Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
geholt, ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt?«
Kathana musterte den Hut und nickte zufrieden. Dann zögerte sie und betrachtete mit zusammengekniffenen Augen sein Gesicht.
»Es verhält sich nicht so, wie Ihr glaubt«, sagte Jame. »Er beauftragt nicht die besten Attentäter. Es sind Ausländer, also sollen sie auch keinen Erfolg haben.«
»Es ist mir verflucht egal, wie viel Aussicht auf Erfolg sie haben«, sagte Mat. »Wer beauftragt sie?«
»Er ist zu wichtig, als dass Ihr …«
»Wer?«, sagte Mat leise.
»General Lunal Galgan«, antwortete Jame. »Der Befehlshaber des seanchanischen Heeres. Ich verstehe Euch nicht, mein Freund. Seid Ihr ein Attentäter oder seid Ihr hier, um Attentäter zu jagen?«
»Ich bin kein verdammter Attentäter.« Mat zog sich den Hut tief ins Gesicht und nahm sein Bündel. »Ich töte niemanden, es sei denn, er verlangt es – macht dabei so ein Theater, dass ich es für unhöflich halten würde, seiner Bitte nicht zu entsprechen. Würde ich Euch erstechen, mein Freund, würdet Ihr vorher wissen, dass es dazu kommt, und Ihr würdet auch den Grund kennen. Das verspreche ich Euch.«
»Jame«, zischte Kathana. »Das ist er .«
»Was denn?«, fragte Jame, als sich Mat an ihm vorbeischob und den verhüllten Ashandarei auf die Schulter legte.
»Der, nach dem die Wächter suchen!«, sagte Kathana. »Licht! Jeder Soldat in Ebou Dar hat den Befehl, nach Euch Ausschau zu halten. Wie seid Ihr durch die Stadttore gekommen?«
»Mit etwas Glück«, erwiderte Mat und trat in die Gasse hinaus.
»Worauf wartet Ihr?«, fragte Moiraine.
Rand wandte sich ihr zu. Sie standen in Lans Stabszelt in Shienar. Es roch nach dem Qualm der brennenden Felder, die Lans und Lord Agelmars Truppen bei ihrem Rückzug vom Pass angezündet hatten.
Sie verbrannten das Land, das sie lieber verteidigt hätten. Eine verzweifelte Taktik, aber sehr wirkungsvoll. Die Art von Taktik, die Lews Therin und seine Leute im Zeitalter der Legenden nur sehr zögerlich benutzt hätten, jedenfalls zumindest am Anfang. Dafür hatten sie dann teuer bezahlt.
Die Grenzländer waren da nicht so zimperlich.
»Warum sind wir hier?«, drängte Moiraine und trat einen Schritt auf ihn zu. Seine Töchter bewachten das Zelt von innen; der Feind sollte lieber nicht erfahren, dass Rand hier war. »Ihr solltet längst am Shayol Ghul sein. Das ist Euer Schicksal, Rand al’Thor. Schluss mit diesen weniger wichtigen Kämpfen.«
»Meine Freunde sterben hier.«
»Ich war der Ansicht, dass Ihr solche Schwächen hinter Euch gelassen habt.«
»Mitgefühl ist keine Schwäche.«
»Ist es nicht? Und wenn Ihr Euren Feind aus Mitgefühl verschont und ihm dadurch erlaubt, Euch zu töten? Was dann, Rand al’Thor?«
Darauf wusste er keine Antwort.
»Dieses Risiko dürft Ihr nicht eingehen. Und ganz egal, ob Ihr die Ansicht teilt, dass Mitgefühl für sich genommen eine Schwäche sein kann oder auch nicht, deswegen dumme Dinge zu tun ist es auf jeden Fall.«
Oft hatte er über den Augenblick nachgedacht, in dem er Moiraine verloren hatte. Er hatte sich wegen ihres Todes gequält, und noch immer staunte er freudig über ihre Rückkehr. Aber manchmal hatte er vergessen, wie beharrlich sie sein konnte.
»Gegen den Dunklen König werde ich losschlagen, wenn die Zeit gekommen ist«, erwiderte er, »aber nicht vorher. Er muss glauben, dass ich bei den Heeren bin, dass ich mehr Boden zurückgewinnen will, bevor ich ihn angreife. Wir müssen seine Befehlshaber dazu verleiten, ihre Streitkräfte nach Süden zu schicken, sonst sind wir am Shayol Ghul sofort nach meiner Ankunft in der Minderzahl.«
»Das spielt doch keine Rolle«, meinte die Aes Sedai. »Ihr tretet ihm gegenüber, und das ist der Augenblick der Entscheidung. Alles dreht sich um diesen Augenblick, Wiedergeborener Drache. Sämtliche Fäden im Muster sind um Eure Begegnung gewoben, und die Drehung des Rades zieht Euch darauf zu. Bestreitet nicht, dass Ihr das fühlen könnt.«
»Ich fühle es.«
»Dann geht.«
»Noch nicht.«
Sie holte tief Luft. »So stur wie eh und je.«
»Und das ist auch gut so«, erwiderte Rand. »Sturheit hat mich erst so weit gebracht.« Er zögerte, dann suchte er etwas in seiner Tasche. Etwas Helles und Silbriges kam zum Vorschein – eine Mark aus Tar Valon. »Hier«, sagte er und hielt sie ihr hin. »Ich habe das hier aufbewahrt.«
Sie schürzte die Lippen. »Ist das …«
»Dieselbe? Nein. Ich fürchte, die ist schon vor langer Zeit verloren gegangen. Diese
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