Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
fertiggebracht!
Andere Aielmänner standen da und beobachteten ihn. Manche legten den Schleier jetzt wieder ab. Er entdeckte immer noch keine einzige Tochter des Speers. Und nicht nur Aiel standen dort. Dobraine, der mit bloßem Haupt auf einem schwarzen Wallach saß, wandte den Blick nicht von Rand, und in der Nähe saßen Talmanes, Nalesean und Daerig auf ihren Pferden und sahen ebenfalls herüber. Sie allerdings beobachteten Mat fast genauso eindringlich wie Rand. Auf dem Wehrgang der großen Stadtmauer drängten sich die Menschen, von der aufgehenden Sonne von hinten angestrahlt sodass ihre Gesichter im Dunkel lagen, und weitere standen auf den Flankenmauern. Zwei dieser schattenhaften Gestalten wandten sich ab, als er emporblickte, erkannten sich auf nicht einmal zwanzig Schritt Entfernung und schienen voreinander zurückzuschrecken. Er hätte wetten können, dass es sich um Meilan und Maringil handelte.
Lan stand wieder hinten bei den Pferden am letzten Wagen in der Reihe und streichelte Aldiebs weiße Nase. Moiraines Stute.
Rand ging zu ihm hin. »Es tut mir so leid, Lan. Wäre ich schneller gewesen, hätte ich …« Er atmete schwer aus. Ich konnte die eine nicht töten, also tötete ich die andere. Licht, verbrenne mich doch, bis ich blind bin! In diesem Moment wäre es ihm gleichgültig gewesen, hätte ihm das Licht wirklich die Augen ausgebrannt.
»Das Rad webt.« Lan ging hinüber zu Mandarb und überprüfte den Sattelgurt des schwarzen Hengstes – wohl nur, damit er etwas zu tun hatte. »Sie war eine Soldatin, auf ihre eigene Art ein Krieger, genau wie ich. Dasselbe hätte in den vergangenen zwanzig Jahren zweihundert Mal geschehen können. Dir war das immer bewusst, genau wie mir. Es war ein guter Tag zum Sterben.« Seine Stimme klang so hart wie immer, doch diese kalten, blauen Augen wiesen rote Ränder auf.
»Es tut mir trotzdem leid. Ich hätte eben …« Man konnte den Mann nicht mit ›hätte‹ oder ›sollte‹ trösten, und diese Worte rissen an Rands Seele. »Ich hoffe, du kannst trotzdem noch mein Freund sein, Lan, nachdem … Ich schätze deinen Rat sehr – und deine Übungsstunden mit dem Schwert – ich werde beides in den kommenden Tagen benötigen.«
»Ich bin dein Freund, Rand. Aber ich kann nicht bleiben.« Lan schwang sich in seinen Sattel. »Moiraine hat etwas mit mir gemacht, was schon seit Jahrhunderten nicht mehr durchgeführt wurde, jedenfalls nicht mehr seit jener Zeit, als die Aes Sedai sich noch gelegentlich einen Mann gegen seinen Willen als Behüter nahmen. Sie hat meine Verbindung zu ihr so abgeändert, dass ich bei ihrem Tod zu einer anderen gehören würde. Nun muss ich diese andere finden und einer ihrer Behüter werden. Ich bin es bereits. Ich kann sie ganz schwach spüren, irgendwo, weit im Westen, und sie kann auch mich fühlen. Ich muss gehen, Rand. Es ist ein Teil dessen, was Moiraine tat. Sie sagte, sie werde nicht zulassen, dass ich sterbe, nur weil ich sie rächen will.« Er hielt die Zügel gepackt, als wolle er Mandarb zurückhalten, als halte er sich selbst davon ab, ihn die Sporen spüren zu lassen. »Falls du jemals Nynaeve wiedersiehst, sag ihr …« Einen Moment lang verzog sich dieses ansonsten steinerne Gesicht vor Schmerz und Qual, doch nur diesen einen Moment lang, dann bestand es wieder aus Granit. Er murmelte leise etwas, das Rand aber doch verstehen konnte: »Eine saubere Wunde heilt am schnellsten und verkürzt den Schmerz.« Laut sagte er: »Sag ihr, ich hätte jemanden anders gefunden. Grüne Schwestern stehen manchmal ihren Behütern so nahe wie andere Frauen ihren Ehemännern. In allem. Sag ihr, ich wäre weg, um der Geliebte und das Schwert einer Grünen Schwester zu werden. So etwas passiert. Es ist ja schließlich schon lange her, dass ich sie das letzte Mal sah.«
»Ich werde ihr ausrichten, was du mir aufgetragen hast, Lan, aber ich weiß nicht, ob sie mir glauben wird.«
Lan beugte sich aus dem Sattel herunter und packte mit hartem Griff Rands Schulter. Rand dachte daran, wie er den Mann mit einem halb gezähmten Wolf verglichen hatte, aber diese Augen ließen einen Wolf gegen ihn wie ein Schoßhündchen erscheinen. »Wir sind uns in vielen Dingen ähnlich, du und ich. In uns schlummert eine Dunkelheit. Dunkelheit, Schmerz, Tod. Wir strömen diese Dinge aus. Wenn du je eine Frau liebst, Rand, dann verlasse sie und lass sie einen anderen finden. Das wird das größte Geschenk, das du dieser Frau geben kannst.« Er richtete sich
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