Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
Tam war echt . Bestimmt und beständig. Allein sein Anblick spendete Trost.
Aber Trost stand im Widerspruch zu dem, der Rand geworden war. Seine Welten – die Person, die er gewesen war, und die Person, zu der er geworden war – waren wie ein Wasserguss, der auf einen glühend heißen Stein traf. Der eine zerbrach, der andere verwandelte sich in Dampf.
Tam stand zögernd in der Balkontür, angestrahlt von zwei flackernden Stehlampen. Rand verstand Tams Zögern. Sie waren nicht Blutvater und Sohn. Rands Blutvater war Janduin gewesen, Clanhäuptling der Taardad Aiel. Tam war bloß der Mann, der Rand an den Hängen des Drachenberges gefunden hatte.
Bloß der Mann, der ihn großgezogen hatte. Bloß der Mann, der ihm alles beigebracht hatte, was er wusste. Bloß der Mann, den Rand liebte und verehrte, und das würde sich nie ändern, ganz egal, wie ihre Blutverbindung war.
»Rand.« Tams Stimme klang unbehaglich.
»Bitte«, sagte Rand und bezwang seine Überraschung. »Bitte setz dich doch.«
Tam nickte. Er schloss die Balkontür, dann ging er zu einem der Stühle. Rand setzte sich ebenfalls. Sie starrten einander quer durch den Raum an. Die Steinwände waren nackt; Rand zog sie ohne Gemälde oder Wandbehänge vor. Der Teppich war gelb und rot und so groß, dass er alle vier Wände erreichte.
Das Zimmer fühlte sich zu perfekt an. Eine Vase mit frisch geschnittenen Daralilien und Calimablüten stand dort, genau da, wo sie stehen musste. Die Stühle in der Mitte, viel zu korrekt arrangiert. Das Zimmer sah nicht bewohnt aus. Wie so viele Orte, an denen Rand gewesen war, war es nicht sein Zuhause. Er hatte kein richtiges Zuhause mehr gehabt, seit er die Zwei Flüsse verlassen hatte.
Tam saß auf einem Stuhl, Rand auf einem anderen. Rand wurde sich bewusst, dass er noch immer den Zugangsschlüssel hielt, also stellte er ihn auf dem mit Sonnen gemusterten Teppich ab. Tam warf einen Blick auf Rands Stumpf, sagte aber nichts. Er verschränkte die Hände, wünschte sich vermutlich, etwas für sie zu tun zu haben. Tam hatte immer lieber über unangenehme Dinge gesprochen, wenn er seine Hände beschäftigen konnte, ob er nun die Riemen eines Geschirrs kontrollierte oder ein Schaf schor.
Beim Licht, dachte Rand und verspürte den plötzlichen Drang, Tam in eine Umarmung zu reißen. Erinnerungen und das Gefühl von Nähe stiegen wie eine Flut in ihm auf. Tam, der für Bel Tine Branntwein in die Weinquellen-Schenke lieferte. Das Vergnügen, das Tam an seiner Pfeife hatte. Seine Geduld und seine Freundlichkeit. Das Schwert mit dem Reiherzeichen, das ihm gehörte. Ich kenne ihn so gut. Und doch habe ich in letzter Zeit nur selten an ihn gedacht.
»Wie …«, sagte Rand. »Tam, wie kommst du her? Wie hast du mich gefunden?«
Tam kicherte leise. »In den letzten Tagen hast du ununterbrochen Boten in die größten Städte der Welt geschickt und ihnen befohlen, ihre Heere für den Krieg aufzustellen. Ich glaube, ein Mann müsste blind, taub und betrunken sein, um nicht zu wissen, wo du zu finden bist.«
»Aber meine Boten sind nicht zu den Zwei Flüssen gereist!«
»Dort war ich auch nicht«, sagte Tam. »Ein paar von uns haben an Perrins Seite gekämpft.«
Natürlich, dachte Rand. Nynaeve musste mit Perrin Kontakt aufgenommen haben. Sie machte sich wegen ihm und Mat ja so große Sorgen. Es wäre leicht für Tam gewesen, sie auf dem Rückweg zu begleiten.
Führten sie diese Unterhaltung tatsächlich? Rand hatte den Gedanken aufgegeben, zu den Zwei Flüssen zurückzukehren, seinen Vater jemals wiederzusehen. Mit ihm sprechen zu können fühlte sich so gut an, auch wenn es zugleich unbehaglich war. Tams Gesicht wies mehr Falten als zuvor auf, und ein paar Strähnen in seinem Haar hatten endlich aufgegeben und waren ergraut, aber er war noch immer derselbe.
So viele Menschen in Rands Umgebung hatten sich verändert – Mat, Perrin, Egwene, Nynaeve –, es war ein Wunder, jemandem aus seinem alten Leben zu begegnen, der derselbe geblieben war. Tam, der Mann, der Rand beigebracht hatte, das Nichts zu suchen. Tam war ein Felsen, der ihm stärker als der Stein von Tear vorkam.
Rands Stimmung verdüsterte sich. »Warte. Perrin hat Männer aus den Zwei Flüssen bei sich?«
Tam nickte. »Er brauchte uns. Der Junge hat einen Hochseilakt hingelegt, der jeden Menagerieartisten beeindrucken würde. Mit den Seanchanern und den Männern des Propheten, ganz zu schweigen von den Weißmänteln und der Königin …«
»Der
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