Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
Schwertes herstellen. Bei dem Wort Schwert hatte sie das Gesicht verzogen, als schmeckte es wie Meerwasser.
Rand hatte noch nie Meerwasser probiert. Lews Therin schon. Einst hatte ihn das Wissen über solche Tatsachen zutiefst beunruhigt. Jetzt hatte er gelernt, diesen Teil von sich zu akzeptieren.
»All das, was wir erlebt haben – kannst du das alles eigentlich wirklich glauben?«, fragte Perrin. »Beim Licht, manchmal frage ich mich, wann der Mann, dem diese feinen Kleider in Wirklichkeit gehören, endlich angestürmt kommt, um mich anzubrüllen und dann zum Ausmisten in den Stall zu schicken, weil mein Kopf schon längst zu groß für meinen Kragen geworden ist.«
»Das Rad webt, was das Rad will, Perrin. Wir sind zu dem geworden, zu dem wir werden mussten.«
Perrin nickte, während sie den Weg zwischen den Zelten entlanggingen, der von dem Licht über Rands Hand erleuchtet wurde.
»Wie … wie fühlt sich das eigentlich an?«, wollte Perrin wissen. »Diese Erinnerungen, die du zusätzlich bekommen hast.«
»Hattest du jemals einen Traum, an den du dich nach dem Aufwachen noch in allen Einzelheiten ganz deutlich erinnern konntest? Keiner von denen, die schnell verblassen, sondern der dich den ganzen Tag lang nicht mehr losließ?«
»Ja«, erwiderte Perrin und klang seltsam reserviert dabei. »Ja, ich kann behaupten, dass ich das hatte.«
»Es ist so ähnlich. Ich kann mich daran erinnern, Lews Therin gewesen zu sein, kann mich daran erinnern, getan zu haben, was er tat, so wie man sich an Handlungen in einem Traum erinnert. Ich tat diese Dinge, aber das heißt nicht, dass sie mir gefallen. Ich bin auch nicht immer der Meinung, dass ich im wachen Zustand das Gleiche getan hätte. Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass sie im Traum wie die richtigen Entscheidungen erschienen.«
Perrin nickte.
»Er ist ich«, sagte Rand. »Und ich bin er. Aber wiederum auch nicht.«
»Nun, du erscheinst noch immer wie du selbst«, sagte Perrin, allerdings entging Rand das kurze Zögern bei dem Wort »erscheinst« nicht. Hatte Perrin nicht stattdessen »riechst« sagen wollen? »So sehr hast du dich nicht verändert.«
Rand bezweifelte, ob er es Perrin erklären konnte, ohne wie ein Verrückter zu klingen. Die Person, die er wurde, wenn er den Mantel des Wiedergeborenen Drachen trug … das war nicht einfach nur eine Maske, es war auch kein Schauspiel.
Das war, wer er war. Er hatte sich nicht verändert, er hatte sich nicht verwandelt. Er hatte es bloß einfach akzeptiert .
Das bedeutete keineswegs, dass er sämtliche Antworten kannte. Auch wenn vierhundert Jahre Erinnerungen in seinem Verstand ruhten, bereitete ihm das, was er tun musste, noch immer große Sorgen. Lews Therin hatte nicht gewusst, wie man die Bohrung versiegeln sollte. Sein Versuch hatte in die Katastrophe geführt. Der Makel, die Zerstörung der Welt, das alles für einen mangelhaften Kerker mit Siegeln, die nun brüchig waren.
Eine Antwort kam Rand immer wieder in den Sinn. Eine gefährliche Antwort. Eine Antwort, die Lews Therin nicht in Betracht gezogen hatte.
Was, wenn die Antwort nicht darin lag, den Dunklen König wieder hinter Siegeln einzusperren? Was, wenn die Antwort, die endgültige Antwort, ganz anders lautete? Etwas Dauerhafteres.
Ja, dachte Rand zum hundertsten Mal. Aber ist das möglich?
Sie kamen zu dem Zelt, in dem Rands Sekretäre arbeiteten; die Töchter schwärmten hinter ihnen aus. Rand und Perrin traten ein. Die Sekretäre arbeiteten natürlich zu dieser späten Stunde, und es überraschte sie nicht, als Rand eintrat.
»Mein Lord Drache«, sagte Balwer und verneigte sich steif an der Stelle, wo er neben einem Tisch voller Karten und Papierstapel stand. Der vertrocknete kleine Mann sortierte nervös seine Papiere; aus einem Loch im Ärmel seines zu großen braunen Mantels ragte ein knöcherner Ellbogen.
»Berichtet«, sagte Rand.
»Roedran kommt«, sagte Balwer mit dünner und präziser Stimme. »Die Königin von Andor hat nach ihm geschickt, hat ihm Wegetore versprochen, die diese Frauen erschaffen sollen, die sie hat, diese Kusinen. Unser Auge an seinem Hof sagt, dass er wütend darüber ist, dass er ihre Hilfe braucht, um herzukommen, aber er besteht darauf, dass er bei dieser Zusammenkunft dabei sein muss – und wenn es auch nur darum geht, dass es nicht so aussieht, als würde man ihn übergehen.«
»Ausgezeichnet«, sagte Rand. »Elayne weiß nichts von Euren Spionen?«
»Mein Lord!«, sagte Balwer
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