Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
bei jeder Gelegenheit tat.
Die Wachgebliebenen versetzten den anderen einen Tritt, um sie aufzuwecken, und alle blickten erwartungsvoll zu ihm auf. Einen Augenblick lang blieb er im Sattel und musterte sie. Graues Haar und Glatzköpfe und faltige, alte Gesichter. Immer noch hart und gut in Form, aber trotzdem … Er war ein Narr, dass er das Risiko einging, sie nach Murandy zu führen, nur weil er wissen wollte, warum eine Frau meineidig geworden war. Und vielleicht auch noch die Weißmäntel im Nacken hatte. Man konnte nicht einmal sagen, wie weit und wie lange es noch gehen werde, bis die Suche vorbei war. Wenn er jetzt zurückkehrte, wären sie bereits mehr als einen Monat unterwegs, bevor sie wieder nach Korequellen kamen. Wenn er weiterzog, hatte er keine Garantie, dass die Suche vor Erreichen des Arythmeers vorbei sein werde. Er sollte diese Männer eigentlich nach Hause führen und so auch selbst heimkehren. Sollte er. Eigentlich. Er hatte kein Recht dazu, ihnen zu befehlen, diese Mädchen aus den Händen von Weißmänteln zu befreien. Er konnte Mara der Rechtsprechung der Weißmäntel überlassen.
»Wir ziehen nach Westen«, verkündete er, und sofort sprangen die Männer auf, löschten die Feuer mit Tee und befestigten die Kannen an den Sätteln. »Wir werden uns sehr beeilen müssen. Wenn ich kann, will ich sie in Altara erwischen, aber falls nicht, kann ich auch nicht sagen, wohin uns die Suche noch führen wird. Ihr werdet vielleicht Jehannah oder Amador oder Ebou Dar zu sehen bekommen, bevor alles vorüber ist.« Er lachte gezwungen. »Ihr werdet selbst herausfinden, welch harte Männer Ihr noch seid, falls wir bis Ebou Dar kommen. Dort haben sie Tavernen, wo die Barmädchen Illianern die Haut abziehen und Weißmäntel zum Vergnügen aufspießen.«
Sie lachten lauter, als es der Scherz wert war.
»Wir machen uns keine Sorgen, solange Ihr bei uns seid, Lord Gareth«, gackerte Thad, der gerade seinen Blechnapf in die Satteltasche steckte. Sein Gesicht war runzlig wie rissiges Leder. »Ich habe gehört, dass Ihr sogar einen Zusammenstoß mit der Amyrlin selbst hattet, und …« Jar Silvin trat ihm gegen das Bein, und daraufhin fuhr er mit geballter Faust auf den jüngeren Mann los – grauhaarig, aber immer noch jünger als er. »Warum hast du das gemacht, Silvin? Willst du, dass ich dir den Schädel einschlage, oder was?« Schließlich kamen ihm die bedeutungsvollen Blicke Silvins und einiger anderer Männer zu Bewusstsein. »Oh. O ja.« Er beschäftigte sich mit einem Mal ganz konzentriert damit, die Schnallen an seinem Sattel festzuziehen, aber jetzt lachte keiner mehr.
Bryne zwang sich, sein steinernes Gesicht zu entspannen. Es wurde höchste Zeit, dass er die Vergangenheit als vergangen hinnahm. Nur, weil eine Frau, die einst das Bett mit ihm geteilt hatte – und mehr, wie er glaubte –, nur weil diese Frau ihn jetzt ansah, als habe sie ihn noch nie gesehen, hatte er keinen Grund, ihren Namen nicht mehr auszusprechen. Nur weil sie ihn – unter Androhung des Todes – aus Caemlyn verbannt hatte, weil er sie beraten hatte, wie sein Eid es verlangte … Wenn sie unvermittelt vor diesem Lord Gaebril kroch, der so plötzlich in Caemlyn aufgetaucht war, dann ging ihn das nichts mehr an. Sie hatte ihm mit eisiger Stimme mitgeteilt, dass sein Name im Palast niemals mehr ausgesprochen werden dürfe und dass nur seine lange Dienstzeit sie davon abhielt, ihn wegen Verrats zum Henker zu schicken. Verrat! Er musste in bessere Stimmung kommen, besonders dann, wenn diese Jagd sich länger hinziehen sollte.
Er hakte sein Knie am Sattelhorn ein, nahm seine Pfeife heraus und stopfte sie mit Tabak. Der Kopf war in Form eines wilden Bullen geschnitzt, um dessen Hals die Rosenkrone von Andor als Geschirr lag. Das war seit tausend Jahren das Wappen des Hauses Bryne gewesen: Stärke und Mut im Dienst der Königin. Er brauchte eine neue Pfeife, denn diese hier war alt.
»Das habe ich nicht so gut überstanden, wie Ihr anscheinend gehört habt.« Er beugte sich herunter und ließ sich von einem der Männer einen kleinen Zweig aus einem der Feuer reichen, der immer noch glimmte. Dann richtete er sich auf und paffte an seiner Pfeife, bis sie richtig brannte. »Das war vor ungefähr drei Jahren. Die Amyrlin veranstaltete eine Prozession von Cairhien über Tear, Illian und schließlich nach Caemlyn, bevor sie nach Tar Valon zurückkehrte. Zu der Zeit hatten wir Probleme mit den Grenzlords von Murandy – wie
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