Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
Kleinigkeit, aber immer noch mehr, als ich von draußen erreichen könnte. Kommt. Ich muss noch zwei Stunden arbeiten.«
Sie drehte sich um und verließ die Speisekammer. Eine zögernde Laras schloss die Falltür zu ihrem Versteck und folgte ihr dann. Jetzt machte sie beim Gehen viel mehr Lärm, strich an Theken vorbei, trat lautstark auf. Seltsam, dass sie so leise sein konnte, wenn sie nur wollte.
Rotes Tuch blitzte auf, wie das Blut eines toten Hasen im Schnee, eilte durch die Küche. Egwene erstarrte, als Katerine sie erspähte. Die Aes Sedai trug ein Kleid mit einem blutroten Rock und gelbem Besatz. Ihre Lippen waren verkniffen, die Augen ganz schmal. Hatte sie gesehen, wie sich Laras und Egwene verdrückten?
Laras erstarrte.
»Ich verstehe jetzt, was ich falsch gemacht habe«, sagte Egwene gedankenschnell zu der Herrin der Küchen und blickte zu einem zweiten Herd, der in der Nähe der Speisekammer stand. »Danke, dass Ihr es mir gezeigt habt. Ich werde besser aufpassen.«
»Macht das«, erwiderte Laras und streifte ihre Bestürzung ab. »Sonst erlebt Ihr, wie eine richtige Bestrafung aussieht, nicht wie diese halbherzigen Streicheleinheiten, die die Herrin der Novizinnen verteilt. Jetzt schert Euch wieder zurück an die Arbeit.«
Egwene nickte und eilte zu der Feuerstelle zurück. Katerine hob die Hand, um sie aufzuhalten. Egwenes Herz trommelte verräterisch.
»Das ist nicht nötig«, sagte Katerine. »Die Amyrlin will, dass die Novizin sie heute Abend bedient. Ich habe der Amyrlin gesagt, dass ein Tag Arbeit wohl niemandem den Kopf zurechtrückt, der so verstockt wie dieses Mädchen ist, aber sie besteht darauf. Vermutlich bekommt Ihr Eure erste Chance, Eure Demut zu beweisen, Kind. Ich schlage vor, Ihr ergreift sie.«
Egwene schaute auf ihr schmutziges Kleid und die geschwärzten Hände.
»Geht schon, lauft. Wascht Euch. Die Amyrlin lässt man nicht warten.«
Sich zu waschen erwies sich als beinahe genauso schwierig, wie die Feuerstelle zu reinigen. Der Ruß hatte sich so tief in ihre Hände eingegraben wie in das Kleid. Egwene verbrachte den größten Teil einer Stunde in einer Wanne voll lauwarmem Wasser und versuchte sich herzurichten. Die Fingernägel waren vom Abkratzen der Ziegel zerbrochen, und anscheinend wusch sie jedes Mal, wenn sie ihr Haar ausspülte, einen ganzen Eimer voll Rußflocken aus.
Dennoch war sie froh für die Gelegenheit. Sie hatte nur selten Zeit zum Baden; für gewöhnlich kam sie gerade zu einer hektischen Katzenwäsche. Während sie sich in dem kleinen, grau gefliesten Raum schrubbte, dachte sie über ihren nächsten Schritt nach.
Sie hatte eine Gelegenheit zur Flucht ausgeschlagen. Das bedeutete, dass sie mit Elaida und ihren Roten arbeiten musste, die einzigen Schwestern, die sie zu Gesicht bekam. Aber konnte man sie dazu bringen, ihre Fehler einzusehen? Sie wünschte, sie könnte die ganze Bande zur Buße schicken und sie endlich los sein.
Aber nein. Sie war die Amyrlin; sie repräsentierte alle Ajahs, die Roten eingeschlossen. Sie konnte sie nicht behandeln, wie Elaida die Blauen behandelt hatte. Sie standen ihr am feindseligsten gegenüber, aber das machte sie nur zu einer größeren Herausforderung. Mit Silviana schien sie ein paar kleine Fortschritte zu machen, und hatte Lirene Doirellin nicht sogar zugegeben, dass Elaida ein paar ernste Fehler gemacht hatte?
Vielleicht waren die Roten nicht die Einzigen, die sie beeinflussen konnte. Man begegnete ständig anderen Schwestern im Korridor. Wenn eine davon auf sie zukam, um mit ihr zu sprechen, konnten die Roten sie wohl kaum fortschleppen. Sie würden einen gewissen Anstand zeigen, und das würde Egwene Gelegenheit geben, einen gewissen Kontakt zu anderen Schwestern zu pflegen.
Aber wie sollte sie mit Elaida umgehen? War es klug, die falsche Amyrlin weiterhin in dem Glauben zu lassen, dass sie so gut wie gebrochen war? Oder war der Augenblick gekommen, Stellung zu beziehen?
Am Ende des Bades fühlte sich Egwene wesentlich sauberer und vor allem selbstbewusster. Ihr Krieg hatte eine ernsthafte Wendung zum Schlimmeren genommen, aber noch konnte sie kämpfen. Eilig bürstete sie sich das feuchte Haar, schlüpfte in ein frisches Novizinnenkleid – wie gut sich der weiche, saubere Stoff doch auf ihrer Haut anfühlte! – und begab sich zu ihren Aufpasserinnen.
Sie eskortierten sie hinauf zu den Gemächern der Amyrlin. Egwene passierte mehrere Gruppen von Schwestern, und sie hielt sich ihretwegen bewusst
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