Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
jetzt die Amyrlin.« Perrin rieb sich das Kinn. »Sie ist die Wächterin über die Siegel, Rand. Es ist ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass man sie richtig behandelt.«
»Das ist richtig. Darum will ich sie ja davon überzeugen, dass mein Vorhaben richtig ist.«
»Bist du dir sicher , dass man sie brechen muss?«, fragte Perrin. »Absolut sicher?«
»Sag mir eines, Perrin. Wenn ein Werkzeug aus Eisen oder eine Waffe zerbricht, kannst du sie wieder zusammenflicken, damit sie so zu gebrauchen ist wie zuvor?«
»Nun, das kann man natürlich machen«, sagte Perrin. »Aber es ist besser, es nicht zu tun. Die Maserung des Stahls … nun, es ist eigentlich fast immer besser, sie neu zu schmieden. Sie einzuschmelzen und von vorn anzufangen.«
»Das ist hier genau das Gleiche. Die Siegel sind wie ein Schwert zerbrochen. Wir können die Stücke nicht einfach wieder zusammenflicken. Das funktioniert nicht. Wir müssen die Splitter entfernen und etwas Neues herstellen, das ihren Platz einnimmt. Etwas Besseres.«
»Rand, das ist das Vernünftigste, das jemand je zu diesem Thema gesagt hat«, meinte Perrin. »Hast du es Egwene auf diese Weise erklärt?«
Rand lächelte. »Sie ist keine Schmiedin, mein Freund.«
»Sie ist klug. Klüger als wir beide zusammen. Sie wird es verstehen, wenn du es auf die richtige Weise erklärst.«
»Wir werden sehen«, meinte Rand. »Morgen.«
Perrin blieb stehen. Sein Gesicht wurde vom Schein der von der Macht erzeugten Lichtkugel erhellt. Sein Lager, das direkt neben Rands lag, umfasste eine Streitmacht, die genauso groß wie die anderen hier war. Rand fand es noch immer unglaublich, dass er so viele Menschen um sich geschart hatte, einschließlich ausgerechnet der Weißmäntel. Seine Augen-und-Ohren hatten ihm zugetragen, dass anscheinend jeder im Lager Perrin loyal ergeben war. Selbst die Weisen Frauen und Aes Sedai in seiner Umgebung waren geneigt, seine Befehle ohne großen Widerspruch zu befolgen.
Perrin war ein König geworden, so sicher, wie der Wind vom Himmel kam. Eine andere Art König als Rand – ein König seines Volkes, der in seiner Mitte lebte. Dieser Weg blieb Rand versperrt. Perrin konnte ein Mann sein. Er hingegen musste etwas mehr sein, zumindest noch eine Weile. Er musste ein Symbol sein, eine Kraft, auf die sich die Menschen verlassen konnten.
Das war schrecklich ermüdend. Nicht nur im körperlichen Sinn; diese Erschöpfung ging tiefer. Was diese Menschen brauchten, ging ihm an die Substanz, zermürbte ihn so sicher, wie sich ein Fluss seinen Weg durch einen Berg grub. Am Ende würde der Fluss stets den Sieg davontragen.
»Ich unterstütze dich darin«, sagte Perrin. »Aber ich will, dass du mir versprichst, dass du es nicht zu einem Streit kommen lässt. Ich werde nicht gegen Elayne kämpfen. Gegen die Aes Sedai anzutreten wäre noch schlimmer. Wir können es uns nicht leisten, auf diese Weise zu streiten.«
»Es wird keinen Kampf geben.«
»Versprich es mir.« Perrins Miene wurde so hart, dass man daran Steine hätte zerschlagen können. »Versprich es mir, Rand.«
»Ich verspreche es, mein Freund. Ich werde uns vereint in die Letzte Schlacht führen.«
»Das reicht mir.« Perrin drehte sich um, betrat sein Lager und nickte den Wachtposten zu. Es waren beides Männer von den Zwei Flüssen – Reed Soalen und Kert Wagoner. Sie salutierten Perrin, dann betrachteten sie Rand und verneigten sich irgendwie peinlich berührt.
Reed und Kert. Sie waren ihm beide vertraut – beim Licht, als Kind hatte er zu ihnen aufgeschaut. Aber er hatte sich daran gewöhnt, dass Menschen, die ihn sein Leben lang gekannt hatten, ihn nun wie einen Fremden behandelten. Er fühlte, wie der Mantel des Wiedergeborenen Drachen schwerer auf ihm lastete.
»Mein Lord Drache«, sagte Kert. »Sind wir … Ich meine …« Er schluckte und schaute zum Himmel und den Wolken, die trotz Rands Gegenwart immer näher zu kommen schienen. »Die Dinge sehen schlimm aus, oder?«
»Stürme sind oft schlimm, Kert«, sagte Rand. »Aber die Zwei Flüsse haben sie immer überlebt. Und so wird es auch wieder sein.«
»Aber …«, wiederholte Kert. »Es sieht schlimm aus. Soll das Licht mich verbrennen, aber das tut es.«
»Es wird geschehen, wie es das Rad will«, erwiderte Rand und blickte nach Norden. »Friede, Kert, Reed«, sagte er dann leise. »Fast alle Prophezeiungen haben sich erfüllt. Dieser Tag wurde vorausgesehen, und unsere Prüfungen sind bekannt. Wir begegnen ihnen nicht
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