Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
den Höflichkeitsregeln. »Das Licht sei Eurem Schwert gnädig, Mat. Oder besser gesagt, Eurem Speer.« Dann war auch er weg.
Daerid blickte zu Mat auf, als die drei hügelabwärts verschwanden, und er wischte sich mit einem Finger das Regenwasser von den Augenbrauen. »Also bleibt Ihr diesmal bei den Pikeuren. Ihr dürft Euch aber nicht von Eurem Zorn auf Couladin übermannen lassen. Eine Schlacht ist nicht der richtige Ort, um ein Duell auszufechten.«
Mat hielt sich mit Mühe davon ab, Augen und Mund aufzureißen. Ein Duell? Er? Mit Couladin? Glaubte Daerid, deshalb wolle er bei der Infanterie bleiben? Er hatte das doch nur beschlossen, weil er hinter ihren Piken sicherer war. Das war der wahre Grund. Der ganze Grund. »Macht Euch keine Sorgen. Ich kann mich beherrschen.« Und er hatte Daerid für den vernünftigsten in diesem ganzen Haufen gehalten!
Der Mann aus Cairhien nickte bloß. »Das dachte ich mir. Ihr habt auch früher schon gesehen, wie man mit den Piken kämpft, und bestimmt auch ein paar Angriffe miterlebt. Talmanes wird wohl erst dann ein Lob aussprechen, wenn zwei Monde am Himmel stehen, aber ich habe gehört, wie er sagte, er werde Euch folgen, wo immer Ihr ihn auch hinführt. Eines Tages würde ich schon gern einmal Eure Lebensgeschichte hören, Andoraner. Aber Ihr seid jung – das soll nicht respektlos sein, aber es stimmt eben –, und junge Männer haben ein hitziges Temperament.«
»Dieser Regen wird es abkühlen, wenn sonst nichts helfen sollte.« Blut und Asche! Waren sie denn alle übergeschnappt? Talmanes sollte ihn gepriesen haben? Er fragte sich, was sie wohl sagen würden, fänden sie heraus, dass er lediglich ein Spieler war, der Bruchstücken von Erinnerungen Folge leistete, die von Männern stammten, die schon tausend oder mehr Jahre tot waren. Dann würden sie wahrscheinlich Lose ziehen, wer als Erster die Chance haben sollte, ihn wie ein Schwein auf den Spieß zu stecken. Besonders die Lords; keiner mochte es, zum Narren gehalten zu werden, aber die Adligen noch weniger als alle anderen, vielleicht, weil sie das selbst so oft fertigbrachten. Wie auch immer, er wollte jedenfalls meilenweit entfernt sein, wenn sie diese Entdeckung machten. Verdammter Couladin! Ich würde ihm zu gern mit diesem Speer das Maul stopfen! Er gab Pips die Fersen zu spüren und ritt zum gegenüberliegenden Hang hinüber, unter dem die Infanterie wartete.
Auch Daerid kletterte in den Sattel und hielt sich neben ihm. Er nickte, als Mat ihm seinen Schlachtplan erklärte. Die Bogenschützen an die Abhänge, wo sie die Flanken decken konnten. Aber sie sollten sich hinlegen und bis zur letzten Minute im Gestrüpp verbergen. Ein Mann oben auf dem Hügel, um den anderen das Signal zu geben, sobald die Aiel in Sicht kamen, und dann sollten die Pikeure sofort losmarschieren, und zwar geradewegs auf den sich nähernden Feind zu. »In dem Moment, da wir die Shaido sehen können, ziehen wir uns so schnell wie möglich zurück, beinahe bis zu dem Einschnitt zwischen diesen beiden Hügeln, und dann drehen wir um und stellen uns ihnen.«
»Sie werden glauben, wir wollten erst fliehen, hätten dann begriffen, dass es nicht mehr geht, und würden uns nun wie ein Bär gegen die Meute wenden. Sie sehen, dass wir weniger als die Hälfte so stark sind wie sie und nur gezwungenermaßen kämpfen, also werden sie glauben, sie könnten uns einfach überrennen. Wenn wir sie nur so lange beschäftigen können, bis die Kavallerie von hinten über sie hereinbricht …« Der Mann aus Cairhien grinste tatsächlich einmal. »Das heißt, die Taktik der Aiel gegen sie selbst wenden.«
»Es wird verdammt notwendig sein, sie so lange zu beschäftigen.« Mats Tonfall war genauso trocken wie er selbst durchnässt. »Um sicherzugehen, dass wir lange genug widerstehen, und um sicherzugehen, dass sie uns nicht umgehen und von den Flanken her angreifen, will ich, dass Eure Soldaten etwas schreien, sobald wir aufhören, uns zurückzuziehen; ›Schützt den Lord Drachen!‹« Diesmal lachte Daerid schallend los.
Das sollte die Shaido nun wirklich zum ungehemmten Angriff verführen, besonders, wenn Couladin selbst sie führte. Falls Couladin sie anführte, falls Couladin glaubte, Rand befinde sich wirklich bei den Pikeuren, falls die Truppe aushielt, bis die Kavallerie angriff … Ziemlich viele Unsicherheitsfaktoren. Mat hörte, wie in seinem Kopf die Würfel rollten. Das war der höchste Einsatz, den er bisher in seinem Leben gewagt hatte.
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