Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
und wir werden es mit Euch an der Spitze tun.«
Im schwindenden Licht ritten sie weiter, und eine Reihe Lanzenreiter nach der anderen salutierte Easar. Die Shienarer waren die besten Kavalleristen der Welt, und sie hatten zahllose Male auf diesen Felsen gekämpft und waren auch dort gestorben, als sie die fruchtbaren Länder des Südens verteidigt hatten.
»Ich werde da sein«, willigte Lan ein. »Die Last, die Ihr mir auferlegt habt, fühlt sich wie drei Berge an.«
»Ich weiß«, sagte Easar. »Aber wir werden Euch folgen, Dai Shan. Bis der Himmel zerrissen wird, bis der Stein unter unseren Füßen zerbricht und bis das Rad selbst aufhört, sich zu drehen. Oder, wenn es das Licht will, bis jedes Schwert den Frieden kennenlernt.«
»Was ist mit Kandor? Wenn die Königin herkommt, wer führt dann diese Schlacht an?«
»Die Weiße Burg reitet, um dort das Schattengezücht zu bekämpfen. Ihr habt den Goldenen Kranich gehisst. Wir hatten geschworen, Euch zu Hilfe zu kommen, also taten wir es.« Easar zögerte und sein Tonfall wurde grimmig. »Kandor kann nicht zurückerobert werden, Dai Shan. Die Königin gibt es zu. Die Weiße Burg hat nicht die Aufgabe, das Land zurückzuerobern, sondern das Schattengezücht daran zu hindern, noch mehr Land an sich zu reißen.«
Sie drehten und ritten durch die Reihen der Lanzenträger. Von den Männern wurde verlangt, die Abenddämmerung nur wenige Schritte von ihren Pferden entfernt zu verbringen, und sie beschäftigten sich, kümmerten sich um ihre Rüstung, um die Waffen und die Pferde. Jeder Mann trug ein Langschwert auf den Rücken geschnallt, manchmal auch zwei, und alle hatten Hämmer und Streitkolben an die Gürtel geschnallt. Die Shienarer verließen sich nicht allein auf ihre Lanzen; ein Feind, der glaubte, sie in die Enge getrieben und den Raum für einen Sturmangriff genommen zu haben, entdeckte bald, dass sie auch auf engem Raum sehr gefährlich sein konnten.
Die meisten Männer trugen gelbe Waffenröcke mit dem Schwarzen Falken über ihren Harnischen und den Kettenhemden. Sie salutierten steif mit ernsten Mienen. Shienarer waren in der Tat ernsthafte Leute. Dafür sorgte das Leben in den Grenzlanden.
Lan zögerte, dann sprach er mit lauter Stimme. »Warum wird getrauert?«
Die Soldaten in der Nähe wandten sich ihm zu.
»Sind wir nicht hierfür gedrillt worden?«, rief Lan. »Ist das nicht unser Daseinszweck, sogar unser Leben? Dieser Krieg ist keine Sache, die man betrauern sollte. Andere Männer mögen lasch gewesen sein, aber wir nicht. Wir sind vorbereitet, also ist das eine Zeit des Ruhms.
Es soll gelacht werden! Es soll Freude herrschen! Lassen wir die Gefallenen hochleben und auf unsere Vorväter anstoßen, die uns gut gelehrt haben. Solltet ihr morgen sterben und auf eure Wiedergeburt warten, seid stolz. Die Letzte Schlacht ist da, und wir sind bereit !«
Lan wusste eigentlich nicht, was ihn dazu gebracht hatte, das zu sagen. Seine Worte riefen Rufe wie »Dai Shan! Dai Shan! Der Goldene Kranich nach vorn!« hervor. Er sah, dass einige Männer die Rede aufschrieben, um sie an andere weiterzugeben.
»Ihr habt die Seele eines Anführers, Dai Shan«, sagte Easar, als sie weiterritten.
»Das ist es nicht«, erwiderte Lan mit nach vorn gerichtetem Blick. »Ich ertrage kein Selbstmitleid. Zu viele der Männer sahen aus, als würden sie ihr eigenes Leichentuch vorbereiten.«
»Eine Trommel ohne Fell«, sagte Easar leise und schnippte mit den Zügeln seines Pferdes. »Eine Wasserpumpe ohne Schwengel. Ein Lied ohne Stimme. Trotzdem gehört es mir. Trotzdem gehört es mir.«
Stirnrunzelnd sah Lan ihn an, aber der König erklärte das Gedicht nicht. Waren seine Untertanen ernsthafte Leute, dann galt das für ihren König erst recht. Tief in seinem Inneren verbarg Easar Wunden, die er mit niemandem teilte. Lan machte ihm das nicht zum Vorwurf. Er hatte das Gleiche getan.
Aber an diesem Abend erwischte er Easar mit einem Lächeln auf den Lippen, während er darüber nachdachte, was ihn wohl an dieses Gedicht erinnert hatte.
»War das Anasai von Ryddingwald?«, fragte er.
Easar sah überrascht aus. »Ihr kennt Anasais Werk?«
»Sie war eine von Moiraine Sedais Lieblingsdichterinnen. Es klang, als könnte es von ihr sein.«
»Jedes ihrer Gedichte war als Elegie geschrieben«, sagte Easar. »Dies war für ihren Vater. Sie hinterließ Instruktionen; es kann gelesen werden, sollte aber nicht laut ausgesprochen werden außer im richtigen Augenblick. Sie
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