Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
aber Perrin hätte nicht darauf gewettet, dass Neald fähig gewesen wäre, ihr zu folgen. Er war ein Stadtmensch.
»Arganda fand, wir sollten warten, bis sich Euer Blut wieder abgekühlt hat«, sagte Neald, stützte sich auf seinen Sattel und musterte Perrin. »Ich glaube kaum, dass es noch kühler werden kann.« Er nickte, einen Hauch von Zufriedenheit um den Mund. Er war es gewöhnt, dass die Leute Angst vor ihm hatten, wegen seines schwarzen Mantels und dem, was er repräsentierte.
»Sie haben geredet«, sagte Aram, »und sie haben alle die gleichen Antworten gegeben.« Seine düstere Miene verriet, dass ihm die Antworten nicht gefielen. »Ich glaube, die Drohung, sie als Bettler zurückzulassen, hat ihnen noch mehr Angst eingejagt als Eure Axt. Aber sie behaupten, die Lady Faile noch nie gesehen zu haben. Oder eine der anderen Frauen. Wir könnten es noch einmal mit den Kohlen versuchen. Vielleicht fällt es ihnen ja dann wieder ein.« Lag da Eifer in seiner Stimme? Um Faile zu finden oder die Kohlen zu benutzen?
Elyas verzog das Gesicht. »Sie würden dir jetzt nur die Antworten zurückgeben, die ihr ihnen mittlerweile bereits erzählt habt. Sie würden euch sagen, was ihr hören wollt. Es bestand sowieso nur eine geringe Chance. Da sind Tausende Shaido und Tausende Gefangene. Ein Mann könnte sein ganzes Leben unter so vielen Leuten verbringen und würde doch nie mehr als ein paar Hundert kennenlernen.«
»Dann müssen wir sie töten«, sagte Aram grimmig. »Sulin hat gesagt, die Töchter hätten darauf geachtet, sie gefangen zu nehmen, als sie unbewaffnet waren, damit sie befragt werden konnten. Sie werden sich nicht als Gai’shain fügen. Wenn auch nur einer entkommt, kann er die Shaido wissen lassen, dass wir hier sind. Dann werden sie uns angreifen.«
Perrins Gelenke fühlten sich eingerostet an, sie schmerzten, als er aufstand. Er konnte die Shaido nicht einfach gehen lassen. »Man kann sie bewachen, Aram.« Ungeduld und Hast hatten dazu geführt, dass er Faile beinahe verloren hätte, und er war wieder zu ungeduldig gewesen. Ungeduld. Solch ein harmloses Wort dafür, einem Mann die Hand abzuschlagen. Und völlig sinnlos. Er hatte sich immer bemüht, sorgfältig nachzudenken und mit Bedacht zu handeln. Er musste jetzt nachdenken, aber jeder Gedanke schmerzte. Faile war in einem Meer aus weiß gekleideten Gefangenen versunken. »Vielleicht wissen andere Gai’shain , wo sie ist«, murmelte er und setzte sich in Richtung Lager in Bewegung. Aber wie sollte er zu einem Gai’shain der Shaido kommen? Sie durften das Lager nicht verlassen, es sei denn, unter Bewachung.
»Was ist damit, Junge?«, fragte Elyas.
Perrin wusste, was er meinte, ohne hinsehen zu müssen. Die Axt. »Lass sie da; wer sie findet, soll sie behalten.« Sein Tonfall wurde grob. »Vielleicht wird ja irgendein idiotischer Märchenerzähler daraus eine Geschichte machen.« Er ging zum Lager, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Mit der leeren Schlaufe war der Gürtel um seine Taille zu leicht. Alles war sinnlos.
Drei Tage später kehrten die Karren schwer beladen aus So Habor zurück, und Balwer betrat Perrins Zelt mit einem hochgewachsenen, unrasierten Mann, der einen schmutzigen Wollmantel und ein Schwert trug, das gepflegter aussah. Zuerst erkannte Perrin ihn nicht wegen des Barts, der einen Monat ungehindert gewuchert war. Dann nahm er den Geruch des Mannes wahr.
»Ich hätte nie gedacht, Euch je wiederzusehen«, sagte er. Balwer blinzelte, was bei jedem anderen ein überraschtes Keuchen gewesen wäre. Zweifellos hatte der vogelähnliche kleine Mann sich darauf gefreut, mit einer Überraschung aufzuwarten.
»Ich habe nach … Maighdin gesucht«, sagte Tallanvor rau, »aber die Shaido waren schneller als ich. Meister Balwer hat gesagt, Ihr wüsstet, wo sie ist.«
Balwer warf dem jüngeren Mann einen scharfen Blick zu, aber seine Stimme blieb so trocken und emotionslos wie sein Geruch. »Meister Tallanvor erreichte So Habor in dem Moment, als ich es verlassen wollte, mein Lord. Es war reiner Zufall, dass ich ihm begegnet bin. Vielleicht ein glücklicher Zufall. Unter Umständen hat er ein paar Verbündete für Euch. Ich werde es ihn erzählen lassen.«
Tallanvor schaute stirnrunzelnd auf seine Stiefel und sagte nichts.
»Verbündete?«, hakte Perrin nach. »Nur ein Heer wäre von Nutzen, aber ich nehme jede Hilfe, die Ihr bringen könnt.«
Tallanvor sah Balwer an, der mit einer halben Verbeugung und einem unverbindlichen,
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