Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
dazu überredet hatte, den Damane bei der Flucht zu helfen, aber obwohl sie mit Sicherheit genau wie sie von den Behörden gesucht wurden, hatten sie keineswegs ihre Einstellung Frauen gegenüber geändert, die die Macht lenken konnten. Bethamin war hochgewachsen und sah in der Tracht Ebou Dars mit dem tiefen Ausschnitt und den an der einen Seite hochgenähten Röcken, die verblichene rote Unterröcke entblößten, genauso dunkel wie Tuon aus; sie erinnerte an eine Mutter, die auf das unausweichliche schlechte Benehmen ihrer Kinder wartete. Die blonde Seta in hochgeschlossener grauer Wolle, die sie von Kopf bis Fuß bedeckte, schien gefährliche Hunde im Auge zu behalten, die früher oder später in einem Zwinger eingesperrt werden mussten. Renna, die vom Abhacken der Hände und Füße gesprochen hatte, tat ebenfalls so, als würde sie lesen, aber ihre täuschend sanften braunen Augen hoben sich ständig von dem schmalen Buch, um die Aes Sedai zu beäugen, und wenn sie es tat, lächelte sie bösartig. Mat hätte am liebsten geflucht, noch bevor eine von ihnen den Mund aufmachen konnte. Ein kluger Mann hielt sich fern, wenn Frauen Streit hatten, vor allem, wenn Aes Sedai darunter waren, aber so war es immer gewesen, wenn er diesen Wagen betreten hatte.
»Ich hoffe, es ist wichtig, Joline.« Er knöpfte den Mantel auf und versuchte, ein paar Regentropfen abzuschütteln. Vermutlich wäre es vernünftiger gewesen, ihn gleich auszuwringen. »Ich habe gerade erfahren, dass der Gholam Tylin in der Nacht unseres Aufbruchs ermordet hat, und ich bin nicht in Stimmung für Beschwerden.«
Joline markierte die Stelle sorgfältig mit einem verzierten Lesezeichen und faltete die Hände auf dem Buch, bevor sie sprach. Aes Sedai beeilten sich niemals; das erwarteten sie bloß von allen anderen. Ohne ihn hätte sie vermutlich mittlerweile selbst einen A’dam getragen, aber er hatte auch nie erlebt, dass Aes Sedai viel für Dankbarkeit übrighatten. Sie ignorierte das, was er von Tylin erzählt hatte. »Blaeric hat mir gesagt, dass der Zirkus im Aufbruch begriffen ist«, sagte sie kühl, »aber Ihr müsst ihn aufhalten. Luca hört nur auf Euch.« Bei diesen Worten spannten sich ihre Lippen leicht an. Aes Sedai waren es auch nicht gewöhnt, dass man nicht auf sie hörte, und die Grünen waren nicht gut darin, ihre Unzufriedenheit zu verbergen. »Wir müssen den Plan, nach Lugard zu gehen, für den Augenblick aufgeben. Wir müssen die Fähre über den Hafen nehmen und nach Illian reisen.«
Das war der dümmste Vorschlag, den er je von ihr gehört hatte, obwohl sie es natürlich keineswegs als Vorschlag gemeint hatte; in dieser Beziehung war sie noch schlimmer als Egeanin. Da die Hälfte oder fast die Hälfte der Zirkuswagen bereits unterwegs war, würde man den ganzen Tag benötigen, nur um alle zur Fährstelle zu bekommen, davon abgesehen, müssten sie die Stadt betreten. Die Reise nach Lugard brachte den Zirkus so schnell wie möglich von den Seanchanern weg, während sie entlang der Grenze zu Illian und möglicherweise sogar darüber hinaus überall Soldatenlager errichtet hatten. Egeanin zögerte, ihr Wissen preiszugeben, aber Thom hatte so seine Möglichkeiten, solche Dinge in Erfahrung zu bringen. Mat machte sich gar nicht erst die Mühe, mit den Zähnen zu knirschen. Er brauchte es nicht.
»Nein«, sagte Teslyn angespannt und mit starkem illianischem Akzent. Sie lehnte sich an Edesina vorbei und sah aus, als würde sie dreimal am Tag Felsen verspeisen, so hart war ihre Miene, aber die Wochen als Damane hatten ein nervöses Flackern in ihre Augen treten lassen. »Nein, Joline. Ich habe Euch gesagt, dass wir das nicht wagen können! Wir können es nicht wagen!«
»Beim Licht!«, fauchte Joline und warf ihr Buch zu Boden. »Reißt Euch endlich zusammen, Teslyn. Nur weil Ihr eine Zeit lang eine Gefangene gewesen seid, ist das noch lange kein Grund, sich derart gehen zu lassen!«
»Sich gehen zu lassen? Sich gehen zu lassen? Lasst Euch den Kragen um den Hals legen, dann wollen wir doch mal sehen, ob Ihr noch immer davon redet, sich gehen zu lassen!« Teslyns Hand fuhr zu ihrem Hals, als würde sie den A’dam noch immer dort spüren. »Helft mir, sie zu überzeugen, Edesina. Wenn wir sie nicht aufhalten, wird sie dafür sorgen, dass man uns wieder an die Leine legt!«
Edesina drückte sich an die Wand hinter dem Bett – sie war eine schlanke hübsche Frau, deren langes schwarzes Haar bis zu ihrer Taille reichte, die immer,
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