Das Rad der Zeit 13. Das Original: Mitternachtstürme (German Edition)
und sie sind etwas länger als die meisten.«
»Aber sicher«, sagte der schlanke Mann, schnallte den Armschutz ab und reichte den Bogen weiter.
Androl befestigte den Armschutz und hob den Bogen. Er war aus schwarzer Eibe gemacht, und die Sehne war nicht ganz so straff gespannt, wie er es gewohnt war. Jonneth reichte ihm einen Pfeil, und Androl machte es ihm nach und spannte die Sehne bis zur Wange.
»Beim Licht!«, sagte er, als er die Zugkraft spürte. »Eure Arme sind täuschend klein, Jonneth. Wie könnt Ihr damit nur zielen? Ich kann ihn kaum ruhig halten!«
Jonneth lachte, als Androls Arme zitterten und er schließlich losließ, weil er den Bogen keinen Atemzug länger gespannt halten konnte. Der Pfeil schlug weit vom Ziel entfernt in den Boden ein. Er gab Jonneth den Bogen zurück.
»Das war nicht übel, Androl«, meinte Jonneth. »Viele Männer schaffen es nicht einmal, den Bogen zu spannen. Gebt mir zehn Jahre, und ich bringe Euch bei, wie man schießt, als wärt Ihr in den Zwei Flüssen geboren.«
»Ich bleibe lieber bei Kurzbögen«, sagte Androl. »So ein Monstrum könnte man niemals aus dem Sattel abschießen.«
»Das brauche ich auch nicht!«, sagte Jonneth.
»Und wenn man Euch verfolgt?«
»Sind es weniger als fünf Männer, dann würde ich sie hiermit alle niederstrecken, bevor sie mich erwischen«, sagte Jonneth. »Und sollten es mehr als fünf sein, wieso schieße ich dann überhaupt auf sie? Ich sollte rennen, als wäre der Dunkle König leibhaftig hinter mir her.«
Die Männer kicherten, aber Androl erwischte Emarin dabei, wie er ihn musterte. Vermutlich fragte sich der Mann, woher er wusste, wie man aus dem Sattel schoss. Er war wirklich aufmerksam, dieser Adlige. Er würde sich vorsehen müssen.
»Und was ist das?«, fragte eine Stimme. »Wollt Ihr Bogenschießen lernen, Page? Damit Ihr Euch verteidigen könnt?«
Androl biss die Zähne zusammen und drehte sich um, während Coteren herbeischlenderte. Er war ein stämmiger Mann, der sein schwarzes öliges Haar lang und offen trug. Es hing um ein ungehobeltes Gesicht mit feisten Wangen. Sein Blick war konzentriert, gefährlich. Er lächelte. Das Lächeln eines Katers, der eine Maus zum Spielen gefunden hatte.
Androl schnallte ohne Aufhebens den Armschutz ab und gab ihn Jonneth. Coteren war ein vollwertiger Asha’man, ein persönlicher Freund des M’Hael. Sein Rang war um Längen höher als der eines jeden Anwesenden.
»Der M’Hael wird davon hören«, sagte Coteren. »Ihr ignoriert eure Lektionen. Ihr werdet keine Pfeile oder Bögen brauchen – nicht, wenn ihr mit der Macht töten könnt!«
»Wir ignorieren gar nichts«, erwiderte Nalaam stur.
»Seid still, mein Junge«, wies Androl ihn zurecht. »Achtet auf Euren Tonfall.«
Coteren lachte. »Hört auf den Pagen. Der M’Hael würde auch von eurer Respektlosigkeit erfahren.« Er konzentrierte sich auf Androl. »Ergreift die Quelle.«
Zögernd gehorchte Androl. Die Süße von Saidin floss in ihn hinein, und er warf einen nervösen Blick zur Seite. Von den Schatten war nichts zu sehen.
»Wie erbärmlich«, sagte Coteren. »Zerstört den Stein da drüben!«
Er war viel zu groß für ihn. Aber er hatte es schon zuvor mit Rüpeln zu tun gehabt, und Coteren war ein Rüpel der gefährlichsten Sorte – einer mit Macht und Autorität. Am besten gab man nach. Verlegenheit war eine geringe Strafe. Das war etwas, das nur wenige Rüpel zu verstehen schienen.
Androl webte das erforderliche Gewebe aus Feuer und Erde und richtete es auf den großen Stein. Das dünne Gewebe hielt beinahe die ganze Macht, zu der er fähig war, aber sie sprengte bloß ein paar Splitter von dem Stein.
Coteren lachte herzlich, genau wie die Gruppe der Geweihten, die unter einem Baum in der Nähe aßen. »Verfluchte Asche, Ihr seid so nutzlos!«, sagte Coteren. »Vergesst, was ich eben sagte, Page! Ihr braucht diesen Bogen!«
Androl ließ die Eine Macht los. Coteren hatte seinen Spaß gehabt; er würde zufrieden sein. Unglücklicherweise fühlte er, wie die Männer hinter ihm die Quelle ergriffen. Jonneth, Canler und Nalaam bauten sich neben ihm auf, und jeder von ihnen war mit der Einen Macht gefüllt und bebte vor Zorn.
Die Männer, die gegessen hatten, standen auf; sie hielten ebenfalls die Quelle. Es waren doppelt so viele wie Androls Freunde. Coteren grinste tückisch.
Androl sah Canler und die anderen an. Er hob die Hand. »Jungs, Asha’man Coteren tut bloß, was ihm der M’Hael befohlen hat. Er
Weitere Kostenlose Bücher