Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
Grube, in der man Vorführungen zur Unterhaltung derer auf dem Podest veranstalten konnte. Sonnenschein fiel durch hohe Fenster herein, deren bunte Glasscheiben komplizierte Lichtmuster auf den Boden warfen. Die brütende Hitze, die von der Sonne ausging, war hier nicht zu spüren; die Luft war kühl, auch wenn er das nur am Rande wahrnahm. Graendal musste sich deswegen genauso wenig Mühe machen wie er, aber sie tat es natürlich. Es war ein Wunder, dass sie das Netz der Einen Macht nicht über den ganzen Palast ausgedehnt hatte.
    Es war etwas anders geworden an diesem tiefer gelegenen Teil des Saales, seit er das letzte Mal hierhergekommen war. Er wusste aber nicht zu sagen, worin der Unterschied lag. Drei lang gestreckte, seichte Wasserbecken, jedes aus einem Brunnen gespeist, zogen sich durch die Mitte des Saales. Die Brunnenfiguren waren schlanke Gestalten, die wie eingefrorene Bewegung wirkten. Das Wasser sprang aus diesen Fontänen hoch bis fast an die aus Marmor gehauenen Rippen des Deckengewölbes. In den Becken tummelten sich Männer und Frauen, die höchstens einen Fetzen Seide oder noch weniger trugen, während an den Seiten andere, kaum mehr bekleidet, ihre Künste vollführten: Akrobaten und Jongleure, Tänzer ganz unterschiedlicher Stilrichtungen und Musiker mit Flöten und Hörnern, Trommeln und allen Arten von Saiteninstrumenten. Jede Größe war vertreten, jede Hautfarbe und Haarfarbe und Augenfarbe, und einer war körperlich vollkommener als der andere. All das sollte diejenigen unterhalten, die sich auf dem Podest befanden. Es war idiotisch. Zeit- und Energieverschwendung. Typisch für Graendal.
    Bis auf ihn war das Podest leer gewesen, als er aus dem Tor getreten war, aber so von Saidin erfüllt und mit geschärften Sinnen roch er Graendals süßes Parfüm, wie eine Brise, die von einem Blumengarten her kam, und er hörte ihre Pantoffeln über den Teppich streifen, bevor sie ihn von hinten her ansprach: »Sind meine Schätzchen nicht wunderschön?«
    Sie trat neben ihn an die Brüstung und lächelte auf das Schauspiel unter ihnen herab. Ihr dünnes Domanikleid klebte beinahe an ihrer Haut und zeigte mehr, als es andeutete. Wie immer trug sie an jedem Finger einen Ring mit einem anderen Edelstein, dazu vier oder fünf über und über mit Gemmen besetzte Armreife an jedem Handgelenk, und um den Stehkragen des Abendkleides schmiegte sich ein breites Kollier aus enorm großen Saphiren. Er verstand nicht viel von solchen Dingen, aber er vermutete, es habe Stunden gedauert, um diese sonnengoldenen Locken zu frisieren, die ihr auf die Schultern fielen. Scheinbar wahllos verstreut hingen dazwischen Mondperlen, aber es war etwas an dieser scheinbaren Unordnung, das auf eine ganz präzise geplante Ordnung hindeutete.
    Sammael staunte manchmal über sie. Er hatte sie erst kennengelernt, als er sich entschloss, eine verlorene Sache aufzugeben und stattdessen dem Großen Herrn zu folgen, aber jeder schien sie zu kennen, berühmt und geehrt, eine hingebungsvoll arbeitende Asketin, die jene behandelte, deren verstörten Hirnen die normale Heilkunst nicht mehr helfen konnte. Bei diesem ersten Zusammentreffen, als sie ihm die ersten Gefolgschaftseide für den Großen Herrn abnahm, war jede Spur der enthaltsamen Wohltäterin aus ihr gewichen, als habe sie sich absichtlich allem zugewandt, was im völligen Gegensatz zu ihren früheren Zielen stand. Oberflächlich betrachtet, war sie ausschließlich auf ihr eigenes Vergnügen fixiert, und ihr Wunsch, jeden vom Thron zu stoßen, der auch nur ein wenig Macht besaß, wurde dadurch verschleiert. Und dahinter wiederum verbarg sich ihr eigener Machthunger, den sie nur selten nach außen hin zeigte. Graendal hatte es schon immer sehr gut verstanden, Dinge zu verbergen, die doch ganz klar ersichtlich waren. Er glaubte, sie besser zu kennen als jeder der anderen Auserwählten – sie hatte ihn sogar zum Shayol Ghul begleitet, als er dort seinen Antrittsbesuch machte –, aber selbst er kannte nicht alle Schichten ihrer vielschichtigen Persönlichkeit. An ihr entdeckte man so viele Schattierungen, wie ein Jegal Schuppen aufwies, und sie schlüpfte blitzschnell von einer in die andere Rolle. Damals war sie die Herrin gewesen und er ihr Anhänger, trotz all seiner Verdienste als General. Diese Lage hatte sich geändert.
    Keiner der in den Becken Watenden oder der Akrobaten blickte hoch, und doch wurden ihre Bewegungen mit ihrer Ankunft energischer und noch graziöser, falls

Weitere Kostenlose Bücher