Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
der glühenden Aura Saidars umgeben. Der kleine blaue Edelstein, der normalerweise auf ihrer Stirn hing, baumelte direkt vor ihrem Gesicht an seiner Kette in ihrer erhobenen Hand. Auch er glühte und fügte sein kleines Licht dem der einzigen Lampe im Zelt hinzu. In der Feuergrube lag nur Asche, und selbst der Geruch des Feuers war verflogen.
»Darf ich hereinkommen?«
Sie musste die Frage wiederholen, bis Moiraine antwortete: »Natürlich.« Das Glühen Saidars verflog, und die Aes Sedai befestigte die dünne Goldkette mit dem Stein wieder in ihrem Haar.
»Habt Ihr Rand wieder belauscht?« Egwene setzte sich neben die andere. Hier im Zelt war es genauso kalt wie draußen. Sie entzündete mithilfe der Macht Flammen über der Asche in der Feuergrube und verknotete den Strang. »Ihr habt doch versprochen, dass Ihr es nicht wieder tut.«
»Ich sagte, da die Weisen Frauen ja seine Träume überwachen können, sollten wir ihm etwas mehr Privatleben gönnen. Sie haben mich nicht mehr um meine Hilfe gebeten, seit er sie abgeblockt hat, und ich habe sie ihnen nicht angeboten. Denkt daran, dass sie ihre eigenen Ziele haben, die nicht unbedingt mit denen der Burg übereinstimmen müssen.«
So schnell waren sie also zu dem richtigen Thema gekommen. Egwene war sich noch unsicher, wie sie berichten konnte, was sie erfahren hatte, ohne sich den Weisen Frauen gegenüber zu verraten. Wahrscheinlich war die einzige Möglichkeit, alles zu erzählen und dann nach Gefühl zu handeln. »Elaida ist jetzt Amyrlin, Moiraine. Ich weiß nicht, was mit Siuan passiert ist.«
»Woher wisst Ihr das?«, fragte Moiraine leise. »Habt Ihr beim Traumwandeln etwas in Erfahrung gebracht? Oder ist Euer Talent als Wahrträumerin endlich durchgebrochen?«
Das war ihr Ausweg. Einige der Aes Sedai in der Burg glaubten, sie könne eine Wahrträumerin werden, eine Frau, deren Träume die Zukunft vorhersagten. Sie hatte auch tatsächlich Träume, bei denen sie wusste, dass sie bedeutsam waren, aber sie auslegen zu lernen war eine ganz andere Sache. Die Weisen Frauen sagten einfach, die notwendigen Kenntnisse müssten aus ihr selbst heraus erwachsen, und keine der Aes Sedai war ihr eine Hilfe gewesen. Rand, der auf einem Stuhl saß, und irgendwie wusste sie, dass die Besitzerin des Stuhls unglaublich zornig war, weil er ihren Stuhl genommen hatte. Doch ansonsten war die Tatsache, dass die Eigentümerin des Stuhls eben eine Frau war, das Einzige, was sie aus dem Traum ablesen konnte. Mehr wusste sie nicht darüber. Manchmal waren die Träume recht komplex: Perrin, der mit Faile auf dem Schoß dasaß und sie küsste, während sie mit dem kurzgeschnittenen Bart spielte, den er in ihrem Traum trug. Hinter ihnen flatterten zwei Flaggen: ein roter Wolfskopf und ein karmesinfarbener Adler. Ein Mann in einem leuchtend gelben Kurzmantel stand gleich neben Perrins Schulter. Er hatte ein Schwert auf den Rücken geschnallt, aber trotzdem wusste sie, dass er ein Kesselflicker war. Doch kein Kesselflicker würde je ein Schwert berühren. Und jede Einzelheit an diesem Traum bis auf den Bart erschien ihr wichtig. Die Flaggen, dass Faile Perrin küsste, sogar der Kesselflicker. Jedes Mal, wenn er etwas näher an Perrin heranrückte, war es, als durchdringe eine eisige Weltuntergangsahnung alles. Ein anderer Traum: Mat warf die Würfel mit blutüberströmtem Gesicht. Er hatte die breite Hutkrempe tief heruntergezogen, sodass sie seine Wunde nicht sehen konnte. Daneben steckte Thom Merrilin seine Hand in ein Feuer, um daraus den kleinen blauen Stein hervorzuziehen, der nun auf Moiraines Stirn hing. Oder sie träumte von einem Gewitter: Mächtige dunkle Wolken türmten sich ganz ohne Wind oder Regen, während gezackte Blitze – alle identisch – die Erde aufwarfen. Sie hatte die richtigen Träume, doch bisher war sie als Träumer eine Versagerin gewesen.
»Ich sah einen Steckbrief, in dem Ihr gesucht wurdet, Moiraine, unterzeichnet von Elaida als Amyrlin. Und es war kein gewöhnlicher Traum.« Das stimmte ja auch. Es war nur nicht die ganze Wahrheit. Sie war mit einem Mal froh, dass sich Nynaeve nicht hier befand. Wenn sie hier wäre, dann würde diesmal ich in die Tasse blicken.
»Das Rad webt, wie das Rad es eben wünscht. Vielleicht spielt es nun doch keine so große Rolle mehr, ob Rand die Aiel über die Drachenmauer führt. Ich bezweifle, dass Elaida deshalb mit den einzelnen Herrschern verhandelt, selbst wenn sie weiß, dass Siuan es getan hat.«
»Ist das alles,
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