Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
wucherndes Astgestrüpp aussah, das zufällig die Form eines Stuhls angenommen hatte. In jedem anderen Raum in der Burg wäre er schrecklich fehl am Platz gewesen, aber in dieses Gemach passte er, wo jeder Gegenstand anders war, wo nichts miteinander zu tun hatte und doch alles im selben Thema vereint war: auf Reisen erhaltene Geschenke.
Das Erscheinungsbild der Grauen unterschied sich überraschend von dem beim Mahl mit Elaida. Das tief ausgeschnittene bunte Gewand war einem hochgeschlossenen Kleid in schlichter weißer Farbe gewichen, das so geschnitten war, als sollte es ihren Busen kaschieren. Das dunkelblonde Haar war zu einem Knoten gebunden, und sie trug nicht ein einziges Stück Schmuck. War dieser Kontrast beabsichtigt?
»Ihr habt Euch Zeit gelassen, mich zu Euch zu befehlen«, sagte Egwene.
»Ich wollte bei der Amyrlin keinen Verdacht erregen«, sagte Meidani, als Egwene über den exotischen Teppich aus Shara ging. »Außerdem bin ich mir noch immer nicht sicher, was ich von Euch halten soll.«
»Mir ist egal, was Ihr von mir haltet«, erwiderte Egwene und setzte sich auf einen übergroßen Stuhl aus Eiche, dessen Plakette ihn als das Geschenk eines Geldverleihers aus Tear identifizierte. »Eine Amyrlin muss nicht wissen, was jene von ihr halten, die ihr folgen, solange man ihr gehorcht.«
»Man hat Euch gefangen genommen und gestürzt.«
Egwene hob eine Braue und erwiderte Meidanis Blick. »Gefangen genommen, das ist richtig.«
»Der Saal der Rebellen wird mittlerweile eine neue Amyrlin gewählt haben.«
»Ich weiß zufällig, dass das nicht der Fall ist«, sagte Egwene.
Dann zögerte sie. Den Kontakt mit den Rebellen zu enthüllen war gewagt, aber wenn sie sich nicht die Loyalität von Meidani und den Spionen sichern konnte, dann befand sie sich auf sehr wackligem Boden. Sie war von der Annahme ausgegangen, dass es nicht schwerfallen würde, die Unterstützung dieser Frau zu gewinnen, nicht, wenn man bedachte, welche Angst Meidani bei diesem Essen gezeigt hatte. Aber anscheinend war sie doch nicht so leicht einzuschüchtern, wie es den Anschein gehabt hatte.
»Nun«, sagte Meidani. »Selbst wenn das die Wahrheit sein sollte, müsst Ihr wissen, dass sie Euch nur als Galionsfigur ausgesucht haben. Eine Marionette, die man lenken kann.«
Egwene erwiderte den Blick der Frau.
»Ihr verfügt über keine richtige Autorität«, sagte Meidani mit leicht schwankender Stimme.
Egwene senkte den Blick nicht. Meidani studierte sie; ganz langsam runzelte sie die Stirn, erschienen Falten auf dem glatten alterslosen Aes Sedai-Gesicht. Sie suchte in Egwenes Augen, wie ein Steinmetz einen Stein nach Fehlern untersuchte, bevor er ihn an Ort und Stelle beförderte. Was sie dort fand, schien sie nur noch mehr zu verwirren.
»Ihr werdet mir jetzt ganz genau erklären, warum Ihr nicht aus der Burg geflohen seid«, sagte Egwene, als hätte man sie gerade nicht infrage gestellt. »Zwar bin ich der Meinung, dass es durchaus nützlich ist, wenn Ihr Elaida ausspioniert, aber Ihr müsst doch wissen, in welcher Gefahr Ihr nun schwebt, da sie weiß, wo Eure wahre Loyalität liegt. Warum geht Ihr nicht?«
»Das … kann ich nicht sagen«, antwortete Meidani und schaute zur Seite.
»Ich befehle es Euch als Eure Amyrlin.«
»Ich kann es trotzdem nicht sagen.« Meidani schaute zu Boden, als würde sie sich schämen.
Seltsam, dachte Egwene und verbarg ihren Unmut. »Es ist offensichtlich, dass Ihr den Ernst Eurer Situation nicht begreift. Entweder Ihr akzeptiert meine Autorität, oder Ihr akzeptiert Elaidas. Da gibt es keine Position in der Mitte, Meidani. Und eines kann ich Euch versprechen: sollte Elaida den Sitz der Amyrlin behalten, werdet Ihr nicht erfreulich finden, wie sie mit denjenigen umgehen wird, die sie als Verräter betrachtet.«
Meidani starrte noch immer zu Boden. Trotz ihres anfänglichen Widerstands hatte es den Anschein, als verfügte sie nun über keine große Willenskraft mehr.
»Ich verstehe.« Egwene erhob sich. »Ihr habt uns verraten, nicht wahr? Seid Ihr zu Elaidas Seite übergelaufen, bevor man Euch entlarvt hat, oder erst nach Beonins Geständnis?«
Meidani sah sofort auf. »Was? Nein! Ich habe unsere Sache nicht verraten!« Ihr schien schlecht zu sein, sie war ganz blass, und ihr Mund war nur ein schmaler Strich. »Wie könnt Ihr nur glauben, dass ich diese schreckliche Frau unterstützen würde? Ich hasse, was sie der Burg angetan hat.«
Nun, das war eindeutig genug; diese Behauptungen
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