Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
Falkenflügels auf den Boden.
»Nun, dann sollten wir mit Eurem Unterricht weitermachen«, sagte Bennae und ließ sich in ihren Stuhl zurücksinken.
Egwene ließ sich nichts anmerken. Hatte Bennae um die Gelegenheit gebeten, sie weiter zu unterrichten? Oder hatte man sie dazu genötigt? Es wäre nicht das erste Mal, dass eine unkomplizierte Braune Schwester mehrfach zu einer Arbeit zwangsverpflichtet wurde, die sonst keiner wollte.
Nach Bennaes Bitten erschuf Egwene eine Reihe von Geweben, die weit über die Fähigkeiten der meisten Novizinnen hinausgegangen wären, die ihr aber trotz der Beschneidung ihrer Macht durch die Spaltwurzel leichtfielen. Sie versuchte Bennae die Ansicht der Braunen über den Standortwechsel ihres Quartiers zu entlocken, aber wie die meisten Braunen, mit denen sie gesprochen hatte, zog sie es vor, dieses Thema zu meiden.
Egwene erschuf weitere Gewebe. Nach einer Weile fragte sie sich, was sie eigentlich hier sollte. Hatte Bennae sie nicht bei ihrem letzten Besuch gebeten, genau dieselben Gewebe zu demonstrieren?
»Sehr gut«, sagte Bennae und holte sich eine Tasse Tee aus dem Kessel, der auf einem kleinen Kohlebecken stand und warm gehalten wurde. Egwene bot sie keine Tasse an. »Darin seid Ihr ja recht geschickt. Aber ich weiß nicht. Habt Ihr denn auch den nötigen scharfen Verstand und die Fähigkeit, mit schwierigen Situationen umgehen zu können, die eine Aes Sedai haben muss?«
Egwene erwiderte nichts darauf, schenkte sich allerdings ohne zu fragen eine Tasse Tee ein. Bennae hatte keine Einwände.
»Mal sehen …«, dachte Bennae laut nach. »Einmal angenommen, Ihr wärt in einer Situation, in der Ihr Probleme mit ein paar Angehörigen Eurer eigenen Ajah habt. Ihr seid zufällig auf Informationen gestoßen, die Ihr eigentlich nicht wissen dürft, und die Anführer Eurer Ajah sind sehr aufgebracht darüber. Plötzlich bekommt Ihr einige sehr unerfreuliche Pflichten aufgetragen, als wollte man, dass Ihr von der Bildfläche verschwindet. Sagt mir doch, was würdet Ihr in so einer Situation tun?«
Beinahe hätte sich Egwene an ihrem Tee verschluckt. Die Braune war nicht besonders subtil. Also hatte sie angefangen, Fragen über das Dreizehnte Depositorium zu stellen, oder? Und das hatte sie in Schwierigkeiten gebracht? Eigentlich durften nur wenige über die Geheimgeschichte Bescheid wissen, die Egwene bei ihrem letzten Besuch so nebensächlich erwähnt hatte.
»Nun«, sagte sie und trank einen Schluck. »Lasst mich das mit einer vorurteilsfreien Sicht angehen. Ich glaube, das sollte man am besten vom Standpunkt der Anführerinnen der Ajahs betrachten.«
Bennae runzelte leicht die Stirn. »Ich denke schon.«
»Nun, in der von Euch beschriebenen Situation können wir von der Annahme ausgehen, dass man diese Geheimnisse der Ajah zur Bewahrung anvertraut hat? Ah, gut. Nun, aus ihrer Sicht brachte man wichtige und sorgfältig geschmiedete Pläne in Unordnung. Überlegt, wie das aussehen muss. Jemand hat Geheimnisse erfahren, die ihn nichts angehen. Das weist auf ein Leck irgendwo unter den vertrauenswürdigsten Anhängern hin.«
Bennae wurde blass. »Ich glaube, das könnte man so sehen.«
»Dann lässt sich diese Situation am besten mit zwei Aktionen meistern.« Egwene trank noch einen Schluck Tee. Er schmeckte fürchterlich. »Erstens sollte man die Anführer der Ajah beruhigen. Sie müssen wissen, dass das Durchsickern der Information nicht ihr Fehler war. Wäre ich die hypothetische Schwester, die Ärger hat – und hätte ich nichts Falsches getan –, würde ich zu ihnen gehen und es erklären. Auf diese Weise könnten sie mit der Suche nach derjenigen aufhören, die die Information weitergegeben hat.«
»Aber das wird der Schwester – der hypothetischen Schwester, die Ärger hat – vermutlich nicht dabei helfen«, sagte Bennae, »ihre Strafen aufzuheben.«
»Es könnte nicht schaden«, sagte Egwene. »Vermutlich wird sie ja nur ›bestraft‹, damit sie nicht im Weg ist, während die Anführer der Ajah nach einem Verräter suchen. Wenn sie wissen, dass es den gar nicht gibt, werden sie eher geneigt sein, die Situation der gestrauchelten Schwester mit Mitgefühl zu betrachten. Vor allem, nachdem sie ihnen eine Lösung angeboten hat.«
»Eine Lösung?«, fragte Bennae. Sie hielt die Teetasse, als hätte sie sie ganz vergessen. »Und an welche Lösung hättet Ihr da gedacht?«
»Die beste, die es gibt: Kompetenz. Offensichtlich sind diese Geheimnisse einigen
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