Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
feststellen konnte, ob eine Frau die Eine Macht hielt oder nicht. Pevara umarmte die Quelle und überflutete sich mit dem süßen Nektar Saidars .
Dann griff sie nach Androl, um sich mit ihm wie mit einer Frau zu verknüpfen. So sollte man den Unterlagen zufolge beginnen. Aber es war nicht das Gleiche. Saidin war ein reißender Strom, und es stimmte, was sie gelesen hatte: Sie konnte nichts mit den Strömen anfangen.
»Es funktioniert. Meine Macht fließt in Euch hinein.«
»Ja«, erwiderte Pevara. »Aber wenn sich ein Mann und eine Frau verknüpfen, muss der Mann die Kontrolle übernehmen. Ihr müsst die Führung übernehmen.«
»Wie?«
»Das weiß ich nicht. Ich versuche sie an Euch abzugeben. Ihr müsst die Ströme kontrollieren.«
Er betrachtete sie, und sie bereitete sich darauf vor, ihm die Kontrolle zu übergeben. Stattdessen packte er sie irgendwie. Sie wurde in eine stürmische Verknüpfung gezogen, als würde man sie bei den Haaren packen und reinschleifen.
Die Heftigkeit ließ beinahe ihre Zähne wackeln, es fühlte sich an, als zöge man ihr die Haut ab. Pevara schloss die Augen und zwang sich dazu, sich nicht zu wehren. Schließlich hatte sie das versuchen wollen; es könnte nützlich sein. Aber den Moment tief empfundener Panik konnte sie nicht unterdrücken.
Sie befand sich in einem Zirkel mit einem Mann, der die Macht lenkte , eines der furchterregendsten Dinge, die die Welt je gesehen hatte. Jetzt hatte einer von ihnen die völlige Kontrolle über sie. Ihre Macht durchströmte sie und schlug dann über ihm zusammen, und Androl keuchte auf.
»So viel …«, sagte er. »Licht, Ihr seid stark.«
Sie gestattete sich ein Lächeln. Die Verknüpfung brachte einen Sturm der Wahrnehmung mit sich. Sie lernte Androls Gefühle kennen. Er hatte genauso viel Angst wie sie. Außerdem war er eine massive Präsenz. Sie hatte immer angenommen, dass eine Verknüpfung mit ihm wegen seines Wahnsinns furchtbar sein würde, aber davon konnte sie nichts wahrnehmen.
Aber Saidin … dieses flüssige Feuer, mit dem er rang, als wollte es ihn wie eine Schlange mit Haut und Haaren verschlingen. Sie zog sich zurück. War es verdorben? Sie war sich nicht sicher, es genau feststellen zu können. Saidin war so anders, so fremd. Die fragmentarischen Berichte der ersten Tage beschrieben den Makel als Ölschicht auf einem Fluss. Nun, den Fluss konnte sie sehen – eigentlich war es mehr ein tosender Strom. Anscheinend war Androl ehrlich zu ihr gewesen und wirklich nicht besonders mächtig. Einen Makel vermochte sie nicht zu spüren – andererseits wusste sie natürlich auch nicht, wonach sie Ausschau halten musste.
»Ich frage mich …«, sagte Androl. »Ich frage mich, ob ich mit dieser Macht ein Wegetor öffnen kann.«
»In der Schwarzen Burg funktionieren keine Wegetore mehr.«
»Ich weiß«, erwiderte er. »Aber ich werde einfach das Gefühl nicht los, dass sie nur einen Fingerbreit außerhalb meiner Reichweite sind.«
Pevara öffnete die Augen und sah ihn an. In dem Zirkel fühlte sie seine Ehrlichkeit, aber ein Wegetor zu erschaffen erforderte viel von der Einen Macht, zumindest wenn es eine Frau tat. Androl würde viel zu schwach für ein derartiges Gewebe sein. War es möglich, dass ein Mann dazu weniger Kraft benötigte?
Er streckte die Hand aus und benutzte irgendwie ihre Macht, die er mit der seinen vermischte. Sie fühlte, wie er durch sie die Eine Macht in sich zog. Sie versuchte die Ruhe zu bewahren, aber es gefiel ihr nicht, dass er die Kontrolle hatte. Sie konnte gar nichts mehr tun!
»Androl«, sagte sie. »Gebt mich frei.«
»Es ist so schön …«, flüsterte er und starrte ins Nichts, als er aufstand. »Fühlt sich das so für die anderen an? Für die, die stark in der Macht sind?«
Er zog mehr von ihrer Macht in sich und benutzte sie. Gegenstände stiegen in die Luft.
»Androl!« Panik. Es war die Panik, die sie nach der Nachricht vom Tod ihrer Eltern verspürt hatte. Seit über hundert Jahren hatte sie nicht mehr solches Entsetzen gefühlt, nicht mehr seit ihrer Prüfung für die Stola.
Er hatte die Kontrolle über ihr Machtlenken. Absolute Kontrolle. Sie fing an, nach Luft zu schnappen, versuchte nach ihm zu greifen. Sie konnte Saidar nicht benutzen, bevor er es nicht wieder für sie freigab – aber er konnte es gegen sie benutzen. Bilder stiegen in ihr auf, wie er ihre eigene Kraft dazu benutzte, um sie mit Luft zu fesseln. Sie konnte die Verknüpfung nicht beenden. Das konnte nur
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