Das Rad der Zeit 13. Das Original: Mitternachtstürme (German Edition)
sie viel beruhigender als Beslans anscheinend unerschütterliche Loyalität. Mit Ersterem wusste sie umzugehen. Mit Letzterem … nun, sie war sich einfach noch nicht darüber im Klaren, was sie davon zu halten hatte. Würde Matrim genauso loyal sein? Wie würde das wohl sein, einen Prinz der Raben zu haben, gegen den sie keine Ränke schmieden musste? Es erschien beinahe wie ein Märchen, die Art von Geschichte, die man Kindern aus dem Volk erzählte, damit sie von unmöglichen Vermählungen träumten.
»Das ist unglaublich!«, sagte Beslan. »Allerhöchste, mit dieser Fertigkeit …« Seine Stellung ließ ihn zu den wenigen gehören, die direkt mit ihr sprechen durften.
»Die Kaiserin will wissen«, übersetzte Selucia Fortuonas Gesten, »ob eine der gefangen genommenen Marath’Damane von der Waffe gesprochen hat.«
»Sagt der allerhöchsten Kaiserin – möge sie ewig leben –, dass sie das nicht taten«, sagte Melitene besorgt. »Und wenn ich so kühn sein darf, ich glaube, dass sie nicht lügen. Anscheinend war die Explosion außerhalb der Stadt ein einmaliger Zwischenfall – das Resultat eines unbekannten Ter’angreals , das auf falsche Weise benutzt wurde. Vielleicht gibt es ja keine Waffe.«
Das war möglich. Fortuona zweifelte bereits an der Richtigkeit dieser Gerüchte. Die Explosion hatte sich vor ihrer Ankunft in Ebou Dar ereignet, und die Einzelheiten waren verwirrend. Vielleicht war das alles nur ein Täuschungsmanöver von Suroth oder ihren Feinden gewesen.
»Generalhauptmann«, sagte die Stimme. »Die Allerhöchste wünscht zu wissen, wie Ihr eine Macht wie dieses Reisen einsetzen würdet.«
»Das käme darauf an«, sagte Galgan und rieb sich das Kinn. »Wie groß ist die Reichweite? Wie groß kann sie dieses Portal machen? Sind alle Damane dazu fähig? Gibt es Einschränkungen, wo man ein Loch öffnen kann? Wenn es der Allerhöchsten gefällt, werde ich mit den Damane sprechen und mir die Antworten verschaffen.«
»Es gefällt der Kaiserin«, sagte die Stimme.
»Das ist beunruhigend«, sagte Beslan. »Sie könnten hinter unseren Schlachtreihen angreifen. Sie könnten so ein Portal in den Gemächern der Kaiserin öffnen, möge sie ewig leben. Das … das wird alles verändern, was wir über den Krieg wissen.«
Die Totenwächter rührten sich – ein Zeichen großen Unbehagens. Allein Furyk Karede stand völlig reglos da. Falls überhaupt wurde sein Ausdruck nur noch härter. Fortuona wusste, dass er bald vorschlagen würde, sie jeden Abend in einem anderen Schlafgemach unterzubringen.
Sie dachte einen Augenblick lang nach und starrte den Riss in der Luft an. Diesen Riss in der Realität selbst. Dann stand sie im Bruch sämtlicher Traditionen vom Thron auf. Glücklicherweise war Beslan da, jemand, den sie direkt ansprechen konnte – und sollten die anderen ihre Befehle ebenfalls hören.
»Es gibt Berichte«, verkündete sie, »dass es in dem Ort namens Weiße Burg noch immer Hunderte Marath’Damane gibt. Sie sind der Schlüssel zur Zurückeroberung von Seanchan, der Schlüssel, dieses Land zu halten, und der Schlüssel zur Vorbereitung auf die Letzte Schlacht. Der Wiedergeborene Drache wird dem Kristallthron dienen.
Man hat uns eine Möglichkeit verschafft zuzuschlagen. Teilt dem Generalhauptmann mit, dass er seine besten Soldaten versammeln soll. Ich will, dass jede von uns kontrollierte Damane in die Stadt zurückgeholt wird. Wir werden ihnen dieses Reisen beibringen. Und dann schicken wir eine Streitmacht zur Weißen Burg. Bis jetzt haben wir ihnen nur Nadelstiche beigebracht. Jetzt werden wir sie das volle Gewicht unseres Schwertes spüren lassen. Alle Marath’Damane müssen angeleint werden.«
Sie setzte sich wieder und ließ Schweigen in den Raum einkehren. Es kam nur selten vor, dass die Kaiserin solche Proklamationen persönlich erledigte. Aber dies war eine Zeit für kühne Taten.
»Ihr solltet nicht erlauben, dass sich das herumspricht«, wandte sich Selucia mit fester Stimme an sie. Sie sprach jetzt in ihrer Rolle als Wahrheitssprecherin. »Es wäre dumm von Euch, den Feind mit Gewissheit wissen zu lassen, dass wir dieses Reisen haben.«
Fortuona holte tief Luft. Ja, das stimmte. Sie würde sich vergewissern, dass man jeden im Raum zum Stillschweigen verpflichtete. Aber sobald die Weiße Burg erobert war, würde man von ihrer Proklamation erzählen und die Omen ihres Sieges dem Himmel und der Welt um sie herum ablesen.
Wir werden bald zuschlagen müssen,
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