Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
einzelnen Speer in seiner Nähe behalten wollte. Andererseits war er alles andere als glücklich darüber, dass ausgerechnet Enaila, Lamelle und Somara unter den zwanzig waren. Die besorgten Blicke, die sie ihm zuwarfen – besonders Lamelle, eine hagere Frau mit kräftigem Kinn und dunkelrotem Haar, fast zwanzig Jahre alter als er –, ließen ihn mit den Zähnen knirschen, während er sich bemühte, beruhigend zurückzulächeln. Irgendwie musste Aviendha es fertiggebracht haben, hinter seinem Rücken mit Sulin und ihnen zu sprechen. Ich kann mich vielleicht der Töchter nicht erwehren, dachte er grimmig, als er einem der Diener ein Leinenhandtuch zurückgab, aber seng mich, wenn eine ganz bestimmte Aielfrau nicht feststellen wird, dass ich der Car’a’carn bin!
Die anderen Hochlords begrüßten ihn am Fuß der breiten, grauen Treppe, die vom Hof hochführte. Alle waren in bunte Seidenröcke gekleidet, zumeist mit Satinstreifen und silberbeschlagenen Stiefeln. Es war eindeutig, dass niemand von ihnen vorher von Meilans Ausritt zu seiner Begrüßung erfahren hatte. Torean mit dem Kartoffelgesicht, seltsam träge für einen solch kräftigen Mann, schnüffelte ängstlich an einem parfümierten Taschentuch. Gueyam, dessen eingeölter Bart seinen Glatzkopf noch kahler erscheinen ließ, ballte Fäuste vom Umfang kleiner Speckseiten und funkelte Meilan zornig an, während er sich bereits vor Rand verbeugte. Simaans spitze Nase schien vor Empörung zu beben; Maraconn, dessen blaue Augen in Tear eine Rarität waren, presste seine sowieso schon dünnen Lippen aufeinander, bis sie fast nicht mehr zu sehen waren, und obwohl Hearnes schmales Gesicht zu einem Lächeln verzogen war, zupfte er sich unbewusst an einem Ohrläppchen, was er immer tat, wenn er wütend war. Nur der überschlanke Aracome zeigte äußerlich keinerlei Gefühlsregung, aber er beherrschte seinen Zorn fast immer solange, bis es Zeit war, ihn nach außen hin explodieren zu lassen.
Die Gelegenheit war zu gut, um sie auszulassen. Er dankte Moiraine innerlich für ihren Unterricht. Sie sagte immer, es sei leichter, einem Narren ein Bein zu stellen, als ihn zu Boden zu schlagen. So schüttelte Rand Toreans fette Hand ganz herzlich und klopfte Gueyam auf eine kräftige Schulter, erwiderte Hearns Lächeln mit einem, das so warm war, als gelte es einem guten Freund, und nickte Aracome schweigend, aber mit einem bedeutungsvollen Blick zu. Dafür ignorierte er Simaan und Maraconn nahezu vollständig, nachdem er ihnen jeweils einen Blick, so kalt und tief wie ein See im Winter, zugeworfen hatte.
Das war alles, was im Augenblick getan werden musste. Natürlich beobachtete er ihre Mienen, wie sie Blicke wechselten und nachdenklich dreinblickten. Sie hatten das ganze Leben lang Daes Dae’mar , das Spiel der Häuser, gespielt, und sich in Cairhien aufzuhalten, wo jeder Adlige ganze Bände in eine hochgezogene Augenbraue oder ein Husten hineinlesen konnte, hatte ihre Empfindlichkeit nur gesteigert. Jeder Einzelne wusste, dass Rand keinen Grund zu besonderer Freundlichkeit ihm gegenüber hatte, aber jeder musste sich Gedanken darüber machen, ob die Begrüßung ihm gegenüber lediglich eine echte Verbindung zu einem der anderen vertuschen solle. Simaan und Maraconn schienen am meisten besorgt zu sein, und doch wurden sie von den anderen ganz besonders misstrauisch beobachtet. Vielleicht war sein kühles Benehmen auch nur ein Täuschungsmanöver gewesen? Oder er wollte genau das alle glauben machen.
Was ihn betraf, so glaubte Rand, Moiraine und Thom Merrilin wären sicherlich stolz auf ihn. Auch wenn keiner dieser sieben im Augenblick aktiv gegen ihn intrigierte, obwohl darauf noch nicht einmal Mat wetten würde, konnten Männer in ihren Positionen viel tun, um seine Pläne zu stören, ohne selbst in Erscheinung zu treten, und das würden sie aus bloßer Gewohnheit tun, wenn sie sonst keinen Grund hatten. Oder besser, sie hätten es getan. Jetzt hatte er sie aus dem Gleichgewicht gebracht. Wenn er diesen Zustand erhalten konnte, wären sie zu sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig zu belauern, und zu besorgt darüber, selbst belauert zu werden, um ihm Schwierigkeiten zu bereiten. Vielleicht gehorchten sie sogar ausnahmsweise einmal, ohne tausend Gründe zu suchen, warum man das ganz anders anpacken müsse, als er wollte. Nun, möglicherweise war das zu viel verlangt.
Seine Selbstzufriedenheit verging ihm, als er Asmodean anzüglich grinsen sah. Und Aviendhas
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