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Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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herankommen, ohne ihn zu bemerken. Bündnisse, auch zeitlich begrenzte, waren ja schön und gut, aber je weniger von den Auserwählten am Tag der Wiederkehr noch am Leben waren, desto größer die Chance für einen der Überlebenden, zum Nae’blis ernannt zu werden. Der Große Herr hatte solche … Rivalitäten immer gefördert, denn nur die cleversten waren es wert, ihm dienen zu dürfen. Manchmal glaubte Sammael, dass einfach der letzte Überlebende unter den Auserwählten schließlich die Herrschaft über die Welt für alle Zeiten erhalten werde.
    Die Frau wandte sich wieder einem muskulösen jungen Mann zu, der ein goldenes Tablett mit einem weiteren Kelch und einer hohen, dazu passenden Karaffe in Händen trug. Beide hatten durchscheinende lange Gewänder an, und keines von beiden zuckte auch nur mit der Wimper des Tors wegen, durch das man seine Gemächer in Illian erblickte. Als sie Graendal bediente, zeigte sich auf dem Gesicht der Frau ungeteilte Anbetung. Es gab nie irgendwelche Schwierigkeiten mit ihren Dienern und anderen ihrer Lieblinge. Man konnte ganz offen vor ihnen sprechen, obwohl sich unter ihnen kein einziger Freund der Dunkelheit befand. Sie misstraute den Freunden der Dunkelheit, behauptete stets, man könne sie ganz leicht umdrehen, doch die Stärke des inneren Zwangs, den sie in ihren persönlichen Bediensteten hervorrief, ließ wenig Raum für etwas anderes als eben totale Bewunderung und Anbetung.
    »Ich hätte beinahe erwartet, dass der König selbst hier sei und Wein ausschenkt«, fuhr er fort.
    »Wie Ihr wisst, wähle ich nur die allerschönsten aus. Alsalam entspricht meinen Anforderungen nicht.« Graendal nahm ihren Wein von der Frau entgegen, ohne auch nur richtig hinzusehen, und nicht zum ersten Mal fragte sich Sammael, ob auch ihre Schätzchen genau wie ihr Geschwätz lediglich ein Ablenkungsmanöver darstellten. Vielleicht konnte er mit ein wenig Stichelei etwas aus ihr herausholen?
    »Früher oder später wird Euch ein Ausrutscher passieren, Graendal. Einer Eurer Besucher wird jemanden von denen erkennen, die ihm den Wein servieren oder sein Bett machen, und er wird schlau genug sein, den Mund zu halten, bis er weg ist. Was macht Ihr, wenn jemand mit einem ganzen Heer diesen Palast überfällt, um einen Ehemann oder eine Schwester zu befreien? Ein Pfeil mag ja nicht so wirkungsvoll sein wie eine Schocklanze, aber er kann Euch trotzdem töten.«
    Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte, ein heiteres, vergnügtes Lachen, offensichtlich zu unschuldig, um zu bemerken, dass dieses Lachen ihn vielleicht beleidigte. Offensichtlich – wenn man sie nicht genau kannte. »Oh, Sammael, warum sollte ich sie etwas anderes sehen lassen, als ich Ihnen zeigen will? Ich stelle Ihnen bestimmt meine Lieblinge nicht als Bedienung zur Verfügung. Alsalams Anhänger und auch seine Gegner, selbst die Drachenverschworenen, gehen von hier weg im Glauben, ich unterstütze sie und nur sie allein. Und außerdem wollen sie eine so gebrechliche Person nicht unnötig aufregen.« Seine Haut prickelte ein wenig, als sie einen Strang der Macht verwob, und einen Augenblick lang veränderte sich ihre äußere Erscheinung. Ihre Haut färbte sich wie Kupfer, doch fehlte ihr nun der Glanz. Haar und Augen wurden dunkel und stumpf. Sie erschien hager und gebrechlich, das Bild einer einstmals schönen Domanifrau, die nun langsam aber sicher im Kampf gegen eine Krankheit unterlag. Er konnte sich gerade noch davon abhalten, die Lippen verächtlich zu schürzen. Eine Berührung würde bereits zeigen, dass die kantigen Umrisse ihres Gesichts nicht die ihres eigenen waren. Nur die subtilste Art von Illusionsgewebe würde einer solchen Prüfung widerstehen. Aber Graendal liebte es eben, so richtig aufzufallen. Im nächsten Moment war sie wieder sie selbst und lächelte lakonisch. »Ihr würdet nicht glauben, wie sie mir alle vertrauen und auf mich hören.«
    Es erstaunte ihn ohne Ende, dass sie sich entschlossen hatte, hier in einem Schloss zu verbleiben, das man in ganz Arad Doman kannte, obwohl um sie herum der Bürgerkrieg tobte und Anarchie herrschte. Selbstverständlich nahm er nicht an, sie habe noch jemand anderen unter den Auserwählten wissen lassen, wo sie sich häuslich niedergelassen hatte. Dass sie gerade ihm dieses Wissen anvertraute, machte ihn misstrauisch. Sie liebte ein bequemes Leben und wollte sich nicht besonders anstrengen müssen, um sich das zu erhalten, doch dieses Schloss befand sich in Sichtweite

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