Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
Androls plötzliche Anspannung fühlen. »Ist er … ist er noch einer von uns?«
Evin schüttelte angewidert den Kopf. »Er ist einer von ihnen. Jenare Sedai vermutlich auch. Ich kenne sie nicht gut genug, um das mit Sicherheit sagen zu können. Welyn hingegen … seine Augen gehören nicht länger ihm, und er dient jetzt Taim.«
Androl stöhnte. Welyn war bei Logain gewesen. Sie hatten die Hoffnung gehabt, dass Logain und Welyn noch freie Männer waren, obwohl man Mezar erwischt hatte.
»Logain?«, flüsterte Androl.
»Er ist nicht hier«, erwiderte Evin, »aber Androl, Welyn behauptet, dass Logain bald zurückkehrt – und dass er sich mit Taim getroffen hat und sie ihre Meinungsverschiedenheiten aus der Welt geräumt haben. Welyn verspricht, dass Logain morgen kommt, um es zu beweisen. Androl … das war es. Wir müssen es zugeben. Sie haben ihn.«
Pevara konnte Androls Zustimmung fühlen, genau wie sein Entsetzen. Es entsprach dem ihren.
Aviendha bewegte sich lautlos durch das dunkle Lager.
So viele Gruppen. Auf dem Feld von Merrilor mussten mindestens hunderttausend Menschen versammelt sein. Hunderte von Tausenden Menschen. Und sie alle warteten. Wie ein Atemzug, den man vor einem großen Sprung anhielt.
Die Aiel sahen sie, aber sie ging nicht zu ihnen. Die Feuchtländer bemerkten sie nicht, abgesehen von einem Behüter, der sie entdeckte, als sie das Lager der Aes Sedai am Rand passierte. Dieses Lager war von hektischer Betriebsamkeit erfüllt. Etwas war geschehen, allerdings bekam sie nur Bruchstücke mit. Irgendwo hatten Trollocs angegriffen?
Sie hörte genauer hin und erfuhr, dass der Angriff in Andor stattgefunden hatte, in der Stadt namens Caemlyn. Es gab die Sorge, dass die Trollocs die Stadt verlassen und das Land verheeren würden.
Sie musste mehr erfahren; würden heute Nacht die Speere tanzen? Vielleicht wusste Elayne mehr. Lautlos verließ Aviendha das Lager. Sich in diesem feuchten Land mit seinem üppigen Pflanzenwuchs lautlos zu bewegen stellte eine andere Herausforderung als im Dreifachen Land dar. Der trockene Boden dort war oft staubig, was die Schritte dämpfen konnte. Hier konnten feuchte Grashalme unerwartete trockene Zweige verbergen.
Sie versuchte nicht darüber nachzudenken, wie tot dieses Gras erschien. Einst hätte sie diese braune Farbe als üppig wuchernd bezeichnet. Jetzt wusste sie, dass die Pflanzen in diesem feuchten Land nicht so welk und ausgehöhlt aussehen sollten.
Ausgehöhlte Pflanzen. Was dachte sie da bloß? Sie schüttelte den Kopf und schlich durch die Schatten aus dem Lager der Aes Sedai. Kurz zog sie in Betracht, zurückzuschleichen und diesen Behüter zu überraschen – er hatte sich in einer moosbedeckten Nische in den Trümmern eines alten Gebäudes versteckt und beobachtete die Lagergrenze –, aber dann verwarf sie die Idee. Sie wollte Elayne finden und sich nach dem Angriff erkundigen.
Sie kam zu einem weiteren betriebsamen Lager, duckte sich unter die blattlosen Äste eines Baumes – seinen Namen kannte sie nicht, aber die Äste erstreckten sich hoch und breit – und schlüpfte über die Grenze. Zwei Feuchtländer in Weiß und Rot standen neben einem Feuer auf »Posten«. Sie entdeckten sie nicht, zuckten aber zusammen und richteten Stangenwaffen auf eine gut dreißig Schritt entfernte Hecke, als dort ein Tier raschelte.
Kopfschüttelnd passierte Aviendha sie.
Weiter. Sie musste weitergehen. Was sollte sie wegen Rand al’Thor unternehmen? Wie sahen seine Pläne für den morgigen Tag aus? Weitere Fragen, die sie Elayne stellen wollte.
Die Aiel brauchten einen Daseinszweck, sobald Rand al’Thor mit ihnen fertig war. Das war deutlich aus ihren Visionen hervorgegangen. Vielleicht sollten sie ins Dreifache Land zurückkehren. Aber … nein. Es zerriss ihr das Herz, aber sie musste zugeben, dass die Aiel in diesem Fall zu ihren Gräbern ziehen würden. Sie würden nicht sofort als Volk untergehen, aber so würde es enden. Die sich verändernde Welt mit neuen Gerätschaften und neuen Kampfmethoden würde die Aiel überholen, und die Seanchaner würden sie nie in Ruhe lassen. Nicht, solange sie Frauen hatten, die die Macht lenken konnten. Nicht mit ihren Heeren voller Speere, die zu jedem Zeitpunkt einfallen konnten.
Eine Patrouille näherte sich. Aviendha schichtete zur Tarnung abgefallenes braunes Unterholz über sich, dann lag sie neben ein paar abgestorbenen Gewächsen und rührte sich nicht. Die Wächter gingen keine zwei Handspannen
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