Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
bereitete – sie hatte nichts gegen die Hausarbeiten, die sie jeden Tag verrichtete. Es war der mangelnde Kontakt mit den anderen Schwestern, der sie vernichten würde. Wie sollte sie die Weiße Burg wieder vereinen? Beim Licht! Das war eine Katastrophe.
Sie biss die Zähne zusammen und bezwang ihre Gefühle. Dann erwiderte sie Katerines Blick und sagte: »Gut. Lasst uns gehen.«
Katerine blinzelte. Offensichtlich hatte sie einen Wutanfall erwartet oder zumindest eine Auseinandersetzung. Aber das war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Egwene wandte ihre Schritte der Küche zu und ließ das Quartier der Weißen hinter sich zurück. Sie durfte sie nicht wissen lassen, wie effektiv diese Bestrafung war.
Unterwegs kämpfte sie ihre Panik nieder; die höhlenartigen Gänge in den Tiefen der Burg waren mit in Haltern steckenden, langen und geschmeidigen Lampen versehen, die an Schlangenköpfe erinnerten, die winzige Flammen zur Decke spuckten. Sie konnte damit fertigwerden. Sie würde damit fertigwerden. Sie würden sie nicht brechen.
Vielleicht sollte sie ein paar Tage lang arbeiten und dann so tun, als hätte man ihr Demut eingebläut. Sollte sie den Knicks machen, den Elaida forderte? Eigentlich war das nur eine Kleinigkeit. Ein Knicks, und sie könnte sich wieder um ihre wichtigeren Pflichten kümmern.
Nein. Nein, damit würde es nicht aufhören. Ich würde in dem Augenblick verlieren, in dem ich das erste Mal einen Knicks mache.
Nachzugeben würde Elaida beweisen, dass man ihren Willen brechen konnte. Den Knicks zu machen wäre der Anfang in den Abstieg in die Vernichtung. Danach würde Elaida verlangen, dass sie die Aes Sedai mit ihrem Ehrentitel ansprach. Die falsche Amyrlin würde sie zurück an die Arbeit schicken, in dem Wissen, dass es schon einmal funktioniert hatte. Würde sie sich dann auch beugen? Wie lange würde es wohl dauern, bevor sie jegliche Glaubwürdigkeit verspielt hatte und in die Fliesen der Burgkorridore getrampelt worden war?
Sie konnte sich nicht beugen. Die Prügelstrafen hatten ihr Verhalten nicht beeinflussen können; der Arbeitseinsatz durfte sie ebenfalls nicht verändern.
Drei Stunden Arbeit in der Küche konnten ihre Stimmung kaum aufhellen. Laras, die derbe Herrin der Küchen, hatte ihr befohlen, einen der kaminähnlichen Öfen zu schrubben. Es war eine schmutzige Arbeit, die Nachdenken nicht förderte. Nicht, dass es viele Auswege aus ihrer Situation gegeben hätte.
Egwene hockte sich auf die Fersen, hob den Arm und fuhr sich über die Stirn. Nun war auch der Ärmel voller Ruß. Sie seufzte leise; Mund und Nase wurden von einem feuchten Tuch geschützt, um nicht zu viel Asche einzuatmen. Ihr Atem fühlte sich heiß und stickig an, auf ihrer Haut klebte der Schweiß. Die Tropfen, die sich von ihrem Gesicht lösten, waren ebenfalls mit Ruß geschwärzt. Durch das Tuch konnte sie den dumpfen Geruch der Asche riechen, die zahllose Male verbrannt worden war.
Der Kaminofen war eine rechteckige Konstruktion aus gebrannten roten Ziegeln. An beiden Seiten offen war er groß genug, dass man hineinkriechen konnte – was Egwene auch tun musste. Auf der Innenseite des Abzugs hatten sich dunkle Krusten gebildet, die man abschrubben musste, damit sie den Kamin nicht irgendwann verstopften oder sich lösten und ins Essen fielen. Draußen im Speisesaal konnte sie Katerine und Lirene plaudern und lachen hören. Gelegentlich steckten die Roten den Kopf durch die Tür, um sie zu überprüfen, aber ihre eigentliche Aufpasserin war Laras, die auf der anderen Seite des Raumes Töpfe spülte.
Für diese Arbeit war Egwene in ein Arbeitskleid geschlüpft. Einst war es weiß gewesen, aber Novizinnen hatten es speziell zum Ofenreinigen benutzt, und der Ruß hatte sich im Stoff festgesetzt. Überall wies er graue Flecken auf, wie Schatten.
Sie rieb sich das Kreuz, ließ sich wieder auf Hände und Knie nieder und kroch tiefer in den Kamin. Mit einem kleinen Holzkratzer stocherte sie Ascheklumpen aus den Spalten zwischen den Ziegeln, dann sammelte sie sie auf und warf sie in Messingeimer, deren Ränder weiß und grau mit Asche gepudert waren. Ihre erste Aufgabe hatte darin bestanden, sämtlichen losen Ruß herauszugraben und in die Eimer zu füllen. Ihre Hände waren von der Arbeit so schwarz geworden, dass sie Angst hatte, sie selbst durch gründliches Schrubben nicht mehr sauber zu bekommen. Ihre Knie schmerzten, und sie bildeten ein seltsames Gegengewicht zu ihrem Hintern, der noch immer von den
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