Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
Aviendha, was beim verdammten linken Ei einer Ziege tust du da! «
Aviendha schaute von ihren Fingernägeln auf, die sie gerade mit ihrem zweiten Messer reinigte. Das verdammte linke Ei einer Ziege? Der war neu. Elayne kannte stets die besten Flüche.
Die drei Hohen Herren am Tisch sprangen wie gestochen auf, kippten die Stühle um und griffen nach den Schwertern. Elayne blieb mit geweiteten Augen sitzen.
»Es ist eine schlechte Angewohnheit«, gab Aviendha zu und steckte das Messer wieder in den Stiefel. »Meine Nägel sind zu lang, aber ich hätte das nicht in deinem Zelt machen sollen, Elayne. Es tut mir leid. Ich hoffe, das war nicht respektlos.«
»Ich spreche nicht von deinen verfluchten Nägeln«, sagte Elayne. »Wie … wann bist du angekommen? Warum haben dich die Wächter nicht angekündigt?«
»Sie haben mich nicht gesehen«, erwiderte Aviendha. »Ich wollte keine Umstände machen, und Feuchtländer können so empfindlich sein. Ich hatte die Befürchtung, dass sie mich vielleicht abweisen, jetzt, da du die Königin bist.« Die letzten Worte sagte sie mit einem Lächeln. Elayne hatte viel Ehre; unter den Feuchtländern wurde man nicht auf die übliche anständige Weise zum Anführer – hier konnten die Dinge ja so verrückt sein –, aber Elayne hatte sich gut gehalten und ihren Thron verdient. Aviendha hätte nicht stolzer auf eine Speerschwester sein können, die einen Clanhäuptling zum Gai’shain machte.
»Sie haben dich nicht …«, wiederholte Elayne. Plötzlich lächelte sie. »Du bist durch das ganze Lager geschlichen, bis zu meinem Zelt in der Mitte, dann bist du hineingeschlüpft und hast dich keine fünf Schritte von mir entfernt hingesetzt. Und niemand hat dich gesehen.«
»Ich wollte keine Umstände machen.«
»Du hast eine merkwürdige Art, keine Umstände zu machen.«
Elaynes Gefährten reagierten nicht so ruhig. Einer der drei, der junge Lord Perival, schaute sich besorgt um, als suchte er nach weiteren Eindringlingen.
»Meine Königin«, sagte Lir. »Diese Vernachlässigung des Wachdiensts muss bestraft werden! Ich werde die Männer finden, die ihre Pflicht so schlampig erledigten, und dafür sorgen, dass man sie …«
»Frieden«, sagte Elayne. »Ich spreche schon mit meinen Wächtern und gebe ihnen zu verstehen, dass sie ihre Augen ein kleines bisschen besser offen halten sollen. Trotzdem ist es eine alberne Vorsichtsmaßnahme, die Vorderseite eines Zeltes zu bewachen, wenn sich jemand hinten einfach einen Weg hineinschneiden kann. Das war es immer schon.«
»Und ein gutes Zelt ruinieren?«, sagte Aviendha und verzog den Mund. »Nur, wenn wir in Blutfehde lebten, Elayne.«
Elayne stand auf. »Lord Lir, Ihr dürft Euch die Stadt ansehen – mit ordentlichem Abstand –, wenn Ihr wünscht. Falls ihn jemand begleiten möchte, dann dürft ihr das. Dyelin, ich sehe Euch morgen früh.«
»Gut«, sagten die Lords nacheinander, dann verließen sie das Zelt. Dabei warfen sie Aviendha misstrauische Blicke zu. Dyelin schüttelte bloß den Kopf, bevor sie ihnen folgte, und Elayne schickte ihre Kommandanten los, um die Erkundung der Stadt vorzubereiten. Damit blieben nur noch Elayne und Aviendha im Zelt übrig.
»Beim Licht, Aviendha«, sagte Elayne und umarmte sie, »wenn die Leute, die mich tot sehen wollen, nur die Hälfte deiner Fähigkeiten hätten …«
»Habe ich etwas Falsches getan?«, fragte Aviendha.
»Abgesehen davon, sich wie ein Meuchelmörder in mein Zelt zu schleichen?«
»Aber du bist meine Erstschwester …«, erwiderte Aviendha. »Hätte ich fragen sollen? Aber wir sind nicht unter einem Dach. Oder … betrachten Feuchtländer ein Zelt als Dach, wie in einer Festung? Es tut mir leid, Elayne. Habe ich Toh ? Ihr seid ein so unberechenbares Volk, es ist schwer zu sagen, was euch beleidigt und was nicht.«
Elayne lachte. »Aviendha, du bist ein Juwel. Ein absolutes Juwel . Licht, es tut gut, dich zu sehen. Heute Nacht brauchte ich eine Freundin.«
»Caemlyn ist gefallen?«
»Fast.« Elaynes Miene verdüsterte sich. »Es war dieses verfluchte Tor zu den Kurzen Wegen. Ich hielt es für sicher – ich habe alles getan, außer es zuzumauern, hatte fünfzig Wächter vor der Tür aufgestellt und die Avendesora -Blätter abnehmen und beide draußen aufbewahren lassen.«
»Dann hat sie jemand in Caemlyn reingelassen.«
»Schattenfreunde«, sagte Elayne. »Ein Dutzend Angehörige der Garde – glücklicherweise überlebte ein Mann ihren Verrat und konnte
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