Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
hinein.«
»Aber …«
»Hört doch!«, sagte Faile und zeigte in die Dunkelheit.
In der Ferne ertönte ein Dutzend verschiedener Kreischlaute, die den Schreien der sterbenden Bestie antworteten.
»Die Schreie locken weitere Schrecken an, genau wie der Geruch von vergossenem Blut. Wir gehen. Wenn wir heute Nacht weit genug in das Verdorbene Land hineinkommen, könnten wir in Sicherheit sein. Weckt das Lager, und schafft die Verletzten auf Pferde. Jeder soll sich auf einen schnellen Gewaltmarsch einstellen. Rasch!«
Aravine nickte und eilte los. Faile erübrigte einen Blick in die Richtung, die Harnan und Vanin genommen hatten. Sie verspürte das große Verlangen, beide Männer zur Strecke zu bringen, aber um sie in der Nacht zu verfolgen, würden sie sich langsam bewegen müssen, und das würde den Tod bedeuten. Davon abgesehen, wer vermochte schon zu sagen, welche Möglichkeiten zwei Schattenfreunden zur Verfügung standen?
Sie würden fliehen. Und Faile hoffte beim Licht, dass man sie nicht noch mehr getäuscht hatte, als es jetzt den Anschein hatte. Sollte Vanin irgendwie dazu in der Lage gewesen sein, ein Duplikat des Horns herzustellen, das er dann passenderweise bei der Flucht fallen ließ, damit sie es »retten« konnte …
Sie würde es niemals wissen. Sie würde mit einem falschen Horn zur Letzten Schlacht kommen und sie vielleicht alle zum Untergang verurteilen. Diese Möglichkeit setzte ihr schwer zu, während die Leute der Karawane in die Dunkelheit eilten und Licht und Glück beschworen, den Gefahren der Nacht zu entkommen.
KAPITEL 36
Dinge, die sich nicht ändern lassen
M it Rand stimmte etwas nicht.
Nynaeve klammerte sich an den Stalagmiten tief im Krater des Verderbens, um nicht vom Wind in das Nichts vor ihr gezogen zu werden. Moiraine hatte diese seltsame Leere als die Essenz des Dunklen Königs bezeichnet, aber musste es sich dann nicht dabei um die Wahre Macht handeln? Und ihr kam ein noch schlimmerer Gedanke. Wenn sich seine Essenz in dieser Welt befand, bedeutete das denn nicht, dass er sich bereits befreit hatte? Was auch immer es war, es verkörperte das personifizierte Böse, und es erfüllte Nynaeve mit einem Entsetzen, wie sie es noch nie zuvor in ihrem Leben verspürt hatte.
Das schwarze Nichts zog mit großer Kraft und riss alles in seiner Nähe in sich hinein. Sollte Nynaeve den Stein loslassen, befürchtete sie, einfach hineingezogen zu werden. Es hatte bereits ihre Stola gestohlen und verschwinden lassen. Sollte sie dieses Nichts verschlingen, würde ihr Leben enden. Vielleicht sogar ihre Seele.
Rand!, dachte Nynaeve. Konnte sie ihm irgendwie helfen? Er stand vor Moridin, Schwert berührte Schwert. Erstarrt, als wäre er in einem Augenblick gefangen. Sein Gesicht war schweißüberströmt. Er sprach nicht. Er blinzelte nicht einmal.
Sein Fuß hatte die Dunkelheit berührt. In diesem Moment war er erstarrt und Moridin mit ihm. Sie waren wie Statuen. Um sie herum heulte der Wind, schien aber keinen Einfluss auf sie zu haben. Nicht wie auf Nynaeve. Seit gut fünfzehn Minuten standen sie so reglos da.
Seit ihre Gruppe die Höhle betreten hatte, um dem Dunklen König gegenüberzutreten, war noch keine Stunde vergangen.
Nynaeve sah zu, wie Steine über den Boden rollten und in diese Schwärze gezogen wurden. Ihre Kleidung flatterte wie von einem starken Wind erfasst, genau wie bei Moiraine, die sich in der Nähe ebenfalls an einem Stalagmiten festhielt. Glücklicherweise wurde der scheußliche Schwefelgestank, der die Höhle erfüllt hatte, ebenfalls in das schwarze Nichts gezogen.
Sie konnte die Eine Macht nicht benutzen. Rand zog alles davon in sich hinein, die ganze Menge, die sie aufzunehmen fähig war. Aber er schien nichts damit zu machen. Konnte sie Moridin erreichen? Er schien sich nicht bewegen zu können. Was, wenn sie ihm mit einem Stein gegen den Kopf schlug? Es würde besser sein, als hier herumzustehen und nichts zu tun.
Vorsichtig lockerte Nynaeve den Griff um den Stalagmiten, um zu ergründen, wie weit ihr Gewicht gegen die Anziehungskraft aus dem Nichts ankämpfen konnte. Augenblicklich rutschte sie nach vorn und klammerte sich sofort wieder fest.
Auf keinen Fall verbringe ich die Letzte Schlacht damit, mich an einen Stein zu klammern! Zumindest nicht an denselben. Sie musste es riskieren. Sich auf geradem Weg nach vorn zu bewegen erschien zu gefährlich, aber wenn sie eine seitliche Richtung einschlug … ja, rechts von ihr ragte ein weiterer Stalagmit
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