Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
Asmodean wirkte blass um die Augen. Pevins Gesichtsausdruck änderte sich nicht, obwohl das fröhlich über ihm flatternde Banner an diesem Ort wie blanker Hohn wirkte.
Was vor ihm lag, war auch nicht viel besser. Rand hatte das Vortor als eine Art lärmenden Bienenstock in Erinnerung, ein Durcheinander von lärm- und lebenerfüllten bunten Straßen und Gassen. Jetzt lag alles still da, und nur ein breiter Streifen Asche umgab die kantige graue Stadtmauer Cairhiens auf drei Seiten. Verkohlte Balken lagen ineinander verkeilt auf Steinfundamenten, und hier und da stand immer noch ein rußiger Schornstein, allerdings oft gefährlich zur Seite geneigt. Er sah einmal einen Stuhl, der fast unversehrt auf der Lehmstraße lag, dann wieder ein wohl hastig zusammengerafftes Bündel, das jemand auf der Flucht schließlich doch hatte fallen lassen, oder eine Stoffpuppe. Alles das betonte nur den Eindruck von Verwüstung.
Ein leichter Wind bewegte einige der Flaggen an den Türmen der Stadt und auf der Mauer. An einem Mast entdeckte er einen rotgoldenen Drachen auf weißem Grund, und an einem anderen wiederum sah er die weißen Halbmonde Tears auf rotem und goldenem Grund. Der Mittelteil des Jangai-Tores stand offen, drei hohe, rechteckige Öffnungen im grauen Stein, die von tairenischen Soldaten mit breitrandigen Helmen bewacht wurden. Einige waren beritten, doch die meisten zu Fuß. Die verschiedenfarbigen Streifen an ihren weiten Ärmeln zeigten, dass es sich um Gefolgsleute mehrerer Lords handeln musste.
Was man auch in der Stadt über den Sieg in der Schlacht wissen mochte und darüber, dass verbündete Aiel sie gerettet hatten, so erregte die Ankunft eines halben Tausends Far Dareis Mai doch einiges Aufsehen. Hände griffen unsicher nach den Heften der Schwerter oder nach Speeren und langen Schilden, oder nach Lanzen. Einige Soldaten machten Anstalten, die Tore zu schließen, während sie noch ihren Offizier fragend anblickten. Der Mann mit seinen drei weißen Federn am Helm zögerte, stellte sich in den Steigbügeln auf und hob die Hand über seine Augen, um das rote Banner gegen die Sonne besser sehen zu können. Und natürlich vor allem Rand.
Mit einem Mal setzte sich der Offizier ruckartig in den Sattel und rief etwas, das zwei der berittenen Tairener dazu veranlasste, durch das Tor in die Stadt zu galoppieren. Gleich darauf winkte er die anderen Männer beiseite und schrie: »Macht Platz für den Lord Drachen Rand al’Thor! Das Licht erleuchte den Lord Drachen! Ruhm und Ehre dem Wiedergeborenen Drachen!«
Die Soldaten waren der Töchter des Speers wegen immer noch nervös, aber sie stellten sich doch schnell in zwei Reihen neben den Torflügeln auf und verbeugten sich tief, als Rand hindurchritt. Aviendha schnaubte vernehmlich an seinem Rücken und dann noch einmal, als er lachte. Sie verstand das nicht, und er hatte nicht die Absicht, sie aufzuklären. Was ihn so amüsierte, war die Tatsache, dass die Tairener und die Soldaten aus Cairhien wohl versuchten, ihn so hochnäsig und eingebildet wie nur möglich werden zu lassen, doch er konnte sich darauf verlassen, dass sie und die Töchter dafür sorgen würden, ihm diese Überheblichkeit ganz schnell wieder auszutreiben. Und Egwene. Und Moiraine. Und was das betraf, zeigten auch Elayne und Nynaeve die gleichen Fähigkeiten, falls er sie jemals wiedersah. Wenn er es recht bedachte, dann machten sich das recht viele von ihnen zur Lebensaufgabe. Die Stadt jenseits des Tores ließ sein Lachen verstummen.
Hier waren die Straßen gepflastert, einige breit genug, um ein Dutzend Wagen nebeneinander hindurchzulassen, und alle schnurgerade. Sie kreuzten sich stets im rechten Winkel. Die Hügel, die sich von außerhalb der Mauer hereinzogen, waren hier zu Terrassen gestaltet und von Mauern eingefasst. Sie wirkten genauso künstlich und von Menschenhand erbaut wie die Steingebäude mit ihrer strengen Linienführung und den harten Kanten oder die großen Türme mit den unvollendeten Spitzen, die von Baugerüsten umgeben waren. Menschen drängten sich auf Straßen und Gassen, hohlwangig und mit glanzlosen Augen. Sie duckten sich unter provisorische Schutzdächer oder unter zerfledderte Decken, die man zu Zelten aufgespannt hatte. Oder sie drängten sich einfach auf den offenen Flächen zusammen. Sie trugen die dunkle Kleidung, wie sie von den Stadtbewohnern Cairhiens bevorzugt wurde, und die bunten Kleider der Leute aus dem Vortor und die grob gewebte Bekleidung der Bauern und
Weitere Kostenlose Bücher