Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
hart.
Asmodeans Zelt befand sich unweit des seinen. Von dort war kein Laut an sein Ohr gedrungen. Er schlug die Klappe zur Seite und duckte sich hinein. Asmodean saß im Dunklen und kaute auf seiner Unterlippe. Er zuckte zusammen, als Rand erschien. Dann kam er ihm auch schon zuvor: »Ihr habt doch sicher nicht erwartet, dass ich eingreife, oder? Ich habe die Draghkar gespürt, aber mit denen konntet Ihr selbst fertigwerden, und das seid Ihr ja auch. Ich habe die Draghkar noch nie leiden können. Wir hätten sie nicht erschaffen sollen. Sie haben weniger Hirn als ein Trolloc. Gebt ihnen einen Befehl, und sie töten manchmal trotzdem denjenigen, der ihnen am nächsten ist. Wenn ich hinausgegangen wäre, etwas unternommen hätte … Vielleicht hätte mich jemand bemerkt? Was, wenn sie erkannt hätten, dass nicht Ihr es wart, der die Macht lenkt? Ich …«
»Es war gut für Euch, dass Ihr nicht herauskamt«, unterbrach ihn Rand, der sich mit übergeschlagenen Beinen in der Dunkelheit niedergesetzt hatte. »Wenn ich Euch heute Abend von Saidin erfüllt dort draußen gespürt hätte, hätte ich Euch möglicherweise getötet.«
Das Lachen des anderen klang etwas zittrig. »Daran hatte ich auch gedacht.«
»Es war Sammael, der uns heute Abend die Angreifer auf den Hals schickte. Jedenfalls die Trollocs und die Schattenfreunde.«
»Es sieht Sammael gar nicht ähnlich, das Leben seiner Männer so zu verschwenden«, sagte Asmodean bedächtig. »Aber er riskiert andererseits auch zehntausend Tote oder sogar das Zehnfache, wenn es ihm etwas einbringt, das seiner Meinung nach die Opfer wert ist. Vielleicht will auch nur einer der anderen vortäuschen, es sei Sammael gewesen. Und wenn die Aiel auch Gefangene hätten … Trollocs denken nicht viel, außer an Töten, und die Schattenfreunde glauben, was man ihnen sagt.«
»Er war es tatsächlich. Er hat schon einmal auf genau die gleiche Art versucht, mich zu ködern – in Serendahar.« O Licht! Der Gedanke glitt über die Oberfläche des Nichts. Ich sagte ›mich‹. Er hatte keine Ahnung, wo Serendahar gelegen oder was damals geschehen war, nur die eigenen Worte kannte er. Die Worte, die eben erst verklungen waren.
Nach langem Schweigen sagte Asmodean leise: »Das habe ich nicht gewusst.«
»Was ich wissen möchte, ist der Grund.« Rand wählte seine Worte sorgfältig und hoffte, dass es seine eigenen seien. Er erinnerte sich an Sammaels Gesicht. Er war ein Mann – Nicht meine. Es sind nicht meine Erinnerungen! –, ein untersetzter, kräftiger Mann mit kurzem, blondem Bart. Asmodean hatte ihm alle Verlorenen beschrieben, doch ihm war klar, dass dieses Bild in seinem Gedächtnis nichts mit seiner Beschreibung zu tun hatte. Sammael hatte immer größer sein wollen und war frustriert gewesen, dass selbst die Macht das nicht vermochte. Das hatte ihm Asmodean aber nicht gesagt. »Nach allem, was Ihr mir berichtet habt, wird er mich wahrscheinlich nur dann offen bekämpfen, wenn er sich des Sieges gewiss sein kann. Vielleicht noch nicht einmal dann. Ihr sagtet, wenn er könnte, würde er mich wahrscheinlich dem Dunklen König selbst überlassen. Also, warum ist er jetzt so siegessicher; warum will er, dass ich ihn verfolge?«
Sie diskutierten stundenlang in der Dunkelheit, ohne zu klaren Erkenntnissen zu gelangen. Asmodean blieb bei seiner Meinung, es sei einer der anderen gewesen, in der Hoffnung, Rand auf Sammael zu hetzen und damit wenigstens einen oder vielleicht auch beide loszuwerden. Zumindest behauptete Asmodean, er glaube das. Rand spürte immer wieder den fragenden Blick aus den dunklen Augen des Mannes. Seine Worte vorhin waren zu offensichtlich herausgerutscht, als dass er das hätte vertuschen können.
Als er schließlich zu seinem eigenen Zelt zurückkehrte, sprangen Adelin und die anderen Töchter sofort auf. Alle wollten ihm auf einmal mitteilen, dass Egwene weg sei und Aviendha schon lange schlafe, und dass sie zornig auf ihn sei. Dass beide zornig seien. Sie erteilten ihm so viele unterschiedliche Ratschläge, wie man den Zorn der Frauen besänftigen könne, und dazu noch alle gleichzeitig, dass er überhaupt nichts mehr verstand. Schließlich schwiegen sie aber doch, warfen sich bedeutungsschwangere Blicke zu, und schließlich sagte Adelin: »Wir müssen noch über die heutige Nacht sprechen. Über das, was wir taten und was wir versäumten. Wir …«
»Es war gar nichts«, erwiderte er, »und sollte es doch etwas Schlimmes gewesen sein, dann ist es
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