Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
Landes, das man die Zwei Flüsse nannte.
Schon lange stieg von den niedergebrannten Gebäuden kein Rauch mehr auf, aber es war nur wenig von der Stadt übrig geblieben, das man hätte wiederaufbauen können. Wilde Hunde suchten in den Trümmern nach Nahrung. Mit hungrigen Blicken schauten sie auf, als der Wind vorbeiwehte.
Der Wind überquerte den Fluss in östlicher Richtung. Hier waren Gruppen von Flüchtlingen trotz der späten Stunde mit Fackeln in den Händen auf dem langen Weg von Baerlon nach Weißbrücke unterwegs. Es waren traurig anzusehende Gestalten, mit gesenkten Köpfen und hängenden Schultern. Einige hatten die kupferfarbene Haut von Domani, und ihre zerschlissene Kleidung verriet deutlich, wie schwer es gewesen war, die Berge ohne ausreichende Vorräte zu überqueren. Andere kamen von noch viel weiter entfernten Orten. Taraboner mit eingeschüchterten Blicken über schmutzigen Schleiern. Bauern und ihre Frauen aus dem nördlichen Ghealdan. Sie alle hatten Gerüchte gehört, dass es in Andor noch etwas zu essen gab. In Andor gab es Hoffnung.
Bis jetzt hatten sie keines von beidem gefunden.
Der Wind wehte nach Osten, folgte dem Fluss, der sich zwischen Bauernhöfen ohne Weizen schlängelte. Grasland ohne Gras. Obstplantagen ohne Früchte.
Verlassene Dörfer. Bäume wie Knochen, deren Fleisch abgenagt worden war. Oft drängten sich Raben auf ihren Ästen; hungernde Hasen und manchmal auch Rehe durchsuchten das tote Gras am Boden. Über allem drückten die allgegenwärtigen Wolken auf das Land. Manchmal sorgte die Wolkendecke dafür, dass man unmöglich sagen konnte, ob es Tag oder Nacht war.
Als sich der Wind der großen Stadt Caemlyn näherte, bog er nach Norden ab, fort von der brennenden Stadt – erfüllt vom rot und orange lodernden Schein spuckte sie schwarzen Rauch zu den hungrigen Wolken empor. In der Stille der Nacht war der Krieg nach Andor gekommen. Die näher kommenden Flüchtlinge würden bald entdecken, dass sie auf die Gefahr zumarschiert waren. Das war nicht überraschend. Gefahr lauerte in allen Richtungen. Die einzige Möglichkeit, sich ihr nicht zu nähern, bestand darin, auf der Stelle zu verharren.
Als der Wind nach Norden weiterzog, passierte er Leute, die allein oder in kleinen Gruppen am Straßenrand hockten und in deren Augen keinerlei Hoffnung zu entdecken war. Einige lagen auch am Boden und hungerten dort, während sie zu den grollenden, brodelnden Wolken emporschauten. Andere schleppten sich einfach weiter, obwohl sie nicht wussten, wo sie das hinführte. Zur Letzten Schlacht, nach Norden, was auch immer das zu bedeuten hatte. Die Letzte Schlacht bot keine Hoffnung. Die Letzte Schlacht war der Tod. Aber es war ein Ort, an dem man sein konnte, ein Ort, an den man gehen konnte.
In der Dunkelheit des Abends erreichte der Wind eine große Versammlung weit nördlich von Caemlyn. Dieses große Feld riss eine Lücke in die bewaldete Landschaft, aber es war mit Zelten übersät wie ein verfaulender Baumstamm mit Pilzen. Zehntausende Soldaten warteten neben Lagerfeuern, die schnell das Brennmaterial der Gegend erschöpften.
Der Wind fuhr zwischen sie und peitschte den Rauch der Feuer in die Gesichter der Soldaten. Hier zeigten die Menschen nicht die Hoffnungslosigkeit der Flüchtlinge, aber ihnen haftete ein Grauen an. Sie sahen das kranke Land. Sie fühlten die Wolken am Himmel. Sie wussten Bescheid.
Die Welt lag im Sterben. Die Soldaten starrten die Flammen an und sahen zu, wie das Holz verschlungen wurde. Scheit für Scheit verwandelte sich einst Lebendiges in Asche.
Eine Kompanie Männer inspizierte Rüstungen, die trotz sorgfältigen Einölens zu rosten angefangen hatten. Eine Gruppe Aiel in weißen Gewändern holte Wasser – ehemalige Krieger, die sich weigerten, ihre Waffen wieder zu ergreifen, obwohl sie ihr Toh erfüllt hatten. Ein Haufen ängstlicher Diener, die der festen Überzeugung waren, dass der morgige Tag den Krieg zwischen der Weißen Burg und dem Wiedergeborenen Drachen bringen würde, organisierte Vorräte in vom Wind geschüttelten Zelten.
Männer und Frauen flüsterten die Wahrheit in die Nacht. Das Ende ist da. Das Ende ist da. Alles wird fallen. Das Ende ist da.
Gelächter erfüllte die Luft.
Aus einem großen Zelt in der Lagermitte fiel warmes Licht aus dem Spalt des Zelteingangs und kroch unter den Rändern hervor.
Im Zelt lachte Rand al’Thor – der Wiedergeborene Drache – mit in den Nacken geworfenem Kopf.
»Und was hat sie
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