Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
erwiderte Egwene.
»Sicher. Und doch wird er Euch brauchen. Ruht Euch gut aus. Morgen wird ein … schwerer Tag für uns alle.« Damit glitt sie den Korridor entlang, durch Dämmerlicht, durch den schwachen Schein einer Lampe, dann wieder ins Dämmerlicht hinein. In diesen düsteren Räumen brach bereits der Abend an und das Öl war knapp.
»Bleibst du noch eine Weile bei mir, Aviendha?«, bat Egwene. »Mir ist mehr nach Unterhaltung zumute als nach Essen.«
»Ich muss Amys noch mitteilen, was ich morgen zu tun versprochen habe. Und ich muss in Rand al’Thors Schlafgemach sein, wenn er sich dorthin begibt.«
»Elayne kann sich wirklich nicht beklagen, dass du Rand nicht sorgfältig genug für sie gehütet hättest. Hast du wirklich Lady Berewin am Haar durch den Flur geschleift?«
Aviendhas Wangen röteten sich leicht. »Glaubst du, diese Aes Sedai in – Salidar? – werden ihn unterstützen?«
»Sei vorsichtig mit diesem Namen, Aviendha. Wir können Rand nicht gestatten, unvorbereitet auf sie zu stoßen.« So, wie er sich im Augenblick verhielt, war es wahrscheinlicher, dass sie ihn einer Dämpfung unterzogen oder ihm zumindest dreizehn eigene Schwestern auf den Hals schickten, anstatt ihm zu helfen. Sie würde sich in Tel’aran’rhiod zwischen die Gruppen stellen müssen, sie und Nynaeve und Elayne, und darauf hoffen, dass diese Aes Sedai sich bereits zu sehr für Rand eingesetzt hatten, um noch einen Rückzieher machen zu können, wenn sie entdeckten, wie nahe am Rande des Wahnsinns er sich befand.
»Ich werde vorsichtig sein. Schlaf gut. Und iss heute Abend noch kräftig. Am Morgen dagegen solltest du nichts mehr essen. Es ist nicht gut, den Tanz der Speere mit vollem Magen zu beginnen.«
Egwene blickte ihr hinterher, wie sie davonschritt, und dann drückte sie mit beiden Händen ihre Magengegend. Sie hatte nicht das Gefühl, als würde sie heute Abend oder morgen früh noch etwas essen können. Rahvin. Und möglicherweise Lanfear oder eine der anderen. Nynaeve hatte sich Moghedien gestellt und sie bezwungen. Aber Nynaeve war stärker als sie oder Aviendha, falls sie gerade die Macht benutzen konnte. Vielleicht war ja doch niemand sonst dabei. Rand hatte gesagt, die Verlorenen trauten einander keineswegs. Sie wünschte fast, er habe diesmal nicht recht oder er sei sich wenigstens nicht so sicher. Es ängstigte sie, wenn sie glaubte, einen anderen Mann aus seinen Augen blicken zu sehen und die Worte eines anderen aus seinem Mund zu hören. Es sollte sie nicht so erschrecken; schließlich wurde jedermann wiedergeboren, wenn sich das Rad weiterdrehte. Aber jedermann war eben nicht der Wiedergeborene Drache. Moiraine wollte nicht darüber sprechen. Was würde Rand tun, falls sich Lanfear dort befand? Lanfear hatte Lews Therin Telamon geliebt, doch was hatte der Drache für sie empfunden? Wie viel an Rand war überhaupt noch Rand?
»Auf diese Weise wirst du dich nur immer mehr in Ängste hineinsteigern«, sagte sie sich energisch. »Du bist doch kein Kind mehr. Benimm dich wie eine Frau!«
Als eine Dienerin ihr das Abendessen brachte – Brechbohnen und Kartoffeln und dazu frisch gebackenes Brot –, zwang sie sich zum Essen. Es schmeckte wie Asche.
Mat schritt durch die schlecht beleuchteten Gänge des Palastes und riss schließlich die Tür zu den Gemächern auf, die man dem jungen Helden der Schlacht gegen die Shaido zugedacht hatte. Nicht, dass er hier viel Zeit verbracht hätte. Er kam nur selten her. Die Diener hatten zwei der Lampen auf den hohen Ständern angezündet. Held! Er war kein Held! Was bekam denn ein Held? Eine Aes Sedai tätschelte einem den Kopf und schickte ihn dann wie einen treuen Hund wieder auf die Jagd. Eine adlige Dame ließ sich dazu herab, ihn mit einem Kuss zu belohnen. Sie würde aber auch Blumen auf sein Grab legen. Er tigerte in seinem Vorzimmer auf und ab. Ausnahmsweise einmal widmete er dem kostbaren Illianer Teppich mit dem Blumenmuster oder den vergoldeten oder mit Elfenbein eingelegten Stühlen und Kommoden und Tischen keinen Gedanken.
Die stürmische Besprechung mit Rand hatte sich bis zum Sonnenuntergang hingezogen, wobei er auswich, sich weigerte, doch Rand blieb stur und hartnäckig wie Falkenflügel nach dem misslungenen Angriff am Cole-Pass. Was sollte er denn tun? Wenn er wieder ausritt, würden ihm Talmanes und Nalesean unter Garantie mit so vielen Männern folgen, wie sie in den Sattel bekamen. Sie erwarteten von ihm, dass er einen neuen Kampf aufspürte,
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