Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
vergeben und vergessen. Ich würde gern zur Abwechslung einmal ein paar Stunden Schlaf genießen. Wenn Ihr weiter darüber reden wollt, dann geht zu Amys oder Bair. Ich bin sicher, sie verstehen viel besser als ich, worauf Ihr hinauswollt.« Das brachte sie überraschenderweise wirklich zum Schweigen, und sie ließen ihn hineingehen.
Aviendha lag unter ihren Decken. Ein schlankes, weißes, unbedecktes Bein ragte heraus. Er bemühte sich, weder das Bein noch sie selbst anzublicken. Sie hatte eine Lampe angelassen. Dankbar schob er sich unter seine Decken und löschte die Lampe mithilfe der Macht. Dann ließ er Saidin los. Diesmal träumte er von Aviendha, wie sie Feuer schleuderte, allerdings nicht auf den Draghkar. Sammael saß neben ihr und lachte.
KAPITEL 23
»Euren fünften Teil bekommt Ihr von mir«
E gwene ließ ihre Stute um eine grasbewachsene Anhöhe herumtraben und beobachtete die Ströme von Aiel, die sich vom Jangai-Pass herunterwälzten. Durch den Sattel war ihr Rock wieder bis übers Knie hochgerutscht, aber das bemerkte sie jetzt kaum. Sie konnte ihn nicht jede Minute wieder herunterziehen. Und sie trug ja Strümpfe. Es war nicht so, als zeige sie nackte Beine.
Die Kolonnen der Aiel marschierten in schnellem Schritt unten an ihr vorbei. Sie waren streng nach Clan, Sept und Kriegergemeinschaft geordnet. Tausende und Abertausende kamen dort mit ihren Packpferden und Maultieren entlang; dazu die Gai’shain , die sich um das Lager kümmerten, während die anderen in den Kampf zogen. Das Ganze erstreckte sich über eine Breite von mindestens einer Meile. Weitere Aiel befanden sich noch hinten auf dem Pass oder so weit voraus, dass man sie bereits nicht mehr sehen konnte. Trotz des Fehlens ganzer Familien schien es, als befinde sich ein ganzes Volk auf dem Marsch. Die Straße hier war ein Teil der Seidenstraße gewesen, ganze fünfzig Schritt breit und mit großen, weißen Steinplatten gepflastert. Sie schnitt sich geradewegs zwischen den Hügeln hindurch. Man hatte sogar Hohlwege ausgehoben, damit die Straße gerade und auf einer Ebene verlaufen konnte. Viele Pflastersteine standen nun allerdings schief heraus, hatten sich an einer Ecke gehoben, an einer anderen gesenkt und zeigten deutlich das Alter der Straße. Es war bestimmt länger als zwanzig Jahre her, seit diese Straße mehr Verkehr erlebt hatte als die Karren der ortsansässigen Bauern oder gelegentlich ein paar Planwagen. Jedenfalls war sie unter den Massen der Aielfüße nur an wenigen Stellen sichtbar, obwohl die Aiel es ja vorzogen, mit ihren bloßen Füßen auf dem Gras zu laufen.
Es war ein Erlebnis, endlich wieder Bäume zu sehen, richtige Bäume, hoch aufragende Eichen und Lederblattbäume, die tatsächlich sogar in kleinen Hainen wuchsen, und nicht nur gelegentliche, vom Wind verformte, verkrüppelte Karikaturen eines Baumes. Das hohe Gras wogte im leichten Wind auf den Hügeln. Nach dem Wüstenklima schien die Luft hier wunderbar kühl und feucht, obwohl ihr die braunen Blätter und die großflächigen braunen Stellen im Gras deutlich machten, dass es hier doch wohl heißer und trockener war, als sonst um diese Jahreszeit üblich. Trotzdem war die ländliche Gegend Cairhiens ein üppiges Paradies, verglichen mit der anderen Seite der Drachenmauer.
Ein kleiner Bach wand sich unter einer niedrigen Brücke hindurch nach Norden. Am Rand war der getrocknete Lehm eines viel breiteren Bettes sichtbar. In dieser Richtung, nicht zu viele Meilen entfernt, befand sich der Gaelin, ein etwas größerer Fluss. Sie fragte sich, wie sich die Aiel wohl verhalten würden, wenn sie den Fluss erreichten. Sie hatte schon einmal Aiel an einem Fluss beobachten können. Der arg geschrumpfte Wasserlauf sorgte für eine abrupte Unterbrechung im stetigen Strom der Menschen. Männer und Töchter des Speers blieben stehen und sahen ihn erstaunt an, bevor sie hinübersprangen.
Kaderes Wagen rumpelten auf der Straße an ihr vorbei. Die langen Maultiergespanne mussten hart arbeiten, blieben aber trotzdem langsam hinter den Aiel zurück. Sie hatten vier Tage gebraucht, um die unzähligen Windungen und Kehren des Passes zu bewältigen, und Rand hatte offensichtlich vor, während der wenigen noch verbleibenden Stunden des Tageslichts so weit wie möglich nach Cairhien hinein vorzustoßen. Moiraine und Lan ritten neben den Wagen her; nicht vorneweg und auch nicht neben Kaderes kleinem, weißen, kastenförmigen Wohnwagen an der Spitze, sondern neben dem zweiten
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