Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
werde es Euch überlassen, ihm von Siuan und den Ereignissen in der Burg zu berichten.« Damit vermied sie unangenehme Fragen, denn Rand mit seinem geschwollenen Kopf würde vielleicht mehr über ihre Fähigkeiten als Träumer wissen wollen, als sie erfinden konnte. »Dann ist da noch etwas. Nynaeve hat Verlorene in Tel’aran’rhiod beobachtet. Sie hat alle erwähnt, die noch am Leben sind, bis auf Asmodean und Moghedien. Einschließlich Lanfear. Sie glaubt, die Verlorenen planten irgendetwas, möglicherweise sogar gemeinsam.«
»Lanfear«, sagte Moiraine nach kurzem Schweigen.
Sie wussten beide, dass Lanfear Rand in Tear besucht hatte und vielleicht auch noch weitere Male, von denen er ihnen nicht erzählt hatte. Keiner wusste viel über die Verlorenen, außer den Verlorenen selbst natürlich, denn in der Burg waren nur noch Bruchstücke von Bruchstücken aller Überlieferungen vorhanden, doch war allgemein bekannt, dass Lanfear Lews Therin Telamon geliebt hatte. Sie beide und Rand wussten: Sie liebte ihn immer noch.
»Mit etwas Glück«, fuhr die Aes Sedai fort, »müssen wir uns über Lanfear keine Gedanken machen. Die übrigen, die Nynaeve sah, sind ein ganz anderer Fall. Ihr und ich, wir müssen so genau aufpassen, wie überhaupt nur möglich. Ich wünschte, mehr von den Weisen Frauen könnten die Macht lenken.« Sie lachte ein wenig. »Aber genauso gut könnte ich mir wünschen, sie wären alle in der Burg ausgebildet worden, oder ich hätte das ewige Leben. In Bezug auf eine ganze Menge Dinge sind sie ja sehr stark, aber bei anderen Dingen versagen sie eben.«
»Ständig aufzupassen ist ja schön und gut, aber was sonst noch? Wenn ihn sechs Verlorene auf einmal angreifen, braucht er jedes bisschen Hilfe, das wir ihm geben können.«
Moiraine beugte sich vor und legte ihr eine Hand auf den Arm. Sie blickte dabei schon fast liebevoll drein. »Wir können ihn nicht immer an der Hand halten, Egwene. Er hat das Laufen gelernt. Und er lernt auch das Davonlaufen. Wir können nur hoffen, er lernt es rechtzeitig, bevor ihn seine Feinde fassen. Und natürlich werden wir ihn weiterhin beraten. Ihn führen, wenn er es uns gestattet.« Sie richtete sich auf, streckte sich und unterdrückte hinter der vorgehaltenen Hand ein Gähnen. »Es ist spät, Egwene. Und ich rechne damit, dass uns Rand in ein paar Stunden bereits wieder aufscheucht, auch wenn er selbst kaum zum Schlafen kommt. Ich würde aber gern wenigstens so viel Schlaf bekommen, dass ich nachher nicht vom Pferd falle.«
Egwene stand auf, um zu gehen, aber eine Frage musste sie vorher noch loswerden: »Moiraine, warum habt Ihr begonnen, alles zu tun, was Euch Rand befiehlt? Selbst Nynaeve hält das nicht für richtig.«
»So, sie hält es nicht für richtig?«, murmelte Moiraine schläfrig. »Sie wird schon auch eine Aes Sedai, was sie auch sonst wünschen mag. Warum? Weil ich mich daran erinnert habe, wie man Saidar beherrscht.«
Nach einem Augenblick nickte Egwene. Um Saidar zu beherrschen, musste man sich ihm zuerst ergeben.
Erst, als sie vor Kälte zitternd zu ihrem eigenen Zelt zurückging, wurde ihr bewusst, dass Moiraine zu ihr wie zu einer Gleichgestellten gesprochen hatte. Vielleicht war sie dem Zeitpunkt, an dem sie ihre Ajah wählen musste, doch näher, als sie selbst geglaubt hatte.
KAPITEL 16
Ein unerwartetes Angebot
S onnenschein, der durch das Fenster auf ihr Gesicht fiel, weckte Nynaeve. Einen Moment lang lag sie bequem ausgestreckt auf der gestreiften Bettdecke. Elayne lag schlafend im anderen Bett. Es war bereits warm an diesem frühen Morgen, und in der Nacht war es nicht viel besser gewesen, doch das war nicht der Grund dafür, warum Nynaeves Hemd verknittert und verschwitzt war. Sie hatte keine guten Träume gehabt, nachdem sie das Erfahrene mit Elayne besprochen hatte. In den meisten dieser Träume war sie wieder in der Burg gewesen und vor die Amyrlin gezerrt worden. Manchmal war Elaida Amyrlin und manchmal Moghedien. In ein paar Träumen hatte Rand wie ein Hund neben dem Schreibtisch der Amyrlin gelegen, mit Halsband, Leine und Maulkorb. Auf gewisse Weise waren auch die Träume von Egwene so schlimm gewesen, denn gekochter Katzenfarn und zerstoßene Asblätter darin schmeckten im Traum genauso schlecht wie im wachen Zustand.
Sie schlich müde zum Waschtisch, säuberte ihr Gesicht und putzte die Zähne mit Salz und Soda. Das Wasser war wohl nicht heiß, kühl konnte man das aber auch nicht nennen. Das durchnäßte Hemd zog sie
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