Das Rad der Zeit 13. Das Original: Mitternachtstürme (German Edition)
Klasse zurückstufen werdet.«
»Unsinn«, sagte Elayne. »Das ist doch völlig idiotisch!«
»Offensichtlich.« Norry nickte. »Aber es gibt viele Gerüchte. Sie neigen dazu, wie Schlingpflanzen zu wuchern. Diese Ansicht ist weitverbreitet.«
Elayne knirschte mit den Zähnen. Die Welt verwandelte sich schnell in einen Ort für jene mit starken Bündnissen, geknüpft mit Banden aus Blut und Papier. Sie hatte eine bessere Chance als jede andere Königin seit Generationen, Cairhien und Andor zu vereinen. »Wissen wir, wer diese Gerüchte in Umlauf gebracht hat?«
»Das ist sehr schwierig genau festzustellen, meine Lady«, sagte Norry.
»Wer hat den größten Nutzen?«, wollte Elayne wissen. »Dort sollten wir zuerst nach der Quelle suchen.«
Norry sah Dyelin an.
»Alle möglichen Leute könnten daraus Nutzen ziehen«, sagte Dyelin und rührte ihren Tee um. »Ich würde sagen, dass diejenigen am meisten profitieren, die die größten Aussichten auf den Thron haben.«
»Die, die sich Rand widersetzt haben«, mutmaßte Elayne.
»Vielleicht.« Dyelin zuckte mit den Schultern. »Vielleicht auch nicht. Der Drache hat den stärksten rebellischen Elementen große Aufmerksamkeit geschenkt, und viele von ihnen wurden entweder gebrochen oder bekehrt. Also sollten wir vermutlich seine Verbündeten in Betracht ziehen, denen er am meisten vertraut oder die ihm von ganzem Herzen die Treue schworen. Schließlich reden wir hier von Cairhien.«
Daes Dae’mar. Ja, es war gut vorstellbar, dass Rands Verbündete gegen ihre Thronbesteigung waren. Sollte sich Elayne als unfähig erweisen, dann würden die, die Rand bevorzugt hatte, auch für den Thron bevorzugt werden. Allerdings würden dieselben Leute ihre Chancen unterminiert haben, weil sie ihre Treue für einen ausländischen Anführer bekundet hatten.
»Man sollte annehmen«, sagte Elayne nachdenklich, »dass die im Mittelfeld die besten Aussichten auf den Thron haben. Jeder, der sich nicht gegen Rand stellte und so seinen Zorn auf sich zog. Aber auch jemand, der ihn nicht zu übertrieben unterstützt hat – jemand, den man als Patrioten betrachten kann und der zögernd vortritt und die Macht ergreift, nachdem ich gescheitert bin.« Sie musterte die beiden. »Besorgt mir die Namen von allen, die in letzter Zeit beträchtlich an Einfluss gewonnen haben, ein Adliger oder eine Frau, die diese Kriterien erfüllen.«
Dyelin und Meister Norry nickten. Irgendwann würde sie vermutlich ein stärkeres Netzwerk aus Augen-und-Ohren erschaffen müssen, da keiner der beiden übermäßig dazu geeignet war, sie zu leiten. Norry war zu durchschaubar, und er hatte bereits genug zu tun mit seinen anderen Pflichten. Dyelin war … nun. Elayne war sich nicht sicher, was genau Dyelin war.
Sie stand tief in Dyelins Schuld, die sich anscheinend zur Aufgabe gemacht hatte, für sie eine Ersatzmutter zu sein. Eine Stimme der Erfahrung und Weisheit. Aber irgendwann würde sie ein paar Schritte zurücktreten müssen. Keiner von ihnen konnte es sich leisten, den Eindruck zu unterstützen, dass Dyelin die wahre Macht hinter dem Thron darstellte.
Aber beim Licht! Was hätte sie nur ohne diese Frau gemacht? Elayne musste sich gegen die plötzliche Gefühlsaufwallung stählen. Blut und verdammte Asche, wann würde sie endlich diese verdammten Gemütsschwankungen los sein? Eine Königin konnte es sich nicht erlauben, dass man sie bei jeder lächerlichen Gelegenheit weinen sah!
Elayne tupfte sich die Augen ab. Klugerweise enthielt sich Dyelin jeden Kommentars.
»Das wird das Beste sein«, sagte Elayne fest, um die Aufmerksamkeit von ihren verräterischen Augen abzulenken. »Ich mache mir noch immer Sorgen wegen der Invasion.«
Dazu sagte Dyelin nichts. Sie glaubte nicht, dass Chesmal von einer bestimmten Invasion Andors gesprochen hatte; ihrer Meinung nach hatte die Schwarze Schwester die Trolloc-Invasion der Grenzlande gemeint. Birgitte nahm das viel ernster und verstärkte die Truppen an den Grenzen. Trotzdem hätte Elayne wirklich gern die Kontrolle über Cairhien gehabt; falls Trollocs gegen Andor marschierten, würde ihr Schwesterreich möglicherweise einer der Aufmarschwege sein.
Aber bevor die Unterhaltung weitergehen konnte, öffnete sich die Tür zum Korridor, und Elayne wäre alarmiert zusammengezuckt, hätte sie nicht gefühlt, dass es sich um Birgitte handelte. Die Behüterin klopfte nie an. Sie trug ein Schwert, das sie nur zögernd angelegt hatte, und ihre kniehohen schwarzen Stiefel.
Weitere Kostenlose Bücher