Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
gewöhnlich.« Gelächter erscholl; sie hatten alle zu der oder jener Zeit Dienst an der Grenze nach Murandy gemacht. »Ich hatte einige Gardisten hinuntergeschickt, um den Leutchen in Murandy klarzumachen, wem die Schafe und Rinder auf unserer Seite der Grenze gehörten. Ich erwartete von der Amyrlin keineswegs, dass sie sich für diese Angelegenheit interessiere.« Alle lauschten ihm aufmerksam; wohl bereiteten sie noch immer den Aufbruch vor, doch sie ließen es langsam angehen.
»Siuan Sanche und Elaida zogen sich mit Morgase zurück« – da, jetzt hatte er ihren Namen wieder ausgesprochen und es tat überhaupt nicht weh – »und als sie herauskamen, war Morgase in Gewitterstimmung. Ihre Augen schleuderten Blitze. Sie sah aus, als sei sie gerade zehn Jahre alt und von ihrer Mutter versohlt worden, weil sie Honigkuchen stahl. Sie ist ja eine harte Frau, aber zwischen Elaida und der Amyrlin …« Er schüttelte den Kopf, und sie schmunzelten. Mit den Aes Sedai auszukommen, das überließen sie alle lieber den Lords und Herrschern, und keiner beneidete sie darum. »Sie befahl mir, alle Truppen sofort von der Grenze nach Murandy zurückzuziehen. Ich bat sie, das unter vier Augen mit ihr besprechen zu dürfen, und dann ging Siuan Sanche richtig auf mich los! Vor dem halben Hofstaat machte sie mich zur Schnecke wie einen grünen Rekruten. Sagte, wenn ich nicht tun wolle, was man mir aufträgt, werde sie mich als Köder zum Angeln benützen.« Er hatte sie vielmals um Entschuldigung bitten müssen – natürlich immer noch vor allen anderen –, weil er getan hatte, was zu tun er geschworen hatte. Es war völlig überflüssig gewesen, das von ihm zu verlangen. Bis zum Ende war er nicht sicher gewesen, ob sie Morgase nicht sogar dazu bringen werde, ihn enthaupten zu lassen, oder es sogar selbst besorgte.
»Muss aber einen mächtig großen Fisch im Auge gehabt haben – bei dem Köder!«, lachte jemand, und andere fielen ein.
»Das Ergebnis war, dass ich mir die Finger verbrannt hatte und die Garde von der Grenze zurückgerufen wurde. Also, wenn Ihr jetzt glaubt, ich könne Euch in Ebou Dar beschützen, dann denkt immer daran, dass diese Barmädchen sogar die Amyrlin aufhängen würden, um sie neben uns auf der Leine zu trocknen.« Nun grölten sie vor Vergnügen.
»Habt Ihr je herausgefunden, worum es damals eigentlich ging, Lord Gareth?«, wollte Joni wissen.
Bryne schüttelte den Kopf. »Aes-Sedai-Angelegenheiten, schätze ich. Leuten wie Euch und mir binden sie nicht auf die Nase, was sie vorhaben.« Das brachte ihm noch mal einige Lacher ein.
Sie stiegen mit einer Behendigkeit auf, die ihre Jahre Lügen strafte. Ein paar von ihnen sind nicht älter als ich, dachte er trocken. Zu alt, um hinter einem hübschen Augenpaar herzurennen, dessen Besitzerin jung genug war, um seine Tochter oder sogar seine Enkelin zu sein. Ich will ja nur wissen, warum sie meineidig wurde, sagte er sich energisch. Nicht mehr als das.
So hob er die Hand und gab das Zeichen zum Losreiten, und sie zogen nach Westen. Hinter ihnen erhob sich eine Staubspur. Sie hatten einen harten Ritt vor sich, wollten sie die Mädchen einholen. Aber er hatte es fest vor. Ob in Ebou Dar oder im Krater des Verderbens: er würde sie finden.
KAPITEL 13
Ein kleines Zimmer in Sienda
E layne klammerte sich fest, weil die Kutsche in ihrer ledernen Aufhängung heftig hin und her schaukelte. Sie bemühte sich, Nynaeves düstere Miene ihr gegenüber nicht weiter zu beachten. Die Vorhänge standen auf, obwohl gelegentlich der Staub durch die Fenster hereinwirbelte, doch der leichte Fahrtwind ließ die Hitze des Spätnachmittags erträglicher werden. Sanfte, bewaldete Hügel zogen an ihnen vorüber. Der Wald wurde an manchen Stellen durch einen kurzen Streifen Ackerlands unterbrochen. Das Herrenhaus eines Lords, ganz im Stil Amadicias gehalten, krönte einen der Hügel ein paar Meilen von der Straße: ein mächtiger Steinsockel, fünfzig Fuß hoch, trug obenauf ein verwinkeltes Holzgebäude mit kunstvoll verzierten Balkonen und rot gedeckten Dächern. Einst hätte man das alles aus Stein erbaut, aber es waren schon viele Jahre vergangen, seit ein Lord in Amadicia eine richtige Festung benötigte. Mittlerweile gab es einen königlichen Erlass, dass nur Holzbauten gestattet seien. Kein aufständischer Adliger konnte so dem König lange widerstehen. Natürlich waren die Kinder des Lichts von diesem Erlass ausgenommen. Eine ganze Reihe der Gesetze Amadicias
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