann in seinen Bart. Er fühlte sich leer. Er hätte die Axt nicht noch einmal heben können, und wenn es um sein Leben gegangen wäre.
»Seid Ihr von Sinnen?«, wollte Masuri wütend wissen. »Wir können dem Mann nicht seine Hand zurückgeben!«
»Ich sagte, Heilt ihn!«, knurrte er.
Seonid hob ihre Röcke, um über den Boden zu gleiten und neben dem Kopf des Mannes niederzuknien. Er biss auf das Handgelenk und bemühte sich vergeblich, durch den Druck seiner Zähne den Blutfluss aufzuhalten. Aber in seinen Augen lag keine Furcht. Oder in seinem Geruch. Nicht die geringste.
Seonid ergriff den Kopf des Shaido, und plötzlich verkrampfte er sich und schlug wild mit dem Arm um sich. Der hervorschießende Blutstrom nahm ab und versiegte, bevor er sich mit grauem Gesicht auf dem Boden ausstreckte. Mit unsicheren Bewegungen hob er den linken Armstumpf und betrachtete die glatte Haut, die jetzt das Ende bedeckte. Falls da eine Narbe war, konnte Perrin sie nicht sehen. Der Mann fletschte die Zähne in seine Richtung. Auch Seonid sackte zusammen, als hätte sie sich völlig verausgabt. Alharra und Wynter traten einen Schritt vor, und sie winkte sie zurück und mühte sich mit einem tiefen Seufzer auf die Beine.
»Man hat mir gesagt, dass Ihr tagelang durchhalten könnt und so gut wie nichts preisgeben werdet«, sagte Perrin. Seine Stimme klang zu laut in seinen Ohren. »Ich habe nicht die Zeit, dass Ihr mir zeigt, wie hart Ihr seid, oder wie mutig. Ich weiß, dass Ihr hart und mutig seid. Aber meine Frau ist zu lange eine Gefangene. Man wird Euch trennen und nach einigen Frauen befragen. Ob Ihr sie gesehen habt und wo. Das ist alles, was ich wissen will. Es wird keine glühenden Kohlen und auch sonst nichts geben; nur Fragen. Aber wenn sich jemand weigert, sie zu beantworten, oder Eure Antworten sich zu sehr voneinander unterscheiden, dann verliert jeder etwas.« Es überraschte ihn, dass er die Axt doch heben konnte. Die Klinge war blutverschmiert.
»Zwei Hände und zwei Füße«, sagte er kalt. Beim Licht, er klang wie Eis. Er hatte das Gefühl, seine Knochen bestünden aus Eis. »Das bedeutet, Ihr habt vier Gelegenheiten, die gleiche Antwort zu geben. Und wenn Ihr alle durchhaltet, werde ich Euch trotzdem nicht töten. Ich werde ein Dorf finden, in dem man Euch zurücklassen kann, irgendeinen Ort, an dem man Euch betteln lässt, wo die Kinder dem wilden Aiel-Mann ohne Hände und Füße eine Münze zuwerfen werden. Denkt darüber nach und entscheidet, ob es das wert ist, mir meine Frau vorzuenthalten.«
Selbst Masema starrte ihn an, als hätte er den Mann mit der Axt, der dort stand, noch nie zuvor gesehen. Als er sich zum Gehen wandte, machten ihm Masemas Männer und die Ghealdaner eine breite Gasse frei, als wollten sie eine Horde Trollocs durchlassen.
Vor ihm tauchten die angespitzten Pfähle auf, etwa hundert Schritte dahinter war der Wald, aber er änderte seine Richtung nicht. Mit der Axt in der
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