Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
eingenommen. Viele dieser Banden, die Cairhien unsicher machten, gehörten zu keinem der Adelshäuser und hielten nur einem Herrn die Treue: dem Gold.
Rand trat zu einem Haus, das einst einem reichen Kaufmann gehört haben musste. Es befand sich am größeren der beiden Plätze dieser Stadt und bestand aus drei quadratisch angelegten Stockwerken aus grauem Marmor mit Steinbalkonen und einer breiten Treppe mit dicken, kantigen Steingeländern; von den oberen Stufen konnte man auf einen stillen Springbrunnen hinabsehen, in dessen rundem Becken nur noch Staub lag. Er hatte die Gelegenheit nützen wollen, endlich wieder einmal in einem richtigen Bett zu schlafen, und er hoffte insgeheim, Aviendha würde das Zelt vorziehen, ob nun seines oder das der Weisen Frauen. Es war ihm gleichgültig, solange er nur nicht wieder versuchen musste, einzuschlafen, während nur wenige Schritt von ihm entfernt ihre Atemzüge erklangen. In letzter Zeit hatte er sich schon eingebildet, er könne ihr Herz schlagen hören, obwohl er noch nicht einmal Saidin in sich aufgenommen hatte. Doch falls sie wieder bei ihm schlief, hatte er Vorsichtsmaßnahmen ergriffen.
Die Töchter blieben an der Treppe stehen. Ein paar umkreisten das Gebäude, um es von allen Seiten zu bewachen. Er hatte schon befürchtet, sie würden das Gebäude, selbst nur für die eine Nacht, zum Dach der Töchter erklären. Und als stattdessen er dieses Haus ausgewählt hatte, eines der wenigen im Ort, das noch ein festes Dach aufwies und bei dem fast alle Fenster heil waren, machte er Sulin unmissverständlich klar, dass er dies zum Dach der Weinquellenbrüder erkläre. Niemand dürfe es betreten, der nicht aus der Weinquelle in Emondsfelde getrunken habe. Ihrem Blick nach zu schließen, den sie ihm zuwarf, wusste sie sehr wohl, worauf er hinauswollte, aber keine folgte ihm weiter als bis zur Eingangstür, die aus schmalen, senkrechten Holztafeln zusammengesetzt schien.
Die großen Innenräume waren kahl. Weißgekleidete Gai’shain hatten ein paar Decken für den eigenen Bedarf in einer weiträumigen Halle ausgebreitet, deren hohe Stuckdecke ganz aus nüchternen Quadraten zusammengesetzt war. Die Gai’shain konnte er nicht wegschicken, auch wenn es ihm lieber gewesen wäre, genauso wenig wie Moiraine, falls sie nicht irgendwo anders schlief. Welche Befehle er auch erließ, um nicht gestört zu werden, sie fand doch immer einen Weg, an den Töchtern vorbeizukommen, und es bedurfte eines wirklich harschen Befehls, damit sie auch wirklich ging.
Die Gai’shain , ob Mann oder Frau, erhoben sich geschmeidig, noch bevor er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Sie würden nicht vor ihm Schlafen gehen, und ein paar würden sich ablösen, um auch in der Nacht bereitzustehen, falls er irgendwelche Wünsche hatte. Er hatte versucht, sie davon abzubringen, aber einem Gai’shain zu sagen, er oder sie solle nicht dienen, wie es der Brauch war, hatte denselben Effekt wie ein Tritt gegen einen Sack Wolle: welchen Eindruck seine Zehen auch hinterlassen mochten, er war verschwunden, sobald die Zehen wieder weg waren. Er winkte sie weg und ging die Marmortreppe hinauf. Ein paar dieser Gai’shain hatten einige wenige Möbelstücke zusammengetragen, darunter auch ein Bettgestell und zwei Federbetten, und so freute er sich darauf, sich waschen zu können und dann …
Er erstarrte, als er die Türe zu seinem Schlafzimmer öffnete. Aviendha hatte sich nicht für das Zelt entschieden. Sie stand vor dem Waschtisch mit der gesprungenen Schüssel und dem überhaupt nicht dazu passenden Krug, hatte einen Lappen in der einen Hand und ein Stück gelber Seife in der anderen. Sie trug keine Kleider. Sie schien genauso erschrocken wie er und konnte sich genauso wenig rühren.
»Ich …« Sie hielt inne und schluckte. Große grüne Augen blickten ihn an. »Ich konnte in diesem … in dieser Stadt kein Dampfzelt aufbauen, also dachte ich, ich versuche einmal Eure Art der …« Stramme Muskeln und sanfte Rundungen kennzeichneten ihren Körper. Er glänzte feucht von Kopf bis Fuß. Er hatte sich nicht vorgestellt, dass ihre Beine so lang wären. »Ich hatte geglaubt, Ihr würdet länger an der Brücke bleiben. Ich …« Sie riss die Augen in Panik auf und gab ein erschrockenes Quieken von sich. »Ich habe es nicht darauf angelegt, dass Ihr mich so seht! Ich muss fort von Euch! Soweit ich nur kann! Ich muss weg!«
Plötzlich erschien neben ihr eine schimmernde senkrechte Spalte in der Luft. Sie
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