Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
wo er Aviendha versunken glaubte. Dann lenkte er Stränge aus Feuer ein Stück vom Bach entfernt in den noch schneefreien Boden, bis der Sand dort schmolz und weißglühend zusammenfloss. Sogar in diesem Sturm würde es hier eine Weile lang heiß bleiben. Er legte das Bündel daneben in den Schnee. Ihr Leben würde davon abhängen, dass er die Decken und alles andere wiederfand. Dann watete er durch den tiefen Schnee auf der einen Seite seines geschmolzenen Pfades und legte sich schließlich flach auf den Bauch. So schob er sich hinaus auf die von Schnee bedeckte Eisfläche.
Der Wind heulte über ihn hinweg. Er hätte genauso gut ohne Mantel sein können. Seine Hände waren mittlerweile starr vor Kälte, und in seinen Füßen hatte er auch fast kein Gefühl mehr. Das Zittern hatte bis auf ein gelegentliches Schaudern aufgehört. In der kalten Ruhe des Nichts war ihm bewusst, was geschah. Es gab manchmal auch an den Zwei Flüssen Schneestürme, vielleicht sogar genauso starke wie diesen hier. Sein Widerstand ließ langsam nach. Wenn er seinen Körper nicht bald erwärmte, würde er gelassen aus der Sicherheit des Nichts beobachten, wie er starb. Doch falls er starb, würde auch Aviendha sterben. Vielleicht war sie sogar schon tot.
Er fühlte mehr, als dass er hörte, wie das Eis unter seinem Gewicht knackte. Seine tastenden Hände erreichten Wasser. Das musste die Stelle sein, aber durch den wirbelnden Schnee hindurch konnte er fast nichts sehen. Er schlug mit den Armen ins Wasser, suchte klatschend mit gefühllosen Händen. Eine traf auf etwas nahe der Eiskante, und er befahl seinen Fingern, sich darum zu schließen. Gefrorene Haare knisterten und brachen.
Muss sie herausziehen. Er krabbelte rückwärts und zerrte an ihr. Sie war ein totes Gewicht, das langsam, ganz langsam aus dem Wasser glitt. Gleichgültig, ob das Eis ihre Haut aufschürft. Besser das, als sie erfrieren oder ertrinken zu lassen. Nach hinten. Weiterbewegen. Wenn du aufgibst, stirbt sie. Beweg dich, verdammt noch mal! Kriechen. Mit den Beinen ziehen und mit einer Hand nach hinten schieben. Die andere hatte sich in Aviendhas Haar verkrampft. Keine Zeit, sie irgendwo anders zu packen; sie spürte es sowieso nicht. Du hast es schon zu lange zu gut gehabt. Lords knien vor dir nieder und Gai’shain rennen, um dir Wein zu bringen, und Moiraine macht auch noch alles, was du ihr sagst. Rückwärts. Es wird Zeit, dass du mal wieder selbst was machst, falls du das überhaupt noch kannst. Beweg dich, du verdammter Hurensohn! Beweg dich gefälligst!
Plötzlich schmerzten seine Füße. Der Schmerz kroch langsam in seine Beine zurück. Er brauchte einen Augenblick, bis er nach hinten blickte und sich schnell von dem dampfenden Fleck geschmolzenen Sandes herunterrollte. Dünne Rauchfäden, die von seiner angesengten Hose aufstiegen, wurden vom Wind zerstreut.
Er tastete nach dem Bündel, das daneben lag, und wickelte Aviendha von Kopf bis Fuß in alles ein, was er mitgebracht hatte – Decken, Bettunterlage, Kleidungsstücke. Jedes bisschen Schutz vor der Kälte war wichtig. Sie hatte die Augen geschlossen und rührte sich nicht. Er schob die Decken weit genug auseinander, dass er sein Ohr an ihre Brust legen konnte. Ihr Herz schlug so langsam, dass er sich den Herzschlag vielleicht auch nur einbildete. Selbst die vier Decken und die dicke Bettunterlage reichten nicht aus, doch er konnte nicht so einfach Wärme mithilfe der Macht in sie einströmen lassen wie in den Boden. Selbst wenn er die Stränge so dünn wie eben möglich webte, würde er sie damit eher töten als aufwärmen. Er nahm das Gewebe wahr, das er benützt hatte, um ihr Tor offenzuhalten, vielleicht eine oder zwei Meilen entfernt im Sturm. Versuchte er, sie so weit zu tragen, würden sie beide nicht überleben. Sie brauchten einen schützenden Unterschlupf, und den hier an Ort und Stelle.
Er webte Stränge aus Luft, und Schnee glitt gegen die Windrichtung über den Boden, ballte sich zusammen und formte schließlich dicke, glatte Wände im Abstand von etwa drei Schritt voneinander. Eine Öffnung war als Tür geblieben. Die Wände wuchsen nach oben weiter. Der Schnee wurde zusammengepresst, bis er wie Eis glitzerte. Ein Dach schob sich über die Grundmauern, hoch genug, um darunter stehen zu können. Er hob Aviendha auf seine Arme und stolperte mit ihr in das dunkle Innere hinein. Er webte kleine Flammen, die in den Ecken tanzten, und verknotete das Gewebe. Dann lenkte er weitere Stränge so,
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