Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
Sharanern vorbei. Und es funktionierte. Pevara hatte ein weißes Kleid mit einem schwarzen Umhang an – das war kein Gewebe –, aber wer einen Blick unter die Kapuze warf, hätte das Gesicht von Alviarin gesehen, einer Angehörigen der Schwarzen Ajah. Theodrin trug das Gesicht von Rianna.
Androls und Emarins Gewebe gaben ihnen das Aussehen von Nensen und Kash, zwei von Taims Handlangern. Jonneth hatte gar keine Ähnlichkeit mehr mit sich selbst und zeigte das Gesicht irgendeines Schattenfreundes, und er spielte die Rolle gut, schlich hinter ihnen her und schleppte ihre Ausrüstung. Diesen falkengesichtigen Mann mit den fettigen Haaren und dem fahrigen Benehmen hätte man niemals für den freundlichen Burschen aus den Zwei Flüssen gehalten.
Sie schritten zügig vorbei an den hinteren Linien der Armee des Schattens. Trollocs schleppten Pfeilbündel zur Front; andere verließen die Linien, um sich an Leichenstapeln vollzustopfen. Da und dort brodelten Kochtöpfe. Das schockierte Pevara. Sie machten eine Pause, um zu fressen? Jetzt?
Nur ein paar von ihnen, dachte Androl. So läuft das auch in den menschlichen Heeren ab, obwohl es diese Augenblicke nie in die Balladen schaffen. Die Schlacht hat den ganzen Tag gedauert, und Soldaten brauchen Kraft für den Kampf. Normalerweise wechseln sich drei Gruppen ab. Die Frontlinien, die Reserve und die Dienstfreien – Truppen, die sich vom Kampf zurückziehen und eine schnelle Mahlzeit herunterschlingen, bevor sie einen Moment schlafen. Danach geht es zurück zur Frontlinie.
Einst hatte sie sich den Krieg anders vorgestellt. Sie hatte geglaubt, dass jeder Mann jeden Augenblick des Tages im Einsatz war. Aber eine echte Schlacht war kein schneller Lauf; sie war ein langer, die Seele zermürbender Marsch.
Es war bereits später Nachmittag, der auf den Abend zuging. Im Osten erstreckten sich an dem ausgetrockneten Flussbett Schlachtlinien weit in beide Richtungen. Dort kämpften viele Tausend Männer und Trollocs. An dieser Front waren massenhaft Tiermenschen im Einsatz, aber andere wurden zurück auf die Anhöhe geholt, um entweder zu fressen oder eine Weile in einem ohnmachtähnlichen Schlaf zusammenzubrechen.
Sie sah nicht zu genau zu den Kochtöpfen hin, aber Jonneth sackte auf die Knie und übergab sich am Wegesrand. Ihm waren die Körperteile aufgefallen, die in dem dicken Eintopf schwammen. Als er seinen Mageninhalt auf den Boden spuckte, kam eine Gruppe Trollocs vorbei und schnaubte und grölte verächtlich.
Warum verlassen sie das Plateau, um den Fluss zu erobern?, fragte sie Androl. Das hier oben scheint doch die bessere Position zu sein.
Das ist sie vielleicht auch, erwiderte Androl. Aber der Schatten ist der Angreifer. Bleibt er auf dieser Position, dient das nur Cauthons Armee. Demandred muss den Druck auf ihn aufrechterhalten. Das bedeutet, den Fluss überqueren zu müssen.
Also verstand Androl auch etwas von Taktik. Interessant.
Ich habe bloß hier und da ein paar Dinge aufgeschnappt, meinte er. In der nächsten Zeit werde ich keine Schlacht anführen.
Ich war nur neugierig, wie viele Leben Ihr geführt habt, Androl.
Eine seltsame Bemerkung von einer Frau, die alt genug ist, um die Großmutter meiner Großmutter zu sein.
Sie gingen weiter die Ostseite des Plateaus entlang. Weit entfernt kämpften sich die Aes Sedai den Westhang nach oben – aber im Augenblick hielten Demandreds Truppen die Stellung. Um Pevara herum gab es nur Trollocs. Ein paar verneigten sich unbeholfen, wenn sie und die anderen vorbeigingen, andere rollten sich ohne Decken auf dem kargen Boden zusammen, um zu schlafen. Jeder von ihnen behielt seine Waffe in der Hand.
»Das sieht nicht besonders vielversprechend aus«, sagte Emarin leise hinter seiner Maske. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Taim länger als unbedingt nötig mit den Tiermenschen abgibt.«
»Da vorn«, sagte Androl. »Seht doch.«
Hier hielt das Schattengezücht Abstand von einer Gruppe Sharanern in diesen fremdartigen Uniformen. Sie trugen in Stoff gewickelte Rüstungen, deren Stahl lediglich auf dem Rücken zu sehen war, dabei waren die Formen der Brustpanzer unverkennbar. Pevara blickte die anderen an.
»Ich könnte mir Taim als Teil dieser Gruppe vorstellen«, sagte Emarin. »Außerdem stinkt sie weniger als die Kreaturen da hinten.«
Pevara hatte den Gestank ignoriert – sie hatte schon vor Jahren gelernt, wie man aufdringliche Gerüche genauso ignorierte wie Hitze oder Kälte. Aber als Emarin
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